Ein herzliches Dankeschön geht raus an Oliver Driesen für seine aufrichtige Rezension! Er hat sicherlich recht, dass es schwierig ist, ein Buch mit dem Versprechen einer Ich-Erzählung im Text nur rudimentär wiederzufinden. Gleichzeitig kann es verwirrend sein, gleichzeitig ein "Outing" anzukündigen, man sich aber nicht wirklich zu erkennen gibt. Irgendwie stand ich aber vor der schwierigen Wahl, eine persönliche Ich-Erzählung zu wählen, wenn nicht diese komplexe Sachlage ausreichend beleuchtet würde. Also ist es mehr Sachbuch denn Autobiografie geworden, auch weil ich der Ansicht war, dass ich nicht ständig und ausschweifend Gefühle beschreiben oder inwiefern ich mich positionieren wollte (ich denke, das liest sich auch zuweilen heraus). Eine übergeordnete Motivation, einen Schlachtplan, hatte ich schlicht nicht. Man wusste in den Pandemiejahren nicht, was kommt, vermutete teilweise nur, stellte sich ständig auf neue Härten ein. Und das hat mehr Text eingenommen als alles andere, weil auch die Beschlusslage ständig anders war. Und das war mir wichtiger als mich selbst zu beschreiben, wenn man sowieso an Leute gerät, denen deine Befindlichkeiten egal sind. Und ich glaube, dass ich es anders angegangen bin als viele, die ihren Hintern auch schön hinhielten, damit sie einen verprügeln und man damit auch hausieren gehen konnte.
Schielt man rüber zur konservativen Blogecke wie bei Danisch, verdichten sich zweierlei Einschätzungen zum Umgang Linker mit der AfD bzw. dem Rechtsruck. Entweder machen sie jetzt dasselbe wie ich, als ich zu Corona-Zeiten schon ans Auswandern gedacht hatte, oder manche intensivieren ihren "Demokratieverteidigungsmodus" mit der nächsten Stufe von Repression, die da heißt: Gewalt. Egal, wie die aussieht. Denen ist jetzt wohl alles egal, da können sie noch so sehr von "nur im Notfall" fabulieren. Der Schlachtplan klingt ähnlich wie man das jetzt schon miterleben muss, nur eine Stufe krasser.
Interessanter Name für eine Fallkollekte von Messerangriffen. Mal schauen, wie lange die Seite noch laufen darf, bevor an ihr an Exempel statuiert werden könnte.
Eigentlich sollte ich Ihnen lieber keine SPIEGEL-Artikel mehr verlinken, die man unter Umständen als grenzdebil bezeichnen könnte. Den, den ich Ihnen hier trotzdem präsentiere, ist ein widersprüchliches Ding - weil es abschnittsweise richtig erscheint, aber im oberen Teil nur den Hamburger Verlagsduktus bedient und somit völligen Unsinn verbreitet. Und da steht dann so etwas wie "arme Linke, die unbescholten abgestürzt sind, weil auch die Wagenknecht schuld ist" (was im Artikel dann auch nicht konkret benannt wird, sondern fast passiv-aggressiv). Nein, Frau van Dyk, die Linke ist kein Opfer. Die Linke hat sich selbst ausgeknockt, weil sie sich grüner geben wollte als die Grünen. Und nicht nur die Hinterwäldler wollen nicht mit identitätspolitischem Blödsinn behämmert werden, die wählen sowieso öfter CDU und konservativ. Die wollen das, was Linke gar nicht mehr zu ihrer Parteiagenda machen wollten, weil es plötzlich angeblich von der AfD gekapert worden wäre. Das ist weniger "altlinke Hegemonie", sondern die Verweigerungshaltung neolinker Strömungen gegenüber basischer Anliegen vieler. Und eine völlige Fehlleistung gegenüber einer streitbaren Person, wenn nicht gar die prominenteste, gnadenlos abgesägt, bis sie selbst die Segel strich. Nun bekommt sie auch die Rechnung präsentiert, wie ihr "Neuanfang" von der Wählerschaft wahrgenommen wird.
Dieser Zeit-Artikel zeigt ein Dilemma, in dem sich das Estabishment befindet: Wenn zu viele Probleme aufkommen, fühlt man sich irgendwann überfordert. Klar, kann ich sogar nachvollziehen. Aber sind staatstragende Probleme nicht einfach wegzuschieben, denn sie bleiben und werden schlimmer, wenn man sie nicht angeht. Zu sagen: "Vergesst es!", kann nur ein Versagen darin sein, jedes hoch gesteckte Ziel am echten Diskurs schwinden zu sehen. Doch wer nun die Vogel-Strauß-Taktik anwenden will, soll eben den Mund nicht so voll nehmen und sich dann beschweren, wenn nichts, aber auch gar nichts zu seinen Gunsten verläuft oder man der Bevölkerung schadet. Und das sind der Reihe nach alle aktuellen Themen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen: Flüchtlingspolitik, Corona-Aufarbeitung, Kriegsgefahren, und, und, und. Der Artikel ist auch so typisch mainstreamig in seinem Personenkult gehalten, klammert sich etwa an Kamala Harris, die ihren Trump´schen Abwinker in einem Interview durchaus zurecht ausspricht. Das hat aber nichts mit Sachthemen zu tun, die winkt man nicht einfach ab, wenn eine ganze Bevölkerung ihren Wohlstand und ihr Sicherheitsgefühl verliert und sich einer Problemschaffungspolitik ausgesetzt sehen muss.
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