Sich analytisch mit Humor auseinanderzusetzen, ist im Grundsatz eigentlich sinnlos. Humorverständnis ist zuerst einmal subjektiv zu sehen wie Musikgeschmack, und auch im Falle neuer Comedyformate wie „Smeilingen“ dürfte eine rein akademische Herangehensweise zur Beurteilung des darin vorkommenden Humors wenig aussagekräftig für alle gleichsam aussagekräftig sein.
Dass ich es dann doch wage, hat mit etwas anderem zu tun: es soll sich hier mit den Bedingungen, Hintergründen und dem Umfeld der Sendung befasst werden. Und das zeigt gewisse Tendenzen auf, warum man Humor nicht nur unter dem Schutz subjektiver Wahrnehmung gar nicht rezensieren sollte. Denn manchmal ist nicht nur das Inhaltliche dafür verantwortlich, wie und ob Humor funktioniert, sondern auch technische Aspekte oder wem dieser Humor auch nützt. Und im Fall „Smeilingen“ lässt sich so vieles nachverfolgen, was am deutschen, wenn nicht gar westlich geprägten, Humor nicht mehr funktioniert.
Wenn spontane, situative Komik im Alltag passiert, sind es akute Momentaufnahmen, die nur beschwerlich rahmenprogrammlich ähnlich witzige Auswirkungen haben dürften. Wenn Sie eine lustige Begebenheit nacherzählen, kann es schon passieren, dass es Zuhörer nicht ähnlich lustig finden dürften wie Sie selbst. Der spontane Charakter ist nicht mehr da, und vielleicht verhaspeln Sie sich sogar noch beim Nacherzählen, was den Effekt zusätzlich schmälert. Dann wird sogar das inhaltlich Witzige in seiner Wirkung reduziert. Das ist aber nur der worst case der nicht funktionierenden Komik im privaten Umfeld.
Im öffentlichen Raum hingegen ist Komik jedoch ein beabsichtigtes Vorhaben nach Plan. Deswegen erdenkt man sich Formate und Darbietungsformen, sei es eine Sendung, ein Live-Programm oder als Karikatur. Im Fall von „Smeilingen“ war es die heute übliche Formatierung als Comedysendung – dargebracht von einem Autorenteam unter Leitung eines nicht unbekannten Gagschreibers, gespielt von einer ganzen Riege bekannter Schauspieler. Also eine vielversprechende Grundvoraussetzung für Humor, der woanders erfolgreich war und nun in anderer Konstellation aufgestellt. Nur wenn Comedy- und Autorenschwergewichte einen Flop fabrizieren, ist Erfolg wohl nicht nur an Personalentscheidungen zu bemessen.
Die Vorankündigungen zum Format klangen zuweilen schon sehr selbstsicher, was aber im Werbeturnus nicht verwundern mag. Es ist ein präventives Versprechen der Mundwinkelanregung, schürt jedoch auch Erwartungen beim Publikum, und je großmundiger die Versprechen, um so höher ist auch die Erwartung. Da stellt sich die Frage, ob man sich da nicht zu selbstsicher war, da man den Fokus offenbar nicht auf das Inhaltliche, sondern auf große Namen legte – als ob das alleine schon für Qualität stünde.
Das Problem in der Gesamtbetrachtung wird schon in diesem Aspekt deutlich, und es ist für mich auch eine wiederkehrende Strategie reinster Blenderei. Und genau deswegen schon aufzeigt, warum deutscher Humor anno 2024 im Wesentlichen wieder massiv an Qualität verliert. Wenn der SWR tatsächlich dachte, dass man mit Rang und Namen alleine gelungenen Humor verbindet, ist es schon eine ziemlich scheuklappenartige Sichtweise auf das Gesamtkonstrukt Komik. Offenbar hat man schlicht vergessen, dass man humoristisch schlechten Inhalt auch mit den besten Darstellern nicht besser macht.
Es gibt schon ein paar Ingredienzien, die Humor wirkungsvoll werden lassen, und sei es nur in der Inszenierung. Hierzu wird oft das Timing thematisiert. Programmatischer Humor muss auch inszenatorisch stimmig sein, und darin ist „Smeilingen“ ein echter Rohrkrepierer. Das Gesamtwerk ist hier wieder mal nicht zu Ende gedacht worden – es fehlt irgendwie an allem. An Konzept, an Spontantität, an Kreativität und vor allem an Gespür. Das sind Zutaten, die man manchmal schlecht beschreiben kann. So entscheiden oft Kleinigkeiten darüber, ob ein Sketch auch gelungen ist. Im Falle unseres Flopbeispiels jedoch sind das keine Kleinigkeiten, sondern himmelhochschreiende Stümpereien.
Doch wenn dem Zuschauer ersichtlich wird, dass man sich nur auf Abgreifung erfolgreicher Konzepte ausruht, wirkt es schon per se bemüht bzw. übergriffig. Soll heißen: Sie als Zuschauer sollen das jetzt witzig finden, weil es sich doch eindeutig an dem orientiert, was Sie aller Voraussicht nach auch witzig finden. Sie schauen sich doch auch ständig Sketch-Up an oder beömmeln sich bei „Ladykracher“, und wenn wir es kopieren, ist es doch genauso witzig!?
Nein, eben nicht. Schon die Rahmung eines Dorfes mit „wiederkehrenden Charakteren“ assoziiere ich eher mit jeder x-beliebigen Biederserie, die am Fließband für die ÖRR-Hauptsender produziert werden. Auch „wiederkehrende Charaktere“ sind mir schnuppe, weil ich gelungenen Witz nicht unbedingt mit „schrulligen Figuren“ verbinden muss. Wenn die nämlich nur auf ihre persönlichen Stereotype reduziert werden, bin ich schnell gelangweilt, und in „Smeilingen“ war es offenbar konzeptionell ähnlich aufgestellt wie in anderen Sendungen oder gar Filmen wie „Fack ju Göthe“, „zufällig“ natürlich unter leitender Mitwirkung desselben Autors, Simon Hauschild. Der Name wird Ihnen übrigens öfter begegnen, wenn Ihnen danach ist, die Gründe für Ihre Ablehnung gegenüber Fäkalhumor, Assiwitzen und Sterotypenbashing wie in der genannten Schulkomödie zu recherchieren.
Auch mag die Eigenschaft „absurd“ des Öfteren mal auftauchen, aber ist das ebenso ein wesentlicher Bestandteil des Monty-Python-Humors. Und doch ist die Absurdität so überhaupt nicht vergleichbar, wenn er im zeitlosen Charakter der britischen Kulttruppe dem des Zeitgeistbemühthumors in „Smeilingen“ gegenübersteht. Dass die Briten sich häufig an kulturhistorischen Dingen orientierten, diese ins Absurde trieben, wirkt schon per se intelligenter als das Wiederkäuen eigensatirisch agierender Persönlichkeiten, die als Gegenwartsphänomene neuartige Eigenheiten mit sich bringen.
Es gäbe noch andere Aspekte, warum solche Sendeformate weniger funktionieren:
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Die konzeptionelle Ausrichtung: In einem Dorf mit wiederkehrenden Charakteren nimmt man sich im Autorenstab schon selbst den Ideenreichtum. Will man dagegen aus dem Stereotypismus heraus, wirkt es schnell unglaubwürdig. Häufig stellt sich darin die Frage, ab das auch vom Publikum so gewollt ist oder man es mit derart wenig zufriedenstellen kann.
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Der erdachte Seriencharakter suggeriert schon im Vorfeld Wiederholungsgefahr. Dies kann vielleicht erfolgreich sein, wenn man im Probiermodus eine Figur einfügt und diese vom Publikum überraschenderweise sehr positiv aufgenommen wird. In „Smeilingen“ jedoch ist schon zu Beginn klar, dass uns Figuren wieder begegnen werden, und wenn deren Witztransport nicht gut war, werden Zuschauer nicht viel Toleranz aufbringen, es ein zweites oder drittes Mal durchgehen zu lassen.
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Die Stereotypie kann funktionieren, aber dann muss sie auch glaubwürdig transportiert werden. In der Sendung ist z.B. ein Pfarrer, der einer beichtenden Frau das Fremdgehen quasi erlaubt und dazu in Feierlaune Cocktails serviert, kein Ausdruck geistlicher Würde, sondern eher an einen überdrehten Barkeeper angelehnt. Weder die Person des Pfarrers selbst noch die Sketchelemente sind in sich stimmig. Dazu kann es eine fragwürdige Moral transportieren, wenn der zwanglose Umgang mit einem Tabu selbstzweckhaft wirkt.
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Die Umstände der Serienproduktion haben ein sehr übles Timingproblem. Es wirkt zerhackstückelt und schlecht geschnitten, im Gesamteindruck richtig schläfrig, was durchaus auf Versprecher oder ähnliches zurückzuführen ist, die mehrere Takes brauchen, aber in der Postproduktion wenig durchdacht neu zusammengesetzt wurde. Auch funktioniert eine Darbietung viel besser, wenn Dialoglastiges am Stück performt wird und man sich nicht an der Bildgestaltung oder sonstigen, für Sketche unnötigen Technikaspekten aufhängt.
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Die Tatsache, dass hier ein Autorenteam autonom arbeitete, das Engagement der Schauspieler ebenso für sich stehend ist und die im Grunde nichts aus Eigeninteresse vortragen, ist ein Humorkiller. Hier arbeiten Abteilungen kaum Hand in Hand, und es gehört schon ein Mordstalent dazu, fertige Drehbücher nicht nur abzulesen und sich günstigstenfalls damit zu identifizieren. Geschweige denn die Inhalte selbst zu werten und eventuell zu kritisieren. Es ist schon etwas anderes, wenn ein eingespieltes „heute-show“-Team zusammenarbeitet (mal unabhängig vom Haltungsschaden, den die Show mittlerweile erlitten hat).
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Witze erklären zu wollen oder müssen, ist mitunter das Dümmste, was man tun kann. Aber bei den Sendern herrscht nicht nur in der Comedy dieser zwanghafte Drang vor, sich erklären zu müssen oder den Leuten eine gewisse Intelligenz abzusprechen. Das hat diesen destruktiven Effekt eines Witzeerzählers, der seine Geschichte auch noch mit Phrasen wie „Verstehste? Das ist witzig, weil...“ verschlimmbessert. Das lässt sich auch anders aufzeigen, etwa beim Soundtrack eines Films, der mit einem kurzen Tusch aus Flöten- oder Blechblasinstrumenten versucht, dem Zuschauer eine vermeintliche Pointe zu unterstreichen. (Trilili! Witzig!)... Immerhin wollte man sich mit eingespielten Lachern vom Band nicht allzu brachial die Blöße geben.
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Die Inhalte sind in der Regel Ausdruck von Ideen und auch Überzeugungen eines Autoren. Man kann also durchaus eine private Denkweise herauslesen, wozu etwa das genannte Pfarrer-/Kirchenbeispiel oder die Auffassung des Autors über Influencer per se gut sichtbar wird. Das mögen zwar junge Zuschauer gut finden, die gerne ein zwangloses Beziehungsleben führen oder Influencer doof finden, dass man sich über es oder sie lustig machen kann, aber ist es im Grundsatz auch respektlos, was leicht zur subjektiv ideologischen Affinitätsfrage wird. Wer christliche Religionen sowieso verabscheut, wird sich natürlich dadurch bestätigt fühlen. Wenn dazu im Subtext nur die Absicht mitschwingt, mit dem Finger auf jemanden zeigen zu wollen, kann das für den Witz auch kontraproduktiv und selbstentlarvend für die Autoren sein.
Nun, so viel dazu und noch einiges mehr, das ich eventuell gar nicht aufgeführt habe. Aber ist das Erwähnte schon ausreichend: „Smeilingen“ ist ein wunderbares Beispiel für Plancomedy ohne Ambitionen, Auftragsarbeit für bekannte Schauspieler, nur um Gehälter zu rechtfertigen. Überzeugungstäter und -taten erkenne ich darin null. Aber - und das ist meine Rechtfertigung für die quasi ernste Thematisierung dieser Flopsendung – sollte hier die analytische Auseinanderpflückung ein kleiner Dienst für die öffentlich-rechtlichen Sender sein und warum man sich dort mal Gedanken machen sollte, was erfolgversprechend ist und was nicht. So etwas wie „Smeilingen“ bekräftigt mich nur in der Annahme, dass Humor kaum planbar ist und man es sein lassen sollte, es rein wirtschaftlich oder im Vorfeld unter Popularitätsaspekten zu betrachten.
Bitte, liebe ARD, gern geschehen. Ich hab ja dafür gezahlt. Also darf ich mich auch ungestraft darüber beschweren, was für einen Mist man mir hier vorsetzen will. Und euch mal erklären, an was es euch im gesamten Sendebetrieb fehlt – nämlich zuallererst echter Humor, der sich selbst nicht zu ernst nimmt. Wenn alleine das schon fehlt, braucht man gar nicht mehr versuchen, anderen erklären zu wollen, was witzig sein soll. Das ist lachhaft.
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