Es war zwar abzusehen, dass diese Woche ein Aufhänger wie vom Montag dazu taugen würde, der neue heiße Scheiß im öffentlichen Debattenraum zu werden. Jedoch hat mich das Ausmaß ziemlich überrascht. Jede/r/ens zerreißt sich gerade wieder mal das Maul, ist empört, neigt zum dringend benötigten Konsum von Fake News, um die Empörung auch noch zu unterlegen und greift auch sonst zu Mitteln und Methoden, die man doch eigentlich gar nicht an sich angewandt haben will.
Natürlich rede ich von Wagenknecht und der anstehenden Parteigründung. Man muss ja schon im Vorfeld anmerken, dass das BSW noch keine Partei ist. Trotzdem hat man sich das riesengroß ausgedruckt, in die Menge gezeigt und von „Egotrip“ gefaselt. Steht doch im Namen! Bündnis SAHRA WAGENKNECHT!!!
Dabei finde ich – unabhängig von meinen Hoffnungen, die ich in die neue Partei stecke – schon die Historie, die jetzt zu dem Weggang von den Linken geführt hat, bezeichnend. Weil ich mich darin wiederfinde. Ich kenne das Gebaren, kenne auch die Leidensfähigkeit, das Zögern und Zaudern, wenn man trotz der Anfeindungen nicht einfach die Kündigung auf den Tisch knallt und sich damit noch zu betrügen versucht, da müsste doch statt des Hasses und der Ablehnung noch eine Restvernunft oder ein guter Kern in den Personen stecken, die einen gerade fertigmachen. Zumindest unterstelle ich Wagenknecht dieses Denken jetzt einfach mal, sonst hätte sie diese Tortur nicht so lange mitgemacht. Immerhin ist die Linke ihres Mannes Kind, und so auch das ihre die Jahre danach.
Menschen, die sehr viel über sich ergehen lassen, haben ja auch das Problem, dass sich die Gegnerschaft schnell an die Opfer-Täter-Dynamik gewöhnt und den Zustand mit zunehmender Dauer sogar als gewinnbringend für sich selbst empfindet. Wie das Snickers, das man morgens essen muss, weil der Blutzucker in den Keller gegangen ist. So stelle ich mir den Alltag in der Linken-Partei vor, als noch Kipping am Drücker saß und Waschlappen-Bernd das auch brav nachmachte. Dass sich nun, neben dieser „tollen“ Arbeitsatmosphäre, auch noch der Wokismus in der Partei durchsetzt, dürfte der letzte Sargnagel für sie bedeuten. Go woke, go broke.
Entgegen meiner ersten Einschätzung wird ja doch wieder mit sehr viel Dreck geworfen. Der Mainstream weiß zwar gerade nicht, wie er damit umgehen soll, zumindest hat er noch keine abschließende Haltung dazu geformt. Im Radio mal ein Pro-/Kontra-Einspieler, vorher ein Stimmungsfänger einer Veranstaltung in Halle, wo Wagenknecht zum ersten Mal konkreter wurde. Da fiel übrigens bei den Protestierenden, die man draußen befragte, das Wort „Volksfront“... Na? Klingelt´s? Die Offenheit, die man momentan im Volksempfänger suggiert, halte ich allerdings für wenig glaubhaft, weil es wahrscheinlich nur dazu dient, die Hoffnungen auf eine AfD-Stimmenreduzierung zu nähren.
Ach ja, die AfD. Da herrscht neben der Linken-Partei gerade höchste Alarmbereitschaft. Die sozialen Medien werden aktuell aus der ultrarechten Ecke mit Fakes und Hoheitsfloskeln geflutet. Es wäre spaltend, die Opposition schrumpfend, und im Grunde sieht man, wie man sich in den Jahren geradezu daran gewöhnt hat, die Altparteien zu einem Komplex zusammenzuknüllen und die AfD als einzig legitimes Gegengewicht zu zeichnen. In deren Köpfen ist schon das amerikanische Modell am Laufen – quasi Demokraten und Republikaner, die die einzigen relevanten Größen in dieser Müllpressendemokratie darstellen. Andere Parteien sind da gar nicht mehr präsent, zumindest nicht mehr erwähnenswert.
Die Fakes sind allerdings so billig, dass es auch nicht gerade dafür spricht, sich von der BSW zu distanzieren. Ein Fakeprofil postet etwas im Duktus, das belegen soll, dass da im Kern kommunistische „Funktionäre“ gerade den Umsturz planen würden. Dazu noch die Behauptung, sie wären für Impfpflicht, Massenmigration und solche Scherze. Klar, die ungeimpfte Wagenknecht, die auch die Linke wegen ihrer neuerlichen „Refugees welcome“-Spinnerei verlässt. Wer nicht erkennt, dass in diesem Post nur das drinsteckt, was AfD´ler hassen und nicht wollen, sollte bitte mal einen Grundkurs in Medienkompetenz belegen. Und den Blauen empfehle ich sogleich ein bisschen Gedächtnistraining oder spaßeshalber ein Seminar „Wie ich einen glaubhaften Fake und mich selbst nicht zum Affen mache“. Obwohl... lieber doch nicht, sonst wäre es ja nicht mehr so spaßig.
Fakt ist, dass der AfD gerade die Düse geht. Und jetzt packen ausgerechnet diejenigen, die Hubert Aiwanger bezüglich der SZ-Kampagne so tapfer verteidigt haben, eine ebensolche und noch stümperhafter aufgezogene herbei. Wir sind schon in den Gefilden angekommen, dass man mit Schimpfen und Ad-Hominem nur müde Reaktionen erntet, jetzt darf mal wieder der Kampagnismus ran – mit genau derselben Methode wie das Aiwanger-Pendant, das als „Jugendsünde“ relativiert wurde. Wagenknecht wird nun eine Aussage von anno dazumal um die Ohren gehauen, dazu auch noch offenbar verfälscht.
Okay, das ist jetzt dieser eine Ausschnitt im Empörium, den ich allerdings nur wieder wie eine Seifenoper sehen kann, mich mächtig amüsiert. Das typische Syndrom, die menschliche Zoonose der Vogelgrippe, wenn sie mal wieder aus den Routinen herausgerissen werden und wie aufgeschreckte Hühner Federn lassen. Im politischen und gesamtgesellschaftlichen Deutschland ist ständig Kissenschlacht bei Frau Hölle... Holle. Empörung, helle Aufregung, glühende Köpfe, Brüllaffengewitter – jedes scheiß Thema wird umgehend politisiert, polarisiert, pulverisiert.
Auch geil-o: Greta ist jetzt auch Nazi. Dieses ständige Hin und Her, alles nur abhängig von der jeweiligen Positionierung, und schon bist du entweder Nazi, antisemitisch, dann wieder muslimfeindlich, Nazi, egoistisch, unsolidarisch, Kommunist, egomanisch, Nazi. Manchmal denkt man, das Nazi-Gegröhle wird langweilig, also switchen wir jetzt auf Kampagne. Greta und FFF werden ja bekanntlich mit ordentlich Taschengeld bedacht, Grüne/SPD/Linke schieben sich ihr Taschengeld gegenseitig und zusätzlich unsere Steuern in den Hintern, klassischer Lobbyismus ist schon lange ein schwarzes Steckenpferd und Christian Lindner bekommt seinen Porsche direkt ab Werk. Selbst Wagenknecht und die AfD können nicht ohne. Man könnte allen eine Kampagne aufdrücken und wenigstens nur ein bisschen Verschwörung ans Licht zerren. Wenn man das denn so betrachten will, und häufig läuft das nach der Maxime, es selbst zu dürfen – die anderen nicht.
Nur ist das eben so in der Marktwirtschaft – wer was werden oder etwas bewegen will, braucht Geld. Wir brauchen Geld, wenn wir am Rastplatz Wasser lassen müssen, wir brauchen Geld, wenn wir uns im Nachbardorf eine Bratwurst plus Booster abholen wollen, wir brauchen Geld, wenn wir eine Partei mit all ihren Strukturen unterhalten wollen. Das ist systemisch nicht verwerflich, wenn man mit offenen Karten spielt. Tun aber die wenigsten, um ihren Moralinpegel hoch zu halten und wird automatisch heuchlerisch.
Selbst Böhmi schimpft über „reiche Wichser“ und hat selbst ein paar Millönchen auf dem Konto. Oder ist es nur der Neid, nicht selbst so ein Milliarden-Wichser zu sein? Immerhin hat er sein Snickers in der Tasche. Kampagne kann er nämlich, und das nicht zu knapp, denn auch er scheint unter Blutzuckermangel zu leiden. Und man sollte immer sein Snickers dabei haben, weil: Du bist nicht du, wenn du keine Kampagne fährst.
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