Gibt es diese Woche etwas, das besonders aufregen kann? Entweder hat die öffentliche Empörungsindustrie gerade kein nennenswertes Wachstum zu verzeichnen, oder es scheint sich alles zu einem Matsch zu vermischen. Oder – auch eine Möglichkeit – will ich gerade so gar nichts davon wissen.
Es kann ja nicht gesund sein, ein dauerhaft hohes Niveau an katastrophischem Verkündungsgeflenne zu produzieren und zu konsumieren, auf dass es dir in der Hirnrinde die letzten Reste positiver Lebenseinstellung wegfrisst. Ich bin momentan an dem Punkt, an dem die ganze Scheiße an die Wand geworfen gehört, damit sie dort kleben bleibt und andere sie wegwischen dürfen. Ich schon lange um die Ecke verschwunden. Gemeinschaftsgedanken erscheinen mir gerade wieder so widersinnig, dass man trollig-trotzig mit der Gesellschaft spielen könnte wie mit Play-Doh, um sie zu kneten und zu knechten, wäre einem gerade so danach. Da sticht der Gedanke durch, dass sich alle mal ihre Anliegen in die Haare schmieren könnten, und man selbst will von all dem nichts mehr wissen.
Klar, so wirklich funktioniert das nicht. Kann es gar nicht. Wenn man etwas für sein Glück tun will, kann man das nicht ignorieren. Aber da ist, zumindest im Moment, nichts wirklich Eklatantes, das kommentierungswürdig wäre. So als könnte man im öffentlichen Diskurs gerade keine neuen Grenzen sprengen und Höhepunkte setzen. So ist etwa der Gottschalk-Aufreger die Tage nur das Häppchen für zwischendurch, während das große Gala-Dinner erst noch gekocht werden muss. Und selbst wenn es serviert würde, wüsste man nicht, ob das derart die Geschmacksnerven explodieren ließe, dass man es als noch etwas Besonderes abfeiern könnte. Ob das jetzt die nächste Talkshow oder Bosetti-Sendung mit eigenduftendem Rosettenkonfetti ist, ist dabei herzlich egal. Es sind die üblich gewordenen Pappenheimer, und dass ein Ätzer von Hirnbausen die Corona-Aufarbeitung übernehmen will, tut plötzlich nichts mehr zu Sache.
Warum ich in dieses bleiernde Denken verfalle? Irgendwie überrascht mich gerade nichts genug, um es als herausstellungswürdig zu betrachten. Man ist satt, weil die Fronten klar sind und die Figuren immerwährend dieselben. Rosetti-Sendungen bedienen übliche Themenklischees, ich bin als Mann sowieso Karl Arsch vom Dienst und jetzt eh ein Nazi, schlimmer als alle Nazis. Augenrollen ist die Antwort; nichts, was neu wäre und mich unbedingt triggern müsste. Und alles, was so an Recherchen besondere Aufmerksamkeit bedeuten könnte wie etwa Lauterbachs/Scholz´ Lobbyismusproblem (und das auch noch vom Recherche-Mainstream angegangen – wooooaw, doch ne Überraschung!), ist im Ganzen betrachtet auch nicht wirklich überraschend. Oder doch?
Ist ja nicht so, dass die Verfehlungsliste der beiden vorher noch unbeschriebenes Papier gewesen wäre wie etwa die Causa Aiwanger, wo ein etwaiger Skandal gar nicht absehbar gewesen war. Die jüngste Recherche ist jedoch nur ein weiterer Wegpunkt in dieser Durchleuchtung windiger Karrieren, die sich lediglich bestätigend auswirkt, mit Lauterbach mit eh schon ausgewiesener Lobbyismus-DNA und einem Olaf Scholz, bei dem man nie wirklich weiß, woran man ist geschweige denn er keine weiße Weste vorweisen kann. Wen das noch überrascht, hat entweder alles verschlafen oder nie etwas wirklich verstanden.
Und das ist nur ein Ausschnitt aus dieser Komplettsituation, in der Moral und Ideologie Zwischentöne ersticken und ausblenden. Eigentlich genau so, wie man den nachfolgenden Generationen eine Weltfremdheit unterstellt, weil die in behütetem Maße die Welt nur von Erzählungen kennen und sie im Praxisteil die Welt auch nur so wahrnehmen. Dann sind Raubtiere eben nicht nur majestätische Lebewesen im Disney-Universum, sondern beißen dir plötzlich den Arm ab. Es gibt nun mal keine „guten“ Löwen in der Natur, die dir bei Musicals nur Autogramme geben. Und doch werden wir vorrangig von solchen Leuten in genau diesem Betrachtungskosmos regiert und gemaßregelt.
Also warum kann dann die Ankündigung von Ricarda Langs Rückkehr bei mir nur noch ein belustigtes Grunzen entlocken? Weil es einerseits nicht überraschend ist und andererseits kein Garant für Erfolg. Vielleicht kommt sie noch in den angeschlossenen Partei-NGOs unter, so als mitleidige Gefälligkeit, aber eine Direktrückkehr in den Bundestag kann sie sich wohl in die Haare schmieren. Und wer sich jetzt noch mehr schlecht als recht in den obersten Machtetagen um Kopf und Kragen redet, könnte einen noch viel tieferen Fall erleiden, unabhängig von querfinanzierten Hängematten, bei denen Habeck und Baerbock nach ihrer hoffentlichen Abwahl und einer finanziellen Grünsense der Nachfolgeregierung unterkommen dürften. Ich sage hier bewusst „ich hoffe“ und nicht „ich bin mir sicher“ - weil in Interessenverwirrspielen der Politik, vor allem in der Causa Merz und CDU, Grüne hoffentlich keine Option sein werden und besonders der finanzielle Rotstift zum Einsatz kommt und Geldflüsse austrocknet.
Egal, wie sich das nächstes Jahr auswirken wird, besteht die Gefahr der Akzeptanz neuerlichen Gebarens. Und da kann ich glatt noch einen Kackhaufen gegen die Wand pfeffern, würde es nur einer von vielen sein, die nach dem amerikanischen Sprichwort „The shit hits the fan“ schon längst die weißen Wände übersät haben – man das aber nicht als eklig empfindet und angewidert wegmacht, sondern in einem erstickten Ekelgefühl eben nicht saubermachen will und es jetzt als neue Trendfarben verkauft. K(n)ackiges Verdauungsbraun mit gelblich-grüner Galle in Spritzform. „Na ja, wer drauf steht und den Geruch nicht schlimm findet...“ ist wohl das einzige, was man mit diesen neuen, natürlichen Trendfarben verbinden mag, die seitens verkackter Wirtschafts- und Außenpolitik so durch den Raum geschleudert wurde.
Warum sollte man dann noch mit seinen eigenen Auslassungen herumschmeißen und hoffen, dass es jemandem auffällt? Man ist ja mittlerweile nur einer von vielen, die damit kokettieren, in dieser Shitshow Starstatus zu erlangen, und im Grunde kommentiere ich nur im Kanon vieler die Dinge so, dass man nur die Masse an Empörungen in der Lautstärke hochzieht. Viele feiern die Party dann ab, bis zum Exzess – ich jedenfalls ertrage das irgendwann nicht mehr so gut, dass ich dann raus muss an die frische Luft. Da stinkt es dann höchstens noch nach Gülle, die sein muss, damit man nicht verhungert. Soll heißen: eine Garantie auf Kackfreiheit gibt es nie, aber man kann es vermeiden, und sowieso muss man es nicht ertragen, wo solche Ausscheidungen gar nicht hingehören. Etwa an Wänden und im Ventilator.
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Pascal (Samstag, 19 Oktober 2024 08:55)
Bosetti quittiere ich eher lautmalerisch mit einem 'Boah', da reicht ein Augenrollen nicht mehr aus, da sie im Gegensatz zu Frau Lang noch nicht bemerkt hat, dass sie ihren Zenit längst überschritten hat.
Das ist natürlich auch ein Fehler der ausbleibenden Strafverfolgung der guten Frau Bosetti, die mit ihrem Blinddarmvergleich sich zumindest mal dem Anfangsverdacht der Volksverhetzung ausgesetzt hat. Klar, vorausgesetzt, es gäbe noch so etwas wie einen funktionierenden Rechtsstaat.
Die Kacke in den Deckenlüfter zu werfen, so weit bin ich gerade noch nicht, aber im Stile von Oscar Madison einen Teller Spaghetti Pomodoro an die Wand knallen, danach wäre mir täglich.
Polemicer (Sonntag, 20 Oktober 2024 05:42)
@Pascal
Lustig, dass du Oscar Madison erwähnst, da wir doch gerade letztens den Film geschaut hatten :-) Im Grunde fühlen wir uns doch alle ein bisschen wie er, wie die Überkorrekten uns die Wohnung bohnern und ständig nerven, was man tun soll und was nicht.
Pascal (Sonntag, 20 Oktober 2024 07:41)
Tja :)
Laut Felix waren es ja bekanntlich Linguine und nicht Spaghetti.
Das Dumme ist, ganz wie bei Oscar, dass wir uns oft selbst solche Leute ins Umfeld reinholen; oder zumindest haben wir das wohl oft getan, als es noch etwas Marge gab, deren Verhalten dann irgendwie ertragen zu können.
Aber heute liegen die Nerven bei vielen von uns derart blank, dass sich das sicherlich niemand mehr freiwillig antut.
Polemicer (Sonntag, 20 Oktober 2024 19:42)
@Pascal
Da sprichst du was an, von wegen wen man sich da noch ins Boot holt. Ja, das stößt mir zuweilen auch sauer auf, weil man sie genauso zweckgebunden erträgt. Und damit nur der Sache nicht gerecht wird, weil diese Haudraufwienixe nur die Behauptungen der Gegenseite bestätigen.