Schon länger reden wir uns in allen möglichen Publikationsformen den Mund fusselig, welche Strategie zur Bewältigung von Krisen die richtige wäre. Oft geht es mehr darum, das Inhaltliche ins Alternativuniversum auslagern zu müssen, weil man in den Machtetagen stur weiter den Stiefel weiterfährt und auch inhaltlich stark überschaubar ist. Statt es gewinnbringend anzunehmen, was wir hier in den ausgelagerten Sphären zu sagen haben, ist man dogmatisch derart verpolt wie verpeilt, dass man nach so langer Zeit keine Lust mehr hat, das so oft zu wiederholen und wenigstens bei manchen Aufmerksamkeit und Verständnis zu erreichen.
Das Schlimmste daran ist das Vorhandensein von Doppelmoral. Ich erwähne die auch immer wieder, weil es schlicht zum Haareraufen ist, sie ständig wiederzufinden. Doppelmoral macht vieles kaputt und führt zu einer Kollektivdiskriminierung von bestimmten Meinungen. Nur ein Beispiel: Wenn offenkundig wird, dass man linksextremistische Strömungen oder Gewaltakte, etwa durch Verschweigen, durchwinkt und gleichzeitig Rechtsextremistisches empört anprangert und dazu noch gleich zum „strukturellen Problem“ ernennt, ist das nicht nur unfair einer moderaten Meinungsbubble gegenüber, sondern auch zutiefst heuchlerisch.
Wie will man denn die eigene Doktrin von „Menschlichkeit“ aufrecht erhalten, wenn man sich nicht über Banner mit der Aufschrift „AfDler töten“ empört? Wie will man „Demokrat“ sein, wenn man staatlich-totalitäre Maßnahmen gutheißt, die immer größere Bevölkerungsanteile quasi vor der Tatverübung zu Tätern macht?
Oft vermutet, kann man dies nun auf eine These herunterbrechen, die lakonisch besagt: Alles, was nicht nach neuer Definition links ist, ist rechts. Noch banaler geht es gar nicht. Also ist die Hälfte der Bevölkerung, die stramm konservativ oder nur ein bisschen „rechtsoffen“ sind, pauschal rechts. Also auch nach deren Dünken schwammig rechts, da kann man gleich alle zu Rechtsextremen machen, weil „rechts“ nach heutigem Duktus alles Mögliche bedeuten kann - um am besten gleich das Schlimmste anzunehmen. Wenn selbst Altlinke heute „rechts“ sind, was ist denn überhaupt noch links? Prinzipiell muss man dies dann anders angehen und betrachten, dann ist „links“ das, was aus dem Mündern der Deutungshohen kommt. Da vernimmt man etwa dieselben Aussagen von den Kiesewetters wie Hofreiters gleichermaßen wie gleichklingend. Überall drängen sie in der Vordergrund, befruchten sich ideologisch gegenseitig, und so landet man schnell bei den Mailabs, Böhmermanns, Bosettis als weitere Akteure des Mainstreams und seiner Programmatik - die einen als Ideengeber, die anderen als die Schwadrone der ekelhaften Rhetorik gegenüber der kritischen Masse.
Man kann Stand heute tatsächlich von der kritischen Masse sprechen, weil die alte Rechnung immer noch aufgeht. Wenn ein bestimmter Prozentsatz der Meinungen gegen Systemik oder Machthaber auf die Straßen geht, hat die Macht ein Problem. Wenn ein Machtgefüge komplett oder zu tendenziell links oder rechts gepolt ist, braucht es dringend eine einhegende Gegenströmung, die auch noch akzeptiert wird. Sonst ist es kein demokratischer Pluralismus mehr, sondern gipfelt in einem sonst wie gearteten, autoritären System, das wir hierzulande gleich mehrfach durchgemacht haben. Drittes Reich und DDR. Und wie Terrorismus aus beiden ideologischen Lagern der Nachkriegsdemokratie zusetzte. NSU und RAF.
So weit, so bekannt.
Allmählich kippt da aber etwas, und das ist kein eigenmotiviertes Umsturzdenken ohne Grundlage. Es ist schlichtweg eine Reaktion. Eine von vielen Reaktionen, die man „rechts“ bisher so handhabte, mündlich und bis jetzt noch relativ unaufgeregt zu kritisieren. Inhaltliches angesprochen und immer wieder gegen Mauern geprallt. Immer schriller und unsäglicher mit Etiketten belegt, die auch mit jeder Krise eine eskalierende Diabolisierung der Begriffe zur Folge hat. Vor noch vier Jahren waren es irgendwelche „Leugner“, was auch schon eine Übertreibung gewesen war. Und auch völlig ungeachtet der Tatsache, dass die allerwenigsten etwas wirklich leugneten, weder Klimaveränderungen noch ein Virus, wird nun selbst die Skepsis und Kritik der Leugnung gleichgesetzt. Kaum jemand hat wirklich zugegeben, etwas zu leugnen – da kommt die „progressive“ Bubble um die Ecke und behauptet genau das.
Die Strategie ist im Gesamtbild dieselbe. Themen werden verkürzt, ausschnittsweise und ideologisch vorsondiert angegangen, und alles, was in der Debatte fehlt, rhetorisch vergiftet und mit einem Drohzettel versehen: „Wenn Sie xy sagen, werden Ihnen Konsequenzen drohen.“. Und es sind nicht nur leere Drohungen – sie machen ernst. Noch sind es die subtilen Methoden, noch sind Gewaltakte einzelne Ausreißer, die man lieber von sich weist. Doch wenn das gesellschaftliche Klima als Ganzes und Solches in Dauerdrohungen und apokalypischen Ideen getränkt ist, braucht man nicht zu denken, dass das alle einfach so hinnehmen.
Also passiert jetzt das, was unweigerlich immer passiert, und in einer Demokratie mit digitalen Verbreitungsmöglichkeiten geht das gar schneller vonstatten als Machtmenschen das gerne hätten. Bauern lehnen sich auf. Einzelne, abgewiesene Fachkundige trauen sich in anderen Mediengefilden, den Mund aufzumachen oder warten, bis sie dem institutionellen Kodex nicht mehr unterworfen sind. Bürger lassen sich nicht noch weiter in die Verzichtsspirale treiben. Unternehmen haben ebenso diese Reglementierungspolitik satt und reden offen über die Staatsflucht. Und so weiter und so fort.
Alles, was sind nun entwickelt, ist keine fixe Idee. Es ist auf vielen Ebenen die Dynamik des Trotzes und der Reaktanz. Ob das nun offen mit Gülleaktionen oder ein innerer Widerwille ist, muss man in dieser Form nicht mehr unterscheiden. Es ist eine neue Ebene des Reagierens bei so viel Sturheit in den Machtetagen, also ganz simpel ausgedrückt: „Sowas kommt von sowas.“
Es ist eine einfache Antwort auf die Fragen, die man sich zuweilen im Mainstream stellt. Alleine, dass sie nicht erkennen, warum plötzlich die Grünen so verhasst sind, zeugt nicht gerade von Wissen und Erfahrung, wo es am nötigsten wäre. Vielleicht herrscht immer noch die Falscheinschätzung vor, die Grünen wären immer noch die Fundis von einst, die man schrullig in Erinnerung hatte, ein bisschen nassforsch drauf und ein bisschen verträumt. Also sympathisch sonderlich. Heute ist davon nur noch wenig übrig. Das liegt aber nicht ausschließlich an einer aus dem Nichts veränderten Wahrnehmung der Bürger. Aktion-Reaktion ist hier das Prinzip, das greift, und nicht die Mär der Unschuld vom Lande, die von bösen Missgönnern drangsaliert würde.
Jetzt sind sie die Gestalter, die Mächtigen. Und werden daran bemessen, was ihnen einerseits vorschwebt, wie sie das erreichen wollen und welchen Mehrwert das für alle hat. Und was unterm Strich herauskommt, ist eben nichts Gutes, Sicherheit gebendes, Bewahrendes oder schlicht positiv Aktivierendes. Darüber hinaus vergrault auch das Drängende und bei Ablehnung die gezückte Gesetzeskeule. Sie verändern zumeist nur ihre Verteidigungsstrategie, bis sie ganz hufeisenmäßig unbewusst im Angriffsmodus sind, aber es nicht mal selbst erkennen. Das ist mittlerweile so weit gediehen, dass man in allen Lagern das allgemeine Wohlwollen völlig abgestellt hat.
Und egal wie sich das nun entwickelt, ob wir noch bei Gülleaktionen oder irgendwelche „Stürme“ auf staatliche Institutionen bezeugen, ist mir mittlerweile egal. Denn der Widerstand ist richtig. Ist nötig. Sollte irgendwer irgendwem in der Hitze des Gefechts Gewalt zufügen, ist mir das mittlerweile auch fast egal, was danach passiert. Der Gewaltausübende sollte nur eines nicht tun, nämlich den ersten Schlag setzen und es nicht erst Tage später tun. Wenn wir also wieder mal von Spacken beschimpft werden, schimpfen wir zurück. Wenn uns jemand verprügeln will, prügeln wir zurück. Nur wenn wir Tote zu beklagen haben, sollten wir uns zügeln – denn im doppelmoralischsten Deutschland aller Zeiten wird ja die Ideologie darüber entscheiden, welche Gewalt gut und welche schlecht ist. Das würde ihnen nur in die Hände spielen. Und diesen Gefallen sollten wir ihnen in dem Ausmaß nicht tun.
Es gibt ja immer noch demokratisch gesetzte Grenzen, die man einhalten sollte. Sollen die anderen sie überschreiten und sich auch noch gut dabei fühlen, dann erledigen sich die Dinge auch irgendwann von selbst. Da lohnt es sich fast wieder, sich die Fusseln im Mund noch fusseliger zu plappern. Drehen wir den Spieß doch einfach mal um und provozieren es so sachlich wie möglich herbei, bis bei ihnen die hässliche Fratze endlich zum Vorschein kommt (was es ja auch nachweislich tut). Klar, es ist ein hässliches Kalkül, aber irgendwann hat man genug davon, ihnen die Hand zu reichen.
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Pascal (Freitag, 01 März 2024 10:09)
Die politische Linke war und ist von ihrer Grundauffassung her immer gefährdet, leichtfertig auf die falschen Impulse anzuspringen. Das hat die Wirkmacht der woken Agenda ganz exemplarisch unter Beweis gestellt.
Man kann von den Konservativen halten, was man mag, aber immerhin konnte man sich über ganz lange Zeit immer sicher sein, dass Stringenz und Kohärenz in deren politischen Agenda gegeben ist. Von diesen klassisch Konservativen gibt es aber auch nicht mehr allzu viele.
Roberto von den Neulandrebellen hat das kürzlich ganz treffend erfasst, als er feststellte, dass Merz, trotz des gut gepflegten Images eben kein Konservativer, sondern ein Liberaler bzw. Neoliberaler sei.
Merz, wie die meisten anderen in der CDU sind auch nur weitere Anywheres mit etwas konservativem Makeup, aber sie vertreten nicht die Interessen der grossen Mehrheit der Somewheres.
Dass wir übrig geblieben Altlinken nun mit Entsetzen feststellen, was aus unserer politischen Heimat und Herkunft geworden ist, ist wirklich bitter und sollte uns eine Warnung für die Zukunft sein. Es war ein gewaltiger Fehler, uns ständig an den vom Verständnis her wirklich Konservativen abzuarbeiten und gleichzeitig, zu willig mit diesem liberalen Ungeist zu paktieren, der sich so unglaublich progressiv verkauft hat, aber den Totalitarismus, den wir dann spätestens mit der Corona-Episode zu spüren gekriegt hatten, bereits zuvor erkennbar in sich trug. Man hätte das sehen können, aber eben.
Vor den Schweizer Parlamentswahlen im letzten Herbst hat die Aktionsplattform Campax riesen Kampagnen für 'progressive' Kandidaten gefahren und dabei massiv und auf die im linken Spektrum übliche undifferenzierte Weise gegen die SVP geschossen. Auf eine solche Mail, die bei mir reingeflattert ist, habe ich dem Autor geantwortet und ihn um eine Präzisierung seiner Auffassung von 'progressiv' gebeten, wobei ich zugleich seine Argumente entsprechend als wenig progressiv werthaltig zerpflückt habe. Eine konkrete Antwort blieb wie erwartet aus, allerdings hat man es nicht unterlassen, mich von ihrem Mailverteiler auszusperren.
Diese so unglaublich progressive Agenda von Campax kann man aktuell hier bewundern:
https://www.instagram.com/p/C3uY4XHK4ou/
https://www.instagram.com/campaxorg/p/C3k09jDNQCA/
Und wie sollte es anders sein, mischen an vorderster Front namhafte Exponenten der Sozen und der Grünen mit. Was von der GSoA zu halten ist, hat sich dabei nun auch in einem Aufwisch abschliessend geklärt. Fehlt nur noch das 'Slawa Ukraini'.
Was uns Altlinken heute noch bleibt, ist, dass wir uns an die klassisch Konservativen halten. Auch wenn das unangenehm ist, sind diese die einzigen, die noch einen massgeblichen Einfluss geltend machen können, um diesem woken Treiben entgegenzuhalten. Dabei war neulich das Gespräch auf Inside Paradeplatz mit Oskar Freysinger, einem SVP-Mann sehr aufschlussreich und zugleich ein wirklich erfrischendes Erlebnis.
https://insideparadeplatz.ch/videos/den-kindern-das-handy-verbieten-waere-schon-mal-eine-gute-sache/
Trotzdem störe ich mich nach wie vor daran, dass man das Treiben von Sozen und Grünen weiterhin als 'links' bezeichnet und daraus dann 'Linksextremismus' entsprechend mit umdefiniert. In den frühen 2000er wäre es doch undenkbar gewesen, dass wir Autonomen mit der Antifa FÜR die Regierung Position ergriffen hätten! Undenkbar! Wir hätten uns wegen Dingen wie der Masken- oder Impfpflicht mit den Bullen Strassenschlachten geliefert.
Und wo stehen wir in der Sache nun hier und heute?
Das steht alles viel weiter rechts als die allermeisten klassisch Konservativen. Hier rächt sich diese seit Jahren medial kolportierte angebliche Diskursverschiebung nach 'links'. Man hat Merkels Politik als links geframt, mit absurden Begründungen, und das hat wirklich ganz wunderbar funktioniert, obwohl jedem kritischen Geist klar sein musste, dass in Merkel keine einzige linke Faser vorhanden ist.
Bleibt die Frage, ob wir Altlinken uns diese ursprünglich politisch linke Sphäre wieder zurückerobern können. Das dürfte zumindest sehr, sehr schwierig werden.
Holger (Freitag, 01 März 2024 10:20)
Auf Arbeit läuft mittlerweile der größte Teil der Leute mit der geballten Faust in der Tasche herum. Zu viele Meldungen über Arbeitsplatzverlagerungen ins billigere Ausland gehen herum, und lassen die Sorgen anwachsen.
Hat man nächstes Jahr noch einen Job? Kann man seinen Hauskredit noch tilgen? Wie hoch wird die nächste Strom- oder Gasrechnung?
Von der Politik kommt zwar ständig ein "Alles wird gut!", aber die ausführliche Erklärung, WARUM alles gut wird, oder wie genau das Endziel aussieht, wird nicht geliefert. Statt dessen kommt bei Rückfragen die Nazikeule. Und Repressionen.
Bisher kommen sie damit durch, denn sie haben da ein paar hervorragend abgerichtete Kettenhunde, die (scheinbar) frei von moralischen Bedenken Befehle von Oben ausführen, und Zweifler und Kritiker in die Mangel nehmen.
Aber irgendwann überspannen sie den Bogen so dermaßen, daß die Bevölkerung keinen anderen Ausweg mehr sieht.
Und dann gilt für die Kettenhunde das, was Terry Pratchett seiner Romanfigur Samuel Mumm in den Mund legte:
"Polizisten waren immer in der Minderzahl und konnten nur dann Polizisten sein, wenn es Bürger zuließen. Wenn den Leuten plötzlich klar wurde, daß Polizisten nur ganz normale Narren mit einem wertlosen Stück Metall als Dienstmarke waren, riskierten die Uniformierten, als Fleck auf dem Pflaster zu enden."
Wir erlauben es der Polizei Polizei zu sein. Weil wir bisher glaubten, daß sie zu unserem Schutz da sind. Der Eindruck schwindet aber von Tag zu Tag immer mehr.