
Diese "Current thing"-Geschichten gehen manchmal seltsame Wege.
Auch wenn man die Gemengelage in und um Gaza relativ differenziert betrachtet, ist der Mainstream trotzdem eifrig dabei, Israel und den Juden eine Blankovollmacht für ihre Rachegelüste herbeizuschaffen. Dumm nur, dass man sich in der Thematik lieber nicht zu eindeutig auf eine Seite schlägt, ohne selbst in die Zwickmühle von Shitstorms und Diffamierungen zu geraten. Kritisiert man den israelischen Vergeltungsdrang, ist man automatisch Antisemit. Ist man nur irgendwie pro Gaza, ist man für die Hamas, also islamistischen Terror. Heieiei, schwierig...
Christian Vooren hat jetzt die Lösung gefunden. Einen III.Weg quasi.
Linke hatten wohl noch ein Stein bei ihm im Brett, als die sich so eifrig gegen die bösen Querdenker aufgestellt hatten. Jaaaa, jetzt war es schon irgendwie blöd, dass die sich allzu deutlich pro Palästina äußerten (was aber schon immer so war), aber mit reichlich Whataboutism, Relativierungen und eigenen Pauschalhassbildern (Aiwanger mit Abstrichen, Rechtsextreme, Querdenker), verniedlicht die Vermengung linker Kritik an Israel und wirklichen Antisemitismus aus derselben Ecke oder ideologischer Brüder im Geiste.
Bei Querdenkern allerdings muss man nicht differenzieren. (Fast) alle rechts, also per se antisemitisch. Die haben sogar Judensterne getragen und verhöhnten somit das jüdische Leid von einst (was ich in der Symbolwirkung - vorsichtig ausgedrückt - problematisch fand). Liest man sich allerdings dieses Meinungspamphlet des Herrn Vooren durch, vermeine ich einen immer noch aktiven Hass auf die "Querdenker" herauszulesen, der sich in der Entwicklung der Coronajahre nicht verändert hat.
Lesen Sie zusätzlich den alten Artikel von 2021 noch mal quer (hihi!), der ihm einen Spitzenplatz in der Erinnerungskultur Ungeimpfter verschafft hatte. "Höchste Zeit, einen Keil zu treiben.", schrieb er damals wutschäumend und reihte sich so in die Wutkampagne ein, in der Ungeimpfte dafür herhalten mussten, dass die Heilsversprechen der Impfung gerade böse durch die Realität eingeholt worden war. Wir erinnern uns: es war die Zeit, in der man Weihnachtsmärkte wieder schloss, als selbst der Booster nicht für die Unverwundbarkeit Geimpfter gegenüber dem Virus sorgen konnte und halb Deutschland positiv getestet flach lag. In dieser Frustration kamen dann solche Artikel und Meinungskommentare zustande...
Der Frust muss bei Herr Vooren immer noch tief sitzen und nagen. Sich auf die aktuelle Lage in Nahost einzulassen ist jedem legitim, aber Herr Vooren war offenbar darin bestrebt, irgendeinen Sündenbock zu suchen, dem man alles in die Schuhe schieben kann. Also würgt man das eigene Hassbild hervor, das zumindest zeitweise breite Zustimmung fand, was ihn wohl innerlich aufbaute. Also knüllte er alles zusammen: Bhakdi, Hildmann, Rechtsextreme, Querdenker - fertig ist der lebende Mülleimer, in den man das eigene Dilemma bequem entsorgen kann.
Lerneffekt gleich null, der eigene Kompass zwischen wirklicher Hetze und legitimer Kritik schon lange vom eigenen magnetischen Dogmatismus verstellt. Das wird jetzt wieder deutlich, wenn man in billiger Manier den Joker der Sündenböcke aus der Schublade zieht - vor allem wenn das eigene Weltbild an gewisse Grenzen gerät, man sich nicht eindeutig positionieren kann und man aufpassen muss, sich nicht die Finger zu verbrennen.
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