Der messbare Grad von Arroganz und Verwirrtheit im öffentlichen Debattenraum sprengt momentan wieder alle Skalen. Wenn man sich vor allem in den Medien und Medienhäusern umschaut, die die Weisheit mit der großen Schöpfkelle in sich reinstopfen, ist es nicht verwunderlich, dass die Messgeräte versagen. Und so ist fast schon gewohnheitsmäßig etwas zu beobachten, was der Mainstream seit einigen Jahren so treibt – sichtlich angefasst von der Realität noch trotziger dagegen vorgehen zu wollen. Die Blicke von Redaktionsmitarbeitendendenden werden immer finsterer, ihre Aussagen immer bescheuerter, ihre Ignoranz gegenüber dem Offensichtlichen immer größer. Bald ist es so wie in der Müllpressenszene aus Star Wars, nur dass da keine watschelnde KI im letzten Moment die Presse zum Stillstand bringt.
Es war abzusehen, dass nach den Landtagswahlen das Gezeter durch die Decke gehen würde, aber man kann sich das im Vorfeld nur schlecht ausmalen, wie das aussehen mag. Klar, dass man den Bürgerwillen im Osten irgendwie nicht wahrhaben will, denn wird jetzt alles aufgefahren, was die Demokratieverteidigungswaffenkammer noch so hergibt. Ich bin ein bisschen amused, weil sich ein AfD-Vorsitzender in Talkshows grinsend zurücklehnen kann, und auch noch die richtige Provokation setzt.
„Macht einfach weiter so.“, bedankt er sich bei ihnen ins Gesicht und entblößt somit zehn Jahre Brandmauer, die die Partei jetzt zu den stärksten Fraktionen in östlichen Landtagen gehievt hat. Es ist ein hämisches Dankeschön, und kein Mainstreambesserwisser scheint es zu bemerken.
Aber wie weitermachen? Es geht nun, offen einsehbar wie ein Scheunentor, um alles. Das letzte Gefecht geht in die heiße Phase, bei den Medien herrscht nun die nächste Stufe Endzeitstimmung vor. Sie verlieren gerade – nicht nur seit jetzt, aber nun auch in Wählerzahlen und Umfrageschocks ausgedrückt – jeden Anflug von Souveränität, die gefühlsmäßige Abgeklärtheit. Ihre Augen sprechen Bände, wenn sie in Bewegtbildern beobachtbar sind. Und entblößen sich dabei selbst. Wer über ein gutes Bauchgefühl verfügt, spürt ihre Angst vor dem Bedeutungsverlust. Dazu nur ein paar Fallbeispiele der letzten Wochen:
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Die ARD kommt zwar ihrem Auftrag nach, Umfragen ungefiltert wiederzugeben, scheint aber den schon wieder vesiegenden Effekt des Wannsee 2.0-Märchens anhand sinkender Umfragewerte für die AfD, gerade unter dem Eindruck der letzten Wahlen, nicht wahrhaben zu wollen. Nun ist ihnen der „Fehler“ passiert, die Zahlenwerte richtig anzuzeigen, aber die rote und grüne Säule (15 % und 11 %) größer zu machen als die blaue (17%). Das wurde nur korrigiert, weil es irgendwem auffiel. Und da fragt man sich, wie oft sie noch damit auffallen wollen, rot-grün besser zu stellen als eine ungeliebte/verhasste Partei, die besser dasteht. Dabei lieferten schon vorher die Steilvorlage, Diagramme genauer zu betrachten. In der Verzweiflung vergessen sie offenbar ihre eigenen Warnungen vor desinformativen Statistiken und Diagrammen.
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Caren Miosga hatte offenbar einen Auftrag wie auch eine persönliche Motivation. Mit aufgerissenen Augen, aggressiv vorgebeugt und sichtlich unruhig saß sie Sahra Wagenknecht gegenüber, versuchte von Sekunde Eins an, die Spielregeln in einer weltrekordverdächtigen Niveaulimbo-Sendung vorzugeben und ihre Gesprächpartnerin auf diesem Niveau auch grillen zu wollen. Selbst gibt sie sogar zu, die Sendung nur auf „Stilfragen“ zu beschränken. Und macht sich dadurch selbst zu Stillosikone par excellence. Ernsthaft wärmt sie olle Kamellen auf und will Wagenknecht auf „Personenkult“ und Fanshop-Artikel festnageln (als gäbe es das nicht bei SPD oder Grünen). Noch bescheuerter geht es kaum – aber Miosga setzt noch einen drauf. Allen Ernstes will sie Wagenknecht bloßstellen, indem sie ihr vorwarf, keine Tafel besucht zu haben („wir haben gegooglet und nichts gefunden“), obwohl sie sich doch so für Bedürftige und Geringverdiener einsetzt. Ich weiß nicht, ob beiden das bewusst war, aber was passiert, wenn man doch bei der Tafel den Kurzzeitwohltäter raushängen lässt, durften schon Söder und Wüst erfahren. Solche Fettnäpfchen hat Wagenknecht bisher vermieden. Miosga hingegen zeigt hier zweierlei: dass das BSW nun auch dem Estabishment schaden kann, wenn es sich nicht ihm andienen will, und dass die Partei noch zu frisch im Geschäft ist, dass man mit solchem Bullshit wie Personenkult und Tafelbesuchen ankommen muss. Ganz zu schweigen vom völlig verblödeten Versuch der „Caren Miosga Talkshow GmbH“, Wagenknecht wegen ihrer Nebeneinkünfte bloßzustellen. Für Miosga brachte diese einzelne Sendung ungefähr so viel ein wie ungelernte Hilfskräfte in einem halben Jahr nicht verdienen. Das soll jetzt das BSW-Barbeque gewesen sein. Auf Miniflamme kann man nur leider niemanden grillen. Nur anheizen.
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Dass beim Spiegel schon länger Hopfen und Malz verloren ist, wissen wir. Eine Spaltung der Leserschaft hat das Magazin schon 2014 zustande gebracht, Relotius ist einigen Menschen heute noch geläufig. Dass man heute den Eindruck hat, es säßen lauter Relotiusse im Hamburger Verlagshaus, ist schon bemerkenswert. So darf nun die stellvertretende Chefredakteurin Melanie Amann durch besagte Talkshows tingeln und ihren Realitätsverlust ungefiltert verbreiten. Bei Sandra Maischberger zeigte sie dann, wie das aussehen kann, gibt zu Protokoll, gar nicht oft in Hamburg anwesend zu sein (sie wohnt nicht mal dort) und will Tagesschau-Rentner Ulrich Wickert trotzdem für dessen Aussage maßregeln, in Hamburg hätte an bestimmten Orten die Gewalt derart zugenommen, dass sich Frauen abends nicht mehr hintrauten. Faktisch relativiert sie – oder leugnet gar – eine schleichende Entwicklung der Zunahme an Gewalttaten. Anders ausgedrückt: Sie weiß offenbar aus der bequemen Ferne etwas besser als alle anderen, unterstellt „anekdotische Evidenz“, nutzt dazu selbst gar keine Evidenz und nur die Kontaktschuldtrennlinie, die sie selbst definiert und zieht. Wir empfehlen: selbst machen. Vor Ort gehen. Berichten, was ist. Oder gleich aktivistisch mitwirken. Und nicht darüber in Podcasts schwelgen, welche Hochgefühle dich im Regierungsflieger überkommen.
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Etwas, was ich schon beim letzten Roadtrip verlinkt hatte, ist so archetypisch für eine Depression in Krisenzeiten. Wenn Journalisten „Vergesst es!“ rufen – wird es dann nicht Zeit, sich schleunigst etwas anderes zu suchen? Wer Krisen nicht angehen will und wie bei der Zeit den Kopf in den Sand steckt, sollte dringend einen Branchenwechsel anstreben.
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Neben Böhmermann, der ebenfalls ein Problem mit seinem Tätigkeitsgebiet hat, ist nun Florian Schroed(ing)er im Aufbau als neue Gutmenschenikone, wenn er schon im Spiegel Gastbeiträge veröffentlichen darf. Hier schließt sich der Kreis, und darin dreht man sich moralisch, bis ihnen schwindlig wird. Nach „Blinddarm“ und „Ratten“ sind wir schon wieder bei „behinderten Tieren“ angekommen. Damit kann man sich nur sehr schlecht hinter dem „Satire“-Begriff verstecken – außerdem hat Schroeder aus seiner Zeit als Somuncu-Sidekick offenbar nichts gelernt. Da passt auch das Gedankenspiel vom typischen Schwaben, der wie viele andere auch nach Prenzlauer Berg auswandert und dort sozialisiert wird – dann kommt halt das typische Stadtteilgeseier raus, Moral und Doppelmoral inklusive.
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Böhmermann ätzt gerade noch mit bei der Migrationsdebatte – auch hier wieder die rote Linie, der man nur folgen muss: Zeit, Gastbeitrag (2021 war das noch eine Podiumsdiskussion, wenn Sie sich erinnern), Diffamierung bestimmter Gruppen, weil die realpolitischen Dringlichkeiten von ihnen einfach nicht erkannt geschweige denn akzeptiert werden wollen. Jetzt noch ein Video obendrauf, in dem zum Ausdruck kommt, wie engstirnig man sich im Endstadium geben kann. Darin trägt er übrigens einen Wollpullover um die Schultern (Döp!). Keine Ahnung, ob das eine optische Provokation war oder unüberlegt. Man kann bei ihm beides vermuten.
Sie sehen: Das bange Hoffen hat nur wenig genützt. Hoffen, dass bei ihnen endlich der Groschen gefallen wäre, irgendwas wenigstens. Diesen Adhoc-Aktionismus mit neuen Abschiebeplänen kann ich nicht ernst nehmen, es wirkt wie ein lustloses Herumfummeln an Dingen, die man nicht vermeiden kann, aber tun muss. Schmutzarbeit, die man im Bürostuhl und im Ministersessel zwar ignorieren kann, aber schnell den Betrieb lahmlegt, weil niemand sie mehr macht. Sie reden immer noch um den heißen Brei. Dabei müssten sie endlich sagen und tun, was man selbst nicht hören will und was eben die Griffel verdreckt. Das mag zwar die weiße Moralweste beschmutzen, aber so langsam kommen sie nicht mehr drumrum. Und trotzdem klagen sie weiter (an), ohne eine Evidenz machen sie immer so weiter, unter denselben Labeln und Flaggen, bis zu den übelsten Methoden fehlender Fairness.
Vielleicht sollten sie wirklich hinschmeißen, verantwortliche Positionen abgeben und denen überlassen, die diesen Aufgaben gewachsen sind. Die nicht gleich aufgeben und dann noch anderen die Schuld dafür geben, dass nichts klappt. Aufgeben, das kommt für sie paradoxerweise doch nicht in Frage – aber nur beim Klammern an ihre Positionen. Inhaltlich kommt da nichts mehr, davon können wir fast ausgehen. Messwert gleich null. Dagegen der Geräuschpegel, der allmählich in den Ohren schmerzt, und das ist wirklich nichts für die Allgemeinheit. Geschweige denn gesund.
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epikur (ZG Blog) (Montag, 16 September 2024 20:26)
Ja, die Nerven der Moralisch Erhabenen liegen offenbar blank. Dennoch verspüre ich kein Gefühl der Genugtuung oder kann mich entspannt zurücklehnen.
Ich befürchte, sie werden nicht implodieren oder sich de-maskieren, sondern ihre autoritären und antidemokratischen Einstellungen und Handlungen noch verstärkter auffahren.
Das wird Niemanden groß stören, weil sie ja "die Guten" im Kampf gegen "die Bösen" sind. Da muss man eben auch mal die demokratischen Spielregeln brechen, wenn man gewinnen will - so der Habitus.
Polemicer (Dienstag, 17 September 2024 05:57)
@epikur
Zurücklehnen würde in dieser Phase tatsächlich zum Kotau werden, dann hätten sie sich bestätigt gefühlt. So aber eskalieren sie sich bei aller Widerrede ins Reich der Doppelmoral, die immer offensichtlicher wird. Deswegen ist es wichtig, immer zweierlei zu reden und zu widersprechen. Sie zu Dingen treiben, die undemokratisch werden, und so wie sie sich ständig in den Grenzregionen bewegen, sich hinter ihrer Schönrederei verstecken, wollen wir ihnen doch den Gefallen tun, mal mit ihrer wahren Meinung herauszuplatzen.
Siehe Bürgerrat: der ist jetzt die nächste scheindemokratische Methode, indem man die Meinung "von unten" simuliert. Rot und grün plärren jetzt ständig danach, was schon auffällig sein sollte. Natürlich ist das Ganze stiftungsfinanziert wie die sonstigen "Events" wie Demos gegen rechts oder was auch immer in letzter Zeit als Aktion so vor sich hergetragen wird.
Pascal (Samstag, 21 September 2024 07:35)
Naja, demaskiert sind sie eigentlich schon, sie wollen es bloss nicht wahrhaben.
Und genau das macht sie von mir aus gesehen so gefährlich: der drohende, nicht mehr verleugbare Gesichtsverlust. Und dieser wäre zwangsläufig das Ergebnis, wenn sie beginnen würden, aus eigenem Antrieb den Rückwärtsgang aus der ideologischen Sackgasse, in welche sie sich mit Anlauf und Vorsatz reinmanövriert haben, einzulegen.
Und das Ampelpersonal steckt nicht nur in einer ideologischen Sackgasse fest, sondern in vielen, thematisch völlig unterschiedlichen zugleich: Covid, Ukraine, Klima, Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit und der False flag 'Kampf gegen rechts'.
Jede Gelegenheit, als sich kurzzeitig Ausstiegsmöglichkeiten aus dem jeweiligen Szenario ergaben, blieb ungenutzt, in der Regel wurde genau dann nochmals zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. Sie wissen das, sind aber hinsichtlich ihres eigenen Scheiterns ebenso realitätsentfremdet wie bei all den Themen, die sie ideologisch borniert um jeden Preis durchpeitschen, so dass keine andere Wahl sehen, einfach genau so weiterzumachen.
Es sind Geisterfahrer.
Wenn man aber zugleich sieht, dass jemand wie Pistolius in der Bevölkerung als einer der beliebtesten Politiker angesehen wird, brauchen wir gewiss nicht darauf zu hoffen, dass es nach Scholzens Gurkentruppe besser werden wird, eher das Gegenteil.
Ob Blackrock-Merz oder Kriegstüchtig-Pistolius: alles deutet auf den grossen Knall hin.
Polemicer (Samstag, 21 September 2024 07:49)
@Pascal
Ja, das ist gleichermaßen tragisch wie gefährlich. Das ist aber nicht nur ein deutsches Problem, wenn man noch das EU-Monster als ersten Endgegner betrachtet. Hier sind die Verbindungslinien viel zu deutlich, und die Laien-Ursel steht dem noch weit drüber. Allerdings gibt es bzgl. Brüssel nur das Sonneborn-Mäuschen-spielen, wie sehr hier deren Agenden uns in Europa auch nationalstaatlich dominieren. Den deutschen Vasallenstatus kann man dabei fast vernachlässigen, die bücken sich sowieso vor allen, um "dabei" sein zu dürfen. Was Merz bzgl. EU tun würde, weiß ich nicht, aber er ist schon zu oft umgefallen, um eine Hoffnung zu haben, sich von dem Apparat mal zu emanzipieren geschweige denn sich der US-Hörigkeit zu entziehen. Das sollte man bei der CDU sowieso nicht erwarten, also drehen wir uns unendlich im Kreis. Schleichend, aber sichtbar kann es nur auf den großen Knall hinauslaufen, nicht nur, weil das westliche System droht zu kollabieren, sondern weil man einfach nicht gewillt ist, etwas grundlegend zu verändern.
Pascal (Samstag, 21 September 2024 22:41)
Ja, völlig klar, die CH ist genau auf demselben Trip mit unserer aktuell amtierenden Bundespräsidentin in Personalunion als Verteidigungsministerin, für die die 24h am Tag nicht mehr auszureichen scheinen, um der NATO und der EU ständig tiefer ins Rektum zu kriechen. Es ist unglaublich, was hier bei uns gerade passiert. Und wie in D hofieren auch die Schweizer Medien diese Politik mit grösstmöglichem Eifer.
Auch das kennen wir schon spätestens seit Covid, als Ringier und Tamedia im Bundesamt für Gesundheit gleich die Pritschen aufgeschlagen haben, um zeitnah ihre Massnahmen- und Impfforderungssalven auf die Bevölkerung abzufeuern.
Vielleicht haben wir durch eine Verkettung glücklicher Umstände noch die Chance, dass das bankrotte westliche Wertesystem an seinen inneren Widersprüchen zerschellt, bevor es die Welt in Brand gesetzt hat.
Vielleicht kommt uns auch die Natur bzw. die Sonne zur Rettung. In diesen Wochen erreicht die Sonne ihr 11-jähriges Aktivitätsmaximum. Ein neuerliches Carrington-Ereignis wie 1859 würde unsere moderne Technik zum grossen Teil irreversibel zerstören, was sicherlich fatal wäre, aber zumindest auch all die dystopischen Zukunftsszenarien auf einen Schlag aus der Welt schaffen würde.