Man kann Stand heute schon von einem Hype sprechen, der uns noch länger beschäftigen wird. Superhelden-Outputs gehen Hollywood und Co. bisher noch nicht aus, die Kuh ist wohl noch nicht genug gemolken, was natürlich auch am Konsum liegt, der Produktionskosten im dreistelligen Millionenbereich auch heute noch rechtfertigen mag.
Den Hype angestoßen hatte allerdings kein klatschbuntes Effektgewitter aus der Marvel-Schmiede, sondern die auffällig unprätentiös gefilmte Batman-Reihe der Nolan-Brüder, denen man ja heute quasi aus der Hand frisst. Da ließ sich auch die Spieleentwickler-Branche nicht lumpen, nutzte die Rechte bei Rocksteady/Warner und bastelte eifrig an einem Open World-Spiel, das der Marke und dem Comic-Universum des dunklen Ritters eine passende Huldigung verpassen sollte.
Das ist praktisch wie tragisch, denn die Storytiefe der genannten Nolan-Ableger kannst du im Spiel vergessen. Bösewichte gegen Batman - mehr ist es eigentlich nicht. Ausstaffiert mit den üblichen Spirenzchen aus den Comics verbannt man gar das einzig erzählerisch Interessante in Tonbänder und Dossiers zum Selbersammeln. Joker hat finstere Pläne, lässt sich einsperren, übernimmt die Gefängnisinsel Arkham Asylum, Batman muss ihn stoppen, weil sonst wird’s schlimmer, blablabla, jadajadajada.
Den Hauptplatt... äh, -plot hat man in gefühlt der Länge eines Shooters von 199x durch, man setzt nur mehr auf das Jäger- und Sammler-Prinzip, dass zum Schluss 30-40 Spielstunden zusammengekommen sind. Und das ist mal wieder das Tragische im Spielemetier, wenn zwar viel Aufwand in Sprecher, Storytelling und Acting investiert wird, jedoch ähnlich hirnschonend wie einstige 8-/16-Bit-Prügelspiele präsentiert wird.
Praktisch ist indes der Rest. Das Spiel lebt von seiner 3D-Prügelmechanik und den bekannten Gadgets, mit denen man sich kreuz und quer durch die Insel schwingen, batarangen, seilwinden und fliegen kann. Ja, das macht verdammt viel Spaß. Ja, damit kann man jede Ecke der Fakultäten abklappern, wenn man das nötige Rüstzeug hat. Und ja – ich lasse mich trotz des Blabla gerne bis zum Schluss mit der Karotte vor der Nase durch die Manege führen. Irgendwann hat man den Gürtel voll mit Spielzeug, und irgendwann kommt man auch in jedes Eckchen, um etwa Riddlers Fragezeichen einzusacken. „Backtracking!“, heult es aus Rezensionsmündern. Da ist sicherlich was dran, aber egal; so groß ist Arkham jetzt nicht, dass man Sonderschichten fürs Kilometergeld einlegen müsste.
Dass die Insel an sich schnieke aussieht, man aber durch den häufig gebrauchten Detektivmodus gar nicht mal so viel zu sehen kriegt, ist fast schon witzig. Das Game ist trotz seiner mittlerweile 15 Jahren auf dem Buckel immer noch hübsch, Unreal-Engine und die nötige Effektfassade machen es zu einer Comic-Look-Version deluxe, also irgendwie ja realistisch, aber auch wieder nicht konsequent genug. Ein Mittelding aus dem Anspruch, so realistisch wie möglich Welten zu bauen, aber den Comics entlehnten Figuren nur eine dritte Dimension hinzuzufügen. Die Soundkulisse ist teils nicht meins, dafür klatscht es umso schöner, wenn man sich durch die Gegnerhorden prügelt.
Und das Prügeln ist so etwas wie die Sonderaufgabe für Street Fighter-Geeks, die sich in einen Rausch kloppen wollen. Hat man den Bogen raus, kann man daraus ganz Freeflow-mäßig eine Tanznummer einstudieren. Wundern Sie sich also nicht, wenn bald Disney bei ihnen anklingelt, das Komparsen für die nächste Marvel-Kampfszene braucht. Nein, Scherz. Hollywood tut´s auch. Neee, auch nicht... aber als Olympia-Disziplin könnte es herhalten, wenn man von Hauptstory und Geheimniskrämerei noch nicht genug hat und sich an weiteren Herausforderungen der Marke „Prügeln nach Punkten“ versuchen mag.
Noch bevor die Open World-Manie zum Standard wurde, kann man sich als dunkler Ritter im Lizenz-Erstwerk von Rocksteady durchaus austoben. Doch wer mehr wollte, muss mehr Geld berappen und wird an den Sequelen noch mehr Querelen haben. Und die sind naturgemäß noch größer, variantenreicher und kniffliger.
Wertung: 8,0 von 10
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epikur (ZG Blog) (Montag, 22 April 2024)
Gerade die Scarecrow-Passagen sind bei "Arkham Asylum" ganz cool gemacht. "Arkham City" wird von den Meisten als bester Teil der Reihe gesehen. Ich finde es ganz nett, dass Batman hier eben keine Killermaschine ist, sondern die Leute nur verprügelt. Ist auch ein Statement gegenüber der Shooter-Industrie. Mir haben die Teile Spaß gemacht. Auf "Arkham Knight" hatte ich dann keinen Bock mehr.
Polemicer (Dienstag, 23 April 2024 06:28)
@epikur
Dass man sich nur aufs Prügeln beschränkt, liegt wohl per se an der Vorlage der Figur. "Arkham City" werde ich demnächst noch rezensieren, brauche aber auch mal eine Pause davon. Aktuell quäle ich mich durch einen meiner Allzeitfavoriten... :-)