S-Woche: Eure Zeiten sind vorbei

Es ist ja nicht so, als hätte ich danach geschrien. Mir ist dieses Arschzeugdetox von Betriebsgeklüngel und eine Kurzzeittalfahrt durch die Newsschwemme, weg vom Empörungsgekreische, tatsächlich mal recht gekommen, um mich ausnahmsweise mal um irgendeinen Gaming-Dreck zu scheren und mich mal wie jene zu fühlen, die sich irgendwie in irgendwas verrennen können. Ganz weg davon ist man dann aber doch nicht, dafür sorgen schon Apps und der Routinesurfmodus in mir selbst, wo man automatisch anklickt und durchwischt. Wische und tippe mich durch Dinge, die sowieso keine Überraschung mehr sind und kommentiere sie im Bewusstsein, dass es niemanden interessiert oder ich überhaupt Zustimmung erwarten müsste. So ab und zu trolle ich die mir hochgespülten Tagesschau-Kacheln, wo ich sowieso weiß, mindestens einen Wütend-Emoji zu ernten, die in der Regel von Profilen mit Regenbogen oder Anti-AfD-Aktivisten kommen, und mir ist es so scheißegal, was die von mir und wofür die mich halten.

Wenn ich das mitbekomme, grinse ich milde. Es ist rein die Selbstentlarvung anderer, die mich antreibt, und da im Moment der große Meltdown stattfindet, ist es mehr eine Genugtuung, denjenigen den Bluthochdruck hochzutreiben, die mir dasselbe zu Corona-Zeiten und Co. zugemutet hatten. Schluss mit der Empathie für solche, you have been chosen for trolling. Es ist immer ein fruchtiges Spiel mit deren Moralvorstellungen und den zu erwartenden Reaktionen, wenn ich ihnen ironisch eigensatirische Querverweise aus dem Themenregal ziehe und die das offenbar bierernst nehmen. Das Prinzip läuft zuverlässig: Triggern, aufkochen, fertig. Und ich muss mich nicht mal auf sie zubewegen, sie kommen in der Regel von selbst angedampft, mit ihrer glühend-roten Birne voller Weltenretterattitüde, und du kannst förmlich sehen, dass sich bei denen der Kessel unter dem Druck schon bedenklich ausbeult.

Ein bisschen Selbstschutz steckt hinter der Masche natürlich schon, weil die Bierernstigkeit auch gefährlich werden kann. Aber man muss sich heutzutage ja schon die Option offen halten, sich vor Gericht auf Ironie zu berufen, werden Schwachköpfe doch gerne richtig sauer oder denken erst im Nachhinein darüber nach, dass ihnen die eigene Humorlosigkeit eventuell wie Shampoos, die man schlecht verträgt, in die Kopfhaut gestiegen sein könnte und dort unangenehm brennt.

(Reingegrätscht: Diese Woche gibt’s für alle Anzeigenhauptmeister das passende Spiel. „Beholder“ ist auf Epic Games gerade kostenlos, da lässt es sich weiter schön prokrastinieren, denunzieren und und – wenn einem danach ist - das Leben der Anderen finalisieren.)

Andere müssen sich die Haare gar nicht mehr waschen, doch fragt man sich bei denen, ob der Haarschneider nicht zu tief eingewirkt hat. Das mag so manche Erinnerungslücke erklären, die als Endergebnis im CumEx-Barbershop via Frisur-und-Hirnrinden-Radikalrasur reingefräst wurde, wie auch den Duktus einer Regierungserklärung mit Lachgarantie. Offenbar ist dazu die gesamte SPD Stammgast, um den letzten Flaum Vernunft mit einem Kahlschlag versehentlich am Halsansatz zu entfernen und die verblassende Parteifarbe in knalligem Lebenssaftrot neu erstrahlen zu lassen.

Irgendwo weit im Hintergrund säuseln mir meine Rundfunkgebühren etwas von Corona-Aufarbeitung entgegen, mit einem asozialen Trittbrettfahrer, der andere Langohr nannte. Kannste behalten. Will ich nicht mehr, vor allem, wenn man im Nachhinein erfährt, was man sowieso angenommen hat. Das Wiedergekäue alter Narrative, dieses Beharren auf alten Behauptungen, die schon lange widerlegt sind oder nicht belegbar sind. Dafür bitte eine Erhöhung der Rundfunkgebühren und Perpetuum Mobile-Fernseher wie auch ein gepflegtes Präventionsparadoxon. Dann klappt´s auch mit der Vogelstraußtaktik. Eckaaaaard, die Dullis sind daaa! Flupp! Zu dumm, dass der Vogelstrauß seinen Kopf gerade in Treibsand gesteckt hat.

Als wäre es noch nicht genug an Realitätsslaloms haben die Grünen jetzt ihre Transformation vollzogen. Auf dem Weg dahin musste noch der letzte Bergstraßenquerdenker weggescheibenwischt werden, bis man in Wiesbaden ankam und endlich die Gottkaiserweihung zelebrieren konnte. Seitdem heißen sie jetzt Bündnis90/Die Habecks. Lady Baerbock (was für mich so eine Wortklang- wie Standesverhunzung ist wie Gräfin Antoinette Fuckface) haut derweilen noch ein bisschen Chinesen und die halbe Welt platt und unser Friedfertigkeitsimage von vor dem dreijährigen Ampeldefekt gleich mit. Da erklärt nur dazwischen, was der Auslöser für ihre Moralinquisition ist – zuhause hängt der Haussegen nicht nur schief, sondern ist jetzt auch offiziell von der Wand gefallen. Das Hochzeitsbild hat es auch noch mitgerissen. Fehlt nur noch, dass die Deutschlandfahne bald eingemottet und gegen eine Regenbogenversion in schönstem Flecktarnmuster ersetzt wird – jetzt, dass man Trumperika nicht mehr als großen Bruder anbeten und sich als „Führer“nation der neuen US of E über alles in der Welt stellen will. Und das alles nur, weil Holefleisch nicht mehr vom Metzger zurückkommen wollte.

Zum X-ten Male scheitert derweilen der Versuch, im blauen Himmel einen Safe Space einzurichten – Trolls sind einfach überall, und wenn nicht, dann zerfleischt man sich zuweilen auch zuverlässig selbst. Trump ist laut Maischberger-Gästinnen plötzlich an allem schuld, selbst an der Einwanderung, die er gar nicht zu verantworten hat (ISSER ABER WOOOOHL!) und verhindern will. Der Spiegel schießt natürlich mal wieder den Vogel ab, dass Biden oder Scholz „konsequent abschiebt“, Trump „deportiert“. Als wäre das nicht genug, kommen journalistische Geschichtenerfinder (Relotius) und Faktenerfinder (Correctiv) zusammen, um Kindergeschichtenerfinder ins höchste Amt zu bringen. Kurzum: Die Kernschmelze frisst sich nun durch alle pseudolinksdrehenden Gehirne.

Wer da nicht trollt, ist selbst gekernschmelzt worden. Ja, selbst bei meinen alten Bekannten auf Fratzenbuch herrscht die große Ratlosigkeit vor. Trump sei „gefährlich“, sagen sie, und auf meine Nachfrage nach dem Warum wird gestrohmännert. Es ist schon im höchsten Maße erstaunlich, wie immer wieder um den inhaltlich heißen Brei geredet wird. Aber mit 10 Jahren Brandmauer auf dem Buckel und einer Welt, die die Frechheit hat, sich einfach weiterzudrehen statt endlich zu verenden, war nichts anderes zu erwarten. Dabei ist ihre Zeit schon länger vorbei, egal, wie sehr sie sich dagegen wehren oder verkriechen. Die Zeitenwende von der Zeitenwende ist nicht mehr zu verhindern.

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