Die Maschinisten-Texte gefallen mir immer besonders gut, wenn sie deep werden. Der bekennende Intro beschreibt dann meist seine Gefühle so plastisch, dass ich sofort anfange, das zu spiegeln und auf Parallelen abzuklappern. Und ja: ich kenne das, man redet was, und die Extros interessiert es nicht. Übergehen deine Geschichten und starten ihre eigenen. Ist wohl viel interessanter, wenn man die Eigen-Endlos-Soap in allen Details mehr oder weniger vor sich selbst wiedergibt, da braucht es nicht noch den unnützen Teil von anderen.
So extro sind schon viele geworden. Manchmal heucheln sie noch Interesse, um dann die Gnadenminuten, die sie dir gewährt hatten, mit der drei- oder vierfachen Sprechzeit in Vergessenheit zu labern. Die besonderen Sabbelplatzhirsche machen hingegen gar keinen Hehl daraus. Du merkst sofort, dass es sie schlicht nicht kümmert, was andere sagen. Ein Selbstwahrnehmungszeitgeist, der nicht meiner ist. Bist du selbst daran interessiert, etwas von anderen zu hören, hören sie auch nicht mehr auf. Erzählen dir vom Moment des Urknalls bis morgen herunter. Und wer das besonders ausschmücken kann, Charisma zeigt, egal wie aufrichtig das ist oder nicht ist (meist eben nicht), ist auch gleich voll im Saft. Ist cool. Hip. Was weiß ich, wie man heute dazu sagt.
Was tut man in solchen Fällen? Ehrlich gesagt bin ich damit gerne mal überfordert. Berührt das Gerede ein Interesse, dem ich noch etwas beisteuern könnte, rede ich auch. Wenn man da nun redet und denkt, man hätte ein paar schlaue Aspekte mitzuteilen, gilt man unter Umständen als vorlaut oder gar respektlos. Rede ich nicht und höre nur zu, wird es als Desinteresse ausgelegt. Sie ordnen also auch noch ein, welchen wirklichen Geisteszustand du gerade haben magst. Wissen es nicht mal, machen aber ihre eigenen Wahrheiten daraus und definieren somit, welchen Status du in einer Gruppe hast. Wenn man ein Intro ist und denen irgendwie vor dem Kopf stößt, kümmert einen wahrscheinlich nicht mal die Gruppe, aber sie tun es trotzdem und bereiten so den Nährboden für Probleme. Wie man´s macht, macht man´s verkehrt. Der Spruch ist aktuell wie eh und je.
Ich denke ab und zu darüber nach: bin ich auch ein Intro? Mit Betonung auf „bin“. Weil ich früher definitiv einer war. „Ein ruhiges Kind“, wie es meine Eltern ständig wiederkäu(t)en. Ist das dann schon intro? Kann ich schlecht beurteilen, wenn man die Diagnose noch nicht bekommen hat. Sehe aber Parallelen – meine Ruhe haben wollen, zumindest teilweise. Soziale Kontakte sind mir mitunter zu anstrengend, vor allem in der Extrem-Extro-Liga, Edition 2022. Ich komme so gut mit mir selber klar, dass ich manchmal zu ehrlich bin, nach außen transportiert ist das schon mal fettnapfig. Und mir damit den Umgang mit Menschen versaue. Ja, jetzt habe ich den Salat: keine Bekanntschaften mehr, nur noch das oberflächliche Geplänkel mit Personen, die irgendwie sympathisch erscheinen, aber in dieser Oberflächenbehandlung weiß du nie, wie jemand richtig tickt. Noch schwieriger, wenn man so viel Geltungssucht um sich herum beobachtet. Teufelskreis. Noch mehr Rückzug. Es kam zuweilen schon so weit, wie es Farin Urlaub schon beschrieben hatte: „Hast dein Gefühl einfach getötet, irgendwann, damit dich nichts verletzen kann“.
Jetzt habe ich es genau so getan. Aufgegriffen, mich selbst zum Labern von der Leine gelassen. Aber in Blogs ist das was anderes als im echten Zwiegespräch. Es ist die Welt des Schreibers. Die Gedanken, die Meinungen. Und da es im Moment drunter und drüber geht, muss man so einiges aus dem überfüllten Kohlekeller namens Seelenballast in den Ofen schippen. Auflodern lassen, damit es Asche wird. Nur noch Reste sind. Egal, wer wie viel Kohle da noch nachliefert, dass wieder alles aus den Nähten platzt. Nicht aufgeben, ab in den Blogofen damit. Brutzel, brutzel. Dass darunter die Kreativität leidet, ist schade. Man schreibt es dann eher pragmatisch runter, vergisst die Wirkungsmacht von Bildhaftigkeit eines Textes, die Ironie. Weil es raus muss, schnellstmöglich. Schade. Egal. Besser als nichts.
Und danke für´s Denkanstoßen, lieber... äh... Mark.
Zurück in die Gegenwart. Am Montag Morgen ereilte mich der Schock. Ich blinzele gegen fünf Uhr mit den Augen, weil unseren überdrehten Monty der Hafer gebissen hatte. Kratzte am Fliegengitter des Schlafzimmerfensters herum, welches offen stand, schien völlig auf ADHS zu sein. Dann hörte ich im Halbschlaf nur noch ein seltsames Plumpsen. War sofort hellwach. Kein Monty. Schweigen im Walde. Ich hatte diese blöde, nagende, dunkle Vorahnung. Wir beide schauten aus dem Fenster zum Hof, suchten ihn. Riefen ihn. Erst nichts. Dann schaute ich direkt nach unten, wo zwei Autos parken und rechts davon einige Fahrräder an dem dafür vorgesehenen Gestänge abgestellt sind. Monty kauerte mittendrin, schaute mich nach meinem Rufen direkt an und fing an jämmerlich zu schreien. Katzenschreien. Da können Kleinkinder einpacken.
Völlig aufgelöst eilte ich nach unten, gerade mal ein Stockwerk, aber mir war klar – der Kleine war irgendwie böse aufgeknallt. Wie? Weiß ich nicht. Wir hatten nichts gesehen. Nur das Plumpsen gehört. Stürze die Treppe herunter. Schreien. Großer Gott...
Ich ziehe ihn sofort zwischen den Fahrrädern heraus, und da er sich schwer machte, war klar – das war ernst! Als ich ihn endlich in den Armen hielt, schrie er wieder. Traf mich ins Mark. Tief drinnen. In die Knochen, in die Nerven. In mein Gefühlszentrum, in mir rumorte es wie in einer Waschmaschine. Schreien. Endlich kam ich oben auf dem Balkon an und ließ ihn ab. Er trat auf und knickte mit dem linken Hinterbein weg. Wieder. Und wieder. Schliff sich in den Flur und legte sich umgehend hin. Entlastung. Doch da war noch sein Bruder Luke. Der ist natürlich auch voller Sorge, will helfen, ist besorgt. Doch Monty – und das war ungewöhnlich – schrie noch mal und fauchte. Humpelte weg, fiel über die Schuhblockade im Flur. „Geh weg! Lass mich!“ Der Schmerz machte ihn wütend.
Wir versuchten sofort verzweifelt, einen Notarzt zu finden. Riefen bei unserem Tierarzt an, das Band verkündete lediglich eine 0900er-Nummer, die man im Notfall anrufen soll. Ja sicher, ich rufe dort an, hänge 20 Minuten in der Warteschleife und habe dann einen halben Tank für´s Auto vertelefoniert. 1 Minute pro 100 Kilometer. Vergiss es. Google. Immer gut. Tipptipptipp im Eiltempo. „Notrufnummer Tierarzt Mannheim“. Wurschtelte mich durch Seiten. Kurzer Blick rüber zu Monty. Freundin versuchte ihn zu beruhigen. Er schrie dann auch nicht mehr. Und doch hörte ich ihn noch schreien, tief in mir drin. Gänsehaut.
Landete endlich auf einer Seite, die eine fünfstellige Nummer anzeigte. Sammelnotruf. Sofort wieder eine Bandansage, aber dieses Mal wurde mir eine direkte Handynummer eines Arztes in der Nähe genannt. Keine fünf Minuten später packten wir den Patienten in die Transportbox und ab dafür. Ein Röntgenbild später war ich etwas beruhigter. Er hatte sich nichts gebrochen, schien nur entweder an den Muskeln, Sehnen oder sonst wie Schmerzen zu haben. Eventuell hatte er sich das Bein ausgekugelt und wir hatten es beim Tragen wieder eingerenkt. Das würde das extreme Schreien erklären. Wir beobachten das jetzt ein paar Tage, und langsam rappelt er sich wieder auf. Er frisst und wirkt aufgeweckt, vielleicht ein bisschen mürrisch, traurig, weil er momentan keine großen Kletterpartien wie sonst veranstalten kann. Aber er will es können, und das stimmt mich langsam wieder zuversichtlich.
Wenigstens hat sich dies wieder einigermaßen gerade gebogen, schließlich ist auf der Welt noch mehr los, das an einem nagt. Sie reden jetzt schon von Sommerwelle, als wäre es die erste. Und der böse Herbst. Ich bekomme schon wieder eine Krawatte, was da an Angst-Gezeter durch die Gazetten hallt. Und das auffällig kurz vor der Maßnahmenevaluierung, regelrecht wie eine Angriffswelle, ähnlich der im Winter/Frühling 2020, als würden sie die Synapsen der Bürger wieder auf „Achtung!“ schalten können. Statt Drosten ist nun Stöhr eine Schlüsselfigur in dem Theater, und man merkt, dass es der ZeroCovid-Meute nicht passt. Sie scheinen um ihre Bedeutung und ihren neuen Kult zu bangen, schütteln einen Übeltweet nach dem anderen aus dem Ärmel, als würde man ihnen böswilligerweise die Masken vom Gesicht ziehen wollen (was niemand tut) und ihnen Ampullen mit frischen Coronaviren in die Nase stopfen. Pflicht-Durchseuchung. Was schon mal nicht wahr und sowieso wenig realistisch zu verhindern ist. Über zwei Jahre läuft nun dieser Mist, und die verhalten sich immer noch wie unmündige Kinder, deren Kurzzeitgedächtnis nicht auf Lernen geeicht wurde. Kontext ist King, aber der König ist nackt. Dazu kognitives Desaster.
Und über allem ein omnipräsenter Gesundheitsvernichter, der nun offen spaltet. Und das alles nur, weil er Impfstoffe bestellt wie andere Küchenkitsch, bis man die Herdplatte nicht mehr sieht. Und sieht ungeimpfte Pflegekräfte als unnütz für unser System an. Nun hat er endlich die Blase der Ämter und des Plenarsaales verlassen und hat sich mehr oder weniger privat geäußert. Alles klar, Karl. Du willst Krieg. Du bekommst Krieg. Du, der innerdeutsche Putin. Mit dem Unterschied, dass Putins Krieg ein wenig überraschend kam. Deiner nicht. Du führst Krieg mit Ansage. Schon seit der Maischberger´schen (oder welcher Talktrottel dazu beigetragen hat) Wiederauferstehung seit Corona. Krawatte. Hass. Ja, das Gefühl, nicht die Kriminalität davon. Die spare ich mir. Aber den Hass, den lasse ich jetzt raus. Kann mir keiner was.
Dann noch so ein Schock hinterher. Assange soll doch ausgeliefert werden. Priti hat den Hammer fallen lassen, und zwar dort hin, wo es richtig weh tut. Und macht den Dauerpolitthriller um den Wikileads-Gründer eine Spur hoffnungsloser. Sollte irgendwann doch der Moment kommen, an dem man ihn nach Guantanamo verschifft, ist der Westen endgültig durch. Nicht, dass ich China, Russland oder sonst wen diesbezüglich besser fände, aber dann ist jede Ausrede um Demokratie oder sonstige Besserstellungen einfach nur für´n Arsch. Lasst es, versucht es erst gar nicht. Ihr (ergo: wir) seid auch nicht besser. Fakt. Jeden „Wir sind doch besser als wie die!!“-Parolenversuch nehme ich euch nicht mehr ab – euch Tagesschlaubis, Eszett-Braunschokoladeschnitten mit Personalschwund, euch Risse-im-Spiegel und T-Show-Formaten (T = Tribunal). Und darüber thronen unser Gesundheitsapostel, Frau Faeser-auf-Betäubung (wenn linksextremistische oder islamistische Gewalttaten ans Licht kommen) oder der ukrainische Bos-hafter.
Obendrauf der übliche, woke Wahnsinn. Nun habe ich gelernt, dass „woke“ jetzt ein „rechter Kampfbegriff“ ist. Die Woken haben das Wort erfunden, by the way. Und so haben sie ihren Begriff tatsächlich ein bisschen in die Mottenkiste vergraben, weil in „rechten Shitstorms“ ständig davon die Rede ist. Wenn das alles so stimmt, wie ich das einschätze, müsste man nur jedes ihrer Themen kapern, damit sie sich davon distanzieren müssten, weil die Rechten das benutzen. Ja, es klingt mit jedem Mal nicht besser, nur komplizierter, aber so denken sie ja auch: viel zu kompliziert, teils fehlinterpretierend, und zuweilen sehr dogmatisch, was mich nicht selten an die Zeugen Jehovas erinnert. Sogar in der Wahl von Begriffen - „awake“ und „woke“. Fehlt nur noch eine Gruppe Transmenschen, die dich am Samstag Morgen aus dem Bett klingeln und dich mit der Frage begrüßen: „Dürfen wir mit Ihnen über Cis und die Welt reden?“. Wahlweise stehen sie am Bahnhof und bieten Queer-Magazine feil.
Man penetriert uns mittlerweile mit so vielem, dass die Frage „Intro oder Extro?“ gar nicht mehr so eindeutig scheint. Denke ich an Lauterbach, denke ich an einen Intro, der ein Extro sein will, aber in Aussprache, Mimik und Gestik daran scheitert. Intros sind, wenn sie sich derart selbst belügen, um der Karriere auf die Sprünge zu helfen, zu Boshaftigkeiten geneigt, weil sie auch ohne Überzeugung das erreichen wollen, was andere wirklich wollen und damit Erfolg haben. Das will ich dem Maschinisten nicht unterstellen, aber der benennt auch wenigstens den ganzen Widerspruch, der sich bei den Fake-Intros so auftut. Und deep ist das bei denen eh nicht. Nur heiße Luft aus kaputten Fahrradpumpen, viel Geschwätz und Desinteresse für andere. Die Wokoharam-Kultisten sind dabei die Vorzeigenasen, die ihren Opferkult (also das Intro-Gehabe) nun ins Gegenteil verkehren und hinter dem Twitter-Schutzschild zu Extro-Maulhelden mutieren.
Bin ich jemals von solchen real angemacht worden? Nö, sicher nicht. Dann sind sie lieber wieder intro. Es könnte ja Gegenwind aufkommen.
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