Dass es mir in letzter Zeit ein Anliegen ist, meinen Lebensablauf aufzuzeichnen und gleichzeitig Fallstricke benenne, könnte Ihnen eventuell aufgefallen sein. Sicher hat das mit dieser bleiernen Zeit zu tun, die uns da überkommen hat. Kaum etwas bietet auch einen Anlass zur Zuversicht, und wer sich auch nur mehr als fünf Minuten mit den Weltnachrichten befasst, findet auch keinen solchen. Immer mal wieder ein gewisser, positiver Ausreißer, der wenig später schon wieder unter der Sohle des großen Stinkefußes zerquetscht wird.
Ich will ja nicht ausklammern, dass das Heile-Welt-Gerede im Mainstream so langsam nicht mehr zieht und das immerhin auch in den Sendern und Verlagen angekommen ist. Die Informationspflicht zum kollektiven Niedergang ist – wenn auch zumeist in keinen Ursache-Wirkung-Kontext gesetzt – jetzt häufiger zu vernehmen. Da lesen Sie in letzter Zeit auffällig oft über Stellenabbau oder Migrationsprobleme. Aber nicht, dass das auch maßgeblich an schlechter Politik liegt. Nein, da ist der Weltmarkt irgendwie schuld, ein bisschen die „Pandemie“ (niemand nennt es Maßnahmenpolitik), externe Feindbilder, die uns in diese Lage gedrängt hätten oder die Unsicherheiten in der Zukunft – also eben alles vorbeigeredet am jüngsten Regierungsstil oder was als Vergangenes dazu geführt hat.
Es ist für mich völlig ersichtlich, dass man nun in die Endphase der medial-ideologischen Relativierung geraten ist. Ab einem bestimmten Punkt nimmt auch niemand mehr dauernden Gleichklang von Ausreden noch ernst, nur sind manche/einige noch empfänglich für das Häppchen Neues. Völlig unerheblich, wie unsinnig es klingen mag. Und es wird immer unsinniger, je weiter es aufrecht gehalten werden muss. Wenn im Niedergang der heilige Blitz der Weltmarktpreise eingeschlagen ist, der aber gar nicht an der Verteuerung schuld sein kann, dann muss auch mal die Kurzzeitinflation von vor zwei Jahren oder irgendein Ausriss im Statistikdiagramm herhalten, und wenn die auch wirkungslos geworden ist, hat „Putins Angriffskrieg“ gleich die ganze Welt ins teure Verderben gestürzt.
Ach, was weiß ich, etwas finden sie immer, um ja nicht erwähnen zu müssen, dass EU- oder Ampelgesetze keinen anderen Schluss zulassen. Also, dass der Selbstschädigungseffekt viel größer ist als man zugeben will. Und die Deutschen sind wirklich so blöd, als eine der letzten von der Erzählung zu lassen und wie ausgeprägt das Ausreden-Ego ist, was man nun prima an der Post-Bewältigung der „Pandemie“ sieht. Entweder werden sie extrem patzig, extrem stottrig oder extrem still. Extrem ehrlich wäre zwar das einzige, was die gesellschaftliche Vertrauensfrage mit einem basierten Wohlwollen beantworten würde, aber solange das nicht passiert, wird auch nichts verziehen. Bei den Alternativen (Medien, Menschen und Gruppen) kann ich die Gehässigkeit und das verleugnete Vergeben also durchaus nachvollziehen, auch wenn es mich manchmal nervt, wie noch auf gewissen, kleinlichen Dingen herumgeritten wird.
Und immer dieses Positionieren. Es geht doch nicht mehr um die Sache. Nein, es muss dringend eine Schlagseite sein. Links. Rechts. Mitte. Im Arsch. Am Arsch. Fähnchen im stinkenden Wind sein, der allen in der Gruppe synchron aus ebenjenen entfleucht. Böhnchentönchen im Furzkanon. „PROOOT!“ und „PFRRRZ!“. Und jetzt alle zusammen! „PROOOTZFFRRRZ!“. Und Meinungen sind mittlerweile wie Fürze. Die eigenen stinken einem nicht. Die der anderen um so mehr.
Im Kern geht es mir nicht darum, ob Meinungen überhaupt geäußert werden dürfen. Es geht mir eher um Niveaufragen und dass man selbst darauf kommen könnte, einfach mal die Klappe zu halten, wo es angebracht wäre. Aber das ist wie bei einer Prügelei und wie man das früher wie heute handhabte – früher hat man selten jemanden halb tot getreten, wenn er am Boden lag. Heute? Hört man immer öfter davon, auch verbal missversteht man „jemandem eine Abreibung verpassen“, als müsse jemand völlig „zerstört“ werden. Ja, in gewisser Weise hab ich auch ein Problem mit diesem Zerstörungswahn, auch wenn es nur so genannt wird und vielleicht nichts gebracht hat. Aber die Absicht... da darf man sich sicher sein, dass Backpfeifen, Schellen und eine kleine Prügelei irgendwie nicht mehr drin sind. Nein, nur um auf Nummer Sicher zu gehen, muss jemandem noch der Hammer auf den Kopf als Nachschlag draufgegeben werden.
Auf was ich hinaus will: Dinge werden erst groß und zerstörerisch, wenn man sie dazu macht. Immer muss alles planetenweit bedeutend werden und ganz, ganz wichtig. Klar – es gibt wichtige Dinge, die man auch als solches benennen muss, aber letztlich ist es irgendein persönlich motiviertes Schmarmützel aktivistisch-getriggerter Fronten und für alle betrachtet relativ unbedeutend. Man könnte ja auch weniger bedeutsam mit der AfD umgehen, in jedem Bullshitessen Rassismus wittern oder was auch immer denen im Hirnschädel aufbläst, bis sie einen Wasserkopf bekommen. Wer sich durch so etwas vollends einnehmen lässt, kann ja keine Freuden für das Kleine und Harmlose mehr entwickeln. Sieht nur noch Schlechtes und nichts Gutes mehr, und auch die kleinen Ausreißer aus dem Hamsterrad funktionieren nicht mehr. Die Absicht nach Ruhe und Zerstreuung geht im eigenen Weltbild unter.
Das ist etwas, was mich selbst sehr belastet hat. Zu Corona-Zeiten hat das meinen Alltag bestimmt, und das ist sicher nichts, was ich hätte vermeiden können. Sich für das Kollektiv zu verbiegen ist ja auch nichts für die eigene Seelenreinigung und ein perfider Irrweg wie Selbstbetrug, der nur noch mehr belastet. Ich musste da durch und es war fucking verletzend, was sie da getrieben haben. Sie haben mich und uns versucht völlig zu zerstören wie beschrieben, High End. Ja, das war extrem mistig.
Aber...
Es ist immerhin vorbei. Es hätte noch schlimmer ausgehen können. Und ein bisschen war ich froh, dass nicht gesamte Ampelkoalition damals ihr „Ja“ zur Impfpflicht draufgesetzt hatte, dass einzelne Grüne die vernünftigste Entscheidung getroffen haben, indem sie mit „Nein“ stimmten. Danach war der politisch-repressive Reigen schnell vorbei, und alles, was das bisher rechtfertigte, geht jetzt den Bach runter. Da kann das Karlchen so viel daherschwafeln, wie er will, denn nach der Abstimmung ging es ja nur noch bergab mit ihm, und alles, was er angehen wollte, wurde nicht mehr so blind abgesegnet. Natürlich ist es völlig panne, dass man ihn trotzdem nicht geschasst hat (Politik ist dann doch was anderes als kleine Lichter), aber da spielt natürlich die hierarchische Hürde eines Netzwerks eine Rolle oder schlicht der Umstand, dass die Großen selbst in ihrer Ablehnung gegenüber Lauterbachs Vorhaben nicht genügend Druck aufbauen.
Hier wird nix zerstört, auch wenn es dringlicher wäre als jeder verkackte Meinungsblogger, dem man gleich den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn er nicht genehme Dinge anspricht. Dann entfalten nur Geduld und die Masse an sachlichen Verfehlungen ihre Wirkung, die für sich selbst sprechend sind. Die Engelsgeduld hat nur halt niemand mehr, alles muss gleich gestern erledigt sein, und das maximal zweckaffin für die eigene Agenda. Wir sehen es ja ständig, wie ein Böhmermann jedes ihm verhasste Grüppchen versucht zu zerstören, dann kommt Apollo News daher und versucht sich in Ehrenrettung der AfD. Alles im Konjunktiv ausgetragen, anekdotisch vage, aber maximal aufgeblasen. Sicher wäre es der Hammer, wenn alles so stimmen würde wie behauptet (hat ja jetzt doch hohe Wellen geschlagen), aber Apollo News hätte sicher mehr davon, wenn sie sich nicht der woken Methode der Behauptungsevidenz, die man erst danach versucht zu beweisen, nicht angleichen würde.
Das ist kein echter Meinungskampf auf Sachebene, es ist nur der Kampf um Deutungshoheit – quasi der Kampf um die besten Plätze im Kinosaal. Wer am besten sitzt, hat schon gewonnen. Inhalte egal. Ganz großes Blockbuster-Kino für die, die keine Zwei-Meter-Zehn-Lulatsche vor sich sitzen haben. Da kann der Film noch so scheiße sein. Und scheiße ist der Film momentan wie Hölle, ein auf drei Filme gestrecktes Finale und viel, viel Leerlauf. Was bringt es mir denn, dass ich ein Exklusivloungeticket mit kippbarem Sessel und eigenem Serviertisch gebucht habe? Ja, Bequemlichkeit. Einen gewissen Luxus. Und der Film ist so erbrechend langweilig, dass ich mich an Cocktail mit Schirmchen festhalte und im Sessel an die Decke starren kann.
Das ist alles völlig „wicked“. Alles, was heute nach Blockbuster riecht, stinkt mir gewaltig. Alles ist nur noch auf das Brimborium drumherum fokussiert, und wenn wir schon bei „Wicked“ sind, hat man ja die richtigen Paradiesvögel hervorgekramt, die sowieso schon völlig Glamour sind, um sich dazu noch die totale Queerness aufs Tableau zu zeichnen. Und da wird noch nicht mal der Inhalt zum Thema, es geht hier nur noch um die Verpackung. Irgendwann kann man nicht mehr anders, als sich selbst zu betrachten und irgendetwas Positives herauszuziehen, während sie im TV-Universum ihre Opfershow durchziehen müssen, weil sie mit sich selbst nicht klarkommen. Das ist die ultimative Reaktanz auf diesen ganzen Mist, sich in die Besondersrolle zu begeben und auf Kniefälle zu pochen – einfach nicht mehr kümmern, damit trifft man sie am härtesten.
Gehen Sie dann mal aus dem Bild, lassen vielleicht noch einen Furz im Raum stehen und beobachten sie heimlich um die Ecke – DAS ist wirklich ganz großes Kino.
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