So wie jedes Jahr soll es wieder eine Rückschau sein, Grüße und die besten Wünsche an ausgesuchte Personen/Blogger/Überzeugungen.
Na, wie war Ihr Jahr denn so? Wenn man dem geschriebenen Wort nebenan Glauben schenkt und es so deutet wie es da steht, muss es ein ziemlich mieses Jahr gewesen sein. Doch ist „Papier“ bekanntlich geduldig, und Artikel/Texte/Erzählungen haben immer einen Hang zur Dramatisierung, ergo zur Übertreibung. Was ja auch okay ist. Man stelle sich vor, in Kleinbloggersdorf würde man sich die neuerliche Tagesschau-Lameness in einfacher Sprache angewöhnen. Das ist doof. Weil Texte dann langweilig werden, mein Kind!
Klar, ist es schwer herauszulesen, was gerade so dramatisch ist wie gerade gelesen. Der nächste Brückenhüpfer wird schon ausgemalt, und dann geht der einfach die nächste Woche wieder normal arbeiten. Hä? Was? Ja, Glück gehabt – wir brauchen nicht noch mehr verwaisten, selbstmörderischen Bloggercontent. Vielleicht nehme ich die Sache ein bisschen zu ernst, aber okay, es lebt sich in Prenzlauer Berg sicher so nervig wie im Schweizer Hinterland. Da wird man zuweilen echt übel drauf, wenn man nicht in Ruhe gelassen wird, und das heißt ja nicht, dass einem ständig einer physisch an den Hacken klebt. Es sind ja auch die Welten- und Gesellschaftsverbesserer, bei denen du davon ausgehen kannst, dass sie dich mit ihrem Gespinne nicht in Ruhe lassen werden. Egal, ob sie dich beobachten, dass du ja schön den Müll trennst oder endlich mal richtig woke wirst.
Prima Überleitung zu einem Thema, zu dem ich nicht die Klappe halten kann. Es ist mehr oder weniger eines der letzten Themenbereiche, in das ich ständig reingrätsche und andere damit nerve. Aber gerade jetzt ist es besonders ergiebig, denn erlebt die Wokeness jetzt endlich ihre Kernschmelze. Sie musste erst aufwändig und zeitraubend als das identifiziert und aufgezeigt werden, was sie wirklich ist und was sie wirklich schon angerichtet hat. Nicht nur dort, wo sie als Glaubensbekenntnis schon lange als Gebot gelebt wird, sondern auch dort, wo man es wohlwollend mitmacht und sich nur wie ein Fähnchen im Wind aufführt, also wohl kaum aus Überzeugung und nur, um hasenfüßig harte Sanktionen und Ausgrenzung zu vermeiden.
Die Lehre hat man aus Zeiten von Corona ziehen müssen. Man hat es als „links“ betitelt, irgendwie hypersolidarisch und moralisch bis sonst wo hin, und plötzlich war „links“ Zeitgeist und trendy wie aktuell Dubai-Schokolade. Als es die noch nicht gab, gab es mRNA, die Alternativlosschoki für den Arm statt für den Rachen. Und alle waren sie dabei, standen Schlange für den Pieks wie nun für eine überteuerte Süßigkeit. Kurz darauf wurde Syrien „befreit“ und eine WM nach Saudi-Arabien vergeben – da kann man wieder herrlich trotzig One-Love-Binden tragen. Hoffentlich im Slip und nicht auf dem Arm, liebe Frau Faeser, sollten Sie nächstes Jahr doch wieder in ein Ministerium gespült werden. Die Hybris, die sich dadurch auftut, ist schon höchst widersprüchlich. Wir belehren, bis im Nahen Osten die Schwarte kracht und wollen sie leben lassen, wie sie sind, wenn sie mal bei uns heimisch werden. Wer will das noch verstehen?
Ich muss die Ereignisse ja nicht endlos fortführen, Sie wissen ja selbst, um was es geht und sehen das in der Regel ähnlich wie ich. Wir sind also auch eine „Bubble“, wie es heute neudeutsch heißt, der virtuelle Stammtisch quer von der Elbe bis zum Bodensee und darüber hinaus. Auch mal hitzig und kontrovers, aber nie so, dass man sich dafür schämen müsste – das überlassen wir doch lieber den Leidmedien, die gerade ihre Relevanz verlieren. Und mit ihnen die Wokeness, die sie sich bequemerweise oder tatsächlich aus Überzeugung ins Pamphlet geschrieben haben. Es reicht schon, sich die Böhmi´schen Niederlagen vor Gericht anzutun, Shurjokas Niedergang oder „El Hetzos“ Fall ins Bodenlose zu bezeugen. Ist doch prima.
Aber zurück zum Anlass. Lassen wir zu Weihnachten und zwischen den Jahren die Politk mal Politik sein, Gesellschaft Gesellschaft. Schließen wir die Tür hinter uns und besinnen uns auf uns selbst. Vielleicht spreche ich jetzt sensible Dinge an, wenn ich an das denke, was ich bei manchen an Problemen herauslese. Und ja: es beschäftigt mich. Ich mag nicht nur Mitleid und Anteilnahme mit den einzelnen Schicksalen haben, sondern denke dazu oft darüber nach, wohin wir gesteuert sind. Dass die Probleme nicht nur hausgemacht sind, sondern auch zwangsläufig über uns kommen; ausweglos, alternativlos. Und wie sie uns belasten, obwohl wir das gar nicht nötig hätten.
Ich mag mit Euch/Ihnen Weihnachten feiern, wie es eigentlich sein sollte, nur ohne diese heuchlerische Besinnlichkeit, die uns die Werbeindustrie aufbürstet. Ist ja irgendwie berührend, wenn Supermarktketten jetzt dazu übergehen, bewegende Werbespots zu produzieren, mit familiären Schicksalen und so. Nur schwingt bei aller Menschelei immer dieser Vibe mit, der besagt: Wenn niemand für Sie da ist, dann sind es Penny oder Edeka, und die kümmern sich ja ständig um Ihr Wohlergehen, sind nun politisiert und doch wieder nicht. Weihnachtsgefühle für dreifuffzig.
Selbstlos und aufrichtig ist heute kaum noch was. Ich kann den Frust verstehen und bin ja selbst davon betroffen, wenn wir unsere Probleme oder die soziale Isolation irgendwo hin adressieren, wo es vielleicht gar nicht ankommt. Wer Glück hat, wird gelesen und kommentiert und in die Bubble auf- oder zumindest mitgenommen. Und irgendwie bleibt ein abstraktes Bild in der Schreibdynamik kleben: Wir beklagen die Bubble-Bildung und sind selbst eine. Nur hat das nicht nur eigenisolierende Ursachen, denn beschreiben wir Themen, die niemand in der Big Bubble mehr hören will, kann oder darf. Wir besetzen und beschreiben Dinge, die das „Narrativ“ nicht brauchen kann. Wir sind Subkultur und noch so subversiv, wie es ein demokratischer Staat brauchen sollte. Wir besetzen die Lücken, in die man nicht fassen will.
Ja, es ist ein Wir-Gefühl. Ich kann von meiner Perspektive aus sagen, dass ich für mich froh bin, wieder ein Wir-Gefühl zu haben. Dass Leute bei mir vorbeischauen, und ich nicht einmal weiß, dass sie da waren. Manchmal sieht man das an Kommentaren, manchmal durch Verlinkung, manchmal gar nicht, und dann erfährt man auf Umwegen, dass jemand doch die Texte gelesen hat. Das macht doch irgendwie stolz, selbst in Phasen, wo gar nichts passiert und dann der quälende Gedanke wieder aufkommen könnte, für wen man das eigentlich macht. Macht man sich schonungslos ehrlich, ist es im Grunde für ein bisschen Bestätigung, ein Dienst an sich selbst, der nur als gut gesehen wird, wenn die Reaktionen folgen. Wenn nicht, wird man unruhig und beginnt, an sich selbst und seiner Meinung zu zweifeln.
Andere wiederum haben nach Jahren des Schreibens schon das Privileg, ihre Kommentarfunktion zu entfernen. Man weiß offenbar sowieso, dass man Reichweite hat, und man will im Grunde nur vermeiden, dass die durch Trollerei und Toxizität schwindet. So weit sehe ich mich noch lange nicht. Aber ich bin am Ball geblieben, und sei es nur um der Mülleimerfunktion willen, mein Entsetzen in den Raum hinaus zu schrei(b)en, dass er mich nicht innerlich auffrisst. Ähnlich verhielt es sich auch mit meinem Buch, das ich zwar veröffentlicht habe, aber nicht nach gewissen Statuten und um des Erfolges willen, sondern entweder frei verfügbar oder als Angebot, falls jemand einen Obulus entrichten will. Lange habe ich wegen Selbstzweifeln und einem etwas bremsenden Anspruch den letzten Schritt nicht gewagt, und vielleicht war es ein schlechtes Timing gewesen, es erst dieses Jahr herauszubringen. Aber so unternehmerisch denke ich eigentlich nicht. Es ging mir zuerst um das Loswerden, wie in einem Tagebuch, und deswegen habe ich den Buchaufbau oder den Unterhaltungswert nicht besonders beachtet.
Ein paar wenige haben es tatsächlich gekauft, was dann Tantiemen von ein paar Cent einbrachte. Ui, Fuß in der Tür. Haha, you wish. Ach, egal, Hauptsache, man hat es mal gemacht. Es ist okay so. Wer und wie oft das kostenfrei heruntergeladen wurde, weiß ich überhaupt nicht. Ich führe kein Buch darüber und bin auch zu faul, mir Analysetools ins Programm zu schreiben, damit ich ganz genau wüsste, wie oft mein Blog angeklickt wird. Ich finde das fast schon beschämend, wenn sich jemand so sehr damit beschäftigt und sich gleichzeitig dem Druck aussetzt und sich ständig zur Handlung nötigt, wie man mehr Reichweite bekommt. Das bekommt man schon zur Genüge ins Gesichtsfeld gespült, wenn sich Woke über die üblichen Kanäle im Spiegel abfilmen und grundsätzlich nur eine Agenda verfolgen – sich selbst inszenieren und nur davon leben. So etwas unterstütze ich nicht, wenn es selbstzweckhaft ist und nichts zu bieten hat.
Es ist aber so, dass ich das zu schätzen weiß, was in „meiner“ Bubble geschrieben wird. Nicht alles wird man abnicken, aber vieles tolerieren. Manchmal verstehe ich gar nichts außer den Rahmen des Textes, aber das ist auch okay. Man muss nicht jeden Einzeltext behandeln wie eine Bibel oder Jahrhundertwerk. Aber kann man es im Gesamten als bereichernd empfinden, als einen Beitrag zu Pluralität und wirkliche Vielfalt, die woanders nur als Parole, als Werbeversprechen existiert und dann nicht vorgelebt wird. Wo keine Wertschätzung für unsere Werte existiert und sie uns immer mehr auf die Pelle rücken. Bisher hatten wir Glück, dass man uns noch keine Anzeigen und Sondereinsatzkommandos geschickt hat, und solange das nicht konkrete Gefahr wird, werden wir uns damit gegenseitig befruchten können.
Und da es noch so ist, mag ich aufrichtig meine Grüße und Wünsche an Euch/Sie herausschicken, konkret an die, zu denen ich immer vorbeischneie und die mir in den Kommentarspalten immer mal wieder begegnen (Doppelnennung unbeabsichtigt, Reihenfolge/Relevanz mehr zufällig):
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Maschinist
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ZG Blog
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TWASBO
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>b´s weblog
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Systemfragen
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@tuxOr
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Ratze
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Juri Nello
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Holger
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Mutant77
...und alle anderen, bei denen ich linkführend lande oder die ihren Senf bei mir und woanders abgaben. Auch die Magazine und Medien, die ich regelmäßig besuche, sollen hier bedacht sein. Es sind schon fast zu viele geworden.
Genießt – trotz aller Widrigkeiten – die Festtage, die Feiertage, die freie Zeit, den Rutsch ins neue Jahr. Wir werden auch 2025 Energie brauchen. Die Energie, den Wahnsinn da draußen zu ertragen, zu werten und anzuprangern. Verliert nur dabei bitte nicht euren Humor, egal wie böse der ausfallen mag. Wir brauchen ihn alle. Und das ist so ziemlich das einzige, worum ich Euch bitte – zu wissen, dass mit Euch zu rechnen ist.
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epikur (ZG Blog) (Dienstag, 24 Dezember 2024 13:48)
Auch Dir ein Frohes Fest! ;-)
Ich mache mir um das ganze Blog-Drumherum auch keinen Kopf mehr. Als wir noch zu dritt waren und uns regelmäßig in "Strategie-Sitzungen" getroffen hatten, war das ständig Thema. Analysetool. Öffentlichkeitsarbeit. Zahlen. Technik. Interessiert mich alles nicht mehr.
Ich mach einfach mein Ding und konzentriere mich voll auf das Schreiben und die Texte. Macht schon genug Arbeit. Auch wenn die Technik bei mir mittlerweile völlig veraltet ist. ;-)
Peter Wohlgemuth (Dienstag, 24 Dezember 2024 14:35)
Grüß Dich & schöne Festtage,
wo findet man denn Dein Buch?
Antwort gerne an: wohlgemuth.p(AT)t-online de
P.S.: Ich lese schon sehr lange mit Vergnügen Deinen Blog!
Holger (Dienstag, 24 Dezember 2024 17:41)
Ruhige Feiertage im Kreis von Leuten, die man vermissen würde, wenn sie nicht da wären, wünsche ich allen Anwesenden und Mitlesern.
Damals quer von dem Pestarzt hierher verschlagen, bin ich als regelmäßiger Leser hängen geblieben. Es wird zwar nicht alles kommentiert, aber garantiert alles gelesen. Also nicht so viele Gedanken darüber machen, daß alles umsonst geschrieben wurde. Mehr als einer interessiert sich dafür.
TWASBO (Dienstag, 24 Dezember 2024 23:44)
Andächtige Grüße und fromme Weihnachtswünsche zurück! Wie schön, dass die ersten Tantiemen geflossen sind. Mögen noch viele weitere folgen, 2025 und ad ultimo.
tux0r (Mittwoch, 25 Dezember 2024 01:26)
Möge das Jahresende das Gewünschte bringen. Ich grüße hier zurück und danke.
Polemicer (Mittwoch, 25 Dezember 2024 07:22)
Vielen lieben Dank Euch allen!
@Peter Wohlgemuth
Schau doch einfach unter folgendem Link, da gibt es das Buch als PDF:
https://polemica-blog.jimdofree.com/2024/09/01/my-corona-das-buch/
Volker Birk (Mittwoch, 25 Dezember 2024 14:22)
Danke für die freundlichen Grüsse! Ich wünsche mindestens ein paar entspannte Tage mit etwas Herz und Spass zurück – an Dich, und an alle Mitmenschen, die sich als solche wahrnehmen.
Früher hat man “besinnlich” gesagt. Möglicherweise war das damit gemeint.
VB.
Mutant77 (Donnerstag, 26 Dezember 2024 20:18)
Ich bin gerührt.
ich schreib doch nur Kommentare - aber das tatsächlich bei fast allen kollegen, wenn es geht.
Mit den Feiertagen hab ich nichts am Hut, bin alter Punkrocker das hat sich auch im hohen (innerlich) nicht geändert.
Ich bin optimist und hoffe nicht das 2025 schlimmer wird. Abstand zu den Medien ist auch immer gut