Wie definiert sich Zufriedenheit im Chaos? Wie kann man das noch ausleben, wenn wir uns ständig einem Apokalypsenmodus ausgesetzt sehen müssen? Oftmals rede und schreibe ich dann darüber, dass Urlaub unser beider Ausweg ist, wenn uns der alles dominierende Berufsalltag tagtäglich zusetzt und unabhängig davon auch noch das mehr oder weniger, ganz oder gar nicht bedrohliche Weltgeschehen in die private Zeit hinein penetriert.
Schon seit einigen Jahren ist das so. Und nun, wo ich bestrebt bin, das aktuelle Stimmungsbild im Land zu identifizieren, kann man das prima am Grundrauschen in der Gesellschaft ablesen und dass es immer schwieriger wird, da noch naiverweise gute Laune verbreiten zu wollen. Daran nimmt sich selten jemand ein Beispiel, auch im Sinne des Zusammengehörigkeitsgefühls – die Selektivität und Grüppchenbildung frisst sich bei all dem „Solidaritäts“-Gesabbel in der Realität immer mehr in die kleinsten Wohlfühl- und Rückzugszonen.
Da bleibt einem nichts anderes übrig, als abzuwarten. Wenn die „Eliten“ und „Elitären“ ihr Ding ohne Rücksicht auf Verluste durchziehen, bleiben eben nur noch die naturwissenschaftlichen Korrekturkräfte übrig, die das wieder einhegen. Dabei ist es Stand heute wirklich egal, welches Thema das berührt. Bankenkrisen, Flüchtlingskrise, Fachkräftemangel, Corona, Klima und was weiß der Teufel noch alles lässt die Nähte unseres staatlichen Flickenteppichs aufplatzen. Und hier spielen nicht nur die physikalischen Kräfte eine Rolle, sondern auch das menschliche Einwirken. Momentan hat man den Eindruck, dass man sich nur noch im Krisenmodus zum Handeln gezwungen sieht und vorher keinen Finger krumm macht. Irrigerweise gilt das nur für das Gegenwärtige, im Konjunktiv und irgendwelchen düsteren Zukunftsprognosen fühlt man sich dann selbst- oder fremdfüßig in den Arsch getreten, denselben mal hochzubekommen.
Aber wieso müssen wir uns ständig am Theoretischen vertun und ignorieren dabei das Reale? Wohin das führt, wurde gerade in dieser Woche deutlich. Nehmen wir nur mal den Klima-Volksentscheid in Berlin letztens als Beispiel – der zeigte wunderbar auf, wie wenig das Konjunktiv die Leute tangiert. Ich will das nicht mal verharmlosen oder überhaupt ignorieren, weil mir das Thema auch irgendwie wichtig ist, aber wenn man sich auf FFF und Klimakleber beruft, hört man nichts als diffuse Parolen und Allgemeinphrasen und überhaupt nichts über Alltägliches oder Greifbares, was sie selbst konkret bedrohen würde. Sie wirken aber in das unsrige ein, und das ohne Not. Und schon gar keine Bereitschaft zeigen sie, darüber diskutieren zu wollen.
So ist der Volksentscheid auch krachend gescheitert, auch wenn man sich das mit Quorum, Lirum, Larum noch irgendwie als Teilerfolg verkaufen will. Schon ein Blick ins Abstimmungsergebnis der Voten des Senats und Volksentscheid zugleich ist ein Sinnbild dafür, wie urbaner Lifestyle bestrebt ist, auf die gesamte Republik abzufärben. Und doch nur eine lokale Denke bleibt, die alle anderen außenrum gar nicht kümmert. Wer noch in den hippen Berliner Bezirken aushalten kann, weil es der Geldbeutel zulässt oder man sich dem verpflichtet fühlt, wirkt allzu gerne nach außen ein und bekommt dann Tobsuchtsanfälle, wenn die draußen nicht mitspielen wollen.
Die Schlimmsten auf Twitter und Co., auf die man dann stößt und die die Chuzpe besitzen, das alles radikal verändern zu wollen, sind dann auch nicht selten Berliner oder zumindest hippe Großstädter. Denen ist die Realität eben noch nicht auf den Kopf gefallen, um sich selbst zu hinterfragen. Doch meist deuten sich Katastrophen in anderen Aspekten unseres Lebens an, mit denen sie noch nicht zu tun hatten. Die Umgestaltungspläne des Gesundheitswesens etwa. Da gibt es – und das sollte jeder schon lange gewusst haben – viel zu reformieren. In der Finanzierung wie auch in der Versorgung stimmt da gar nichts mehr. Man merkt es spätestens, wenn Fachärzte eine Rolle spielen. In meinem Umfeld wirst du regelmäßig Zeuge von quälenden Kampf durch die bürokratischen Hürden und dem versorgungstechnischen Ungleichgewicht, etwa immer weiter nach hinten verschobene Termine mit vielseitigen Ursachen. Dass der geplante Umbau des Systems das nur noch verschlimmern würde, ist eine reale Katastrophe, die sich da anbahnt. Wehe, man wird in darin auch noch krank, dann kannst du dir lieber gleich den Gnadenschuss geben statt auf Hilfe zu hoffen. Derweilen interessiert das die Klimaschützer überhaupt nicht. Sollte es aber. Außer, sie schaffen es, sich niemals das Bein zu brechen oder was auch sonst so direkt anfiele.
Ein zweiter Aspekt, der augenscheinlich wird, ist die Protestkultur, die momentan eine Wiederauferstehung erfährt. Hier, bei den Franzosen und anderswo wird gestreikt, und dieses Mal scheinen die Diffamierungsmethoden wie damals beim GDL-Streik nicht mehr zu wirken. Für mich auch ein Ausdruck des Bewusstseins, dass nun endlich der Groschen gefallen ist, wie man Politik und Wirtschaft am Volk vorbei betreibt. Für uns „Schwurbelnde“ ist es nur eine Station in dieser Odyssee des Gebarens, das sich immer mehr dem Feudalismus annähert, und dazu brauchte es erst eine saftige Inflation und Fremdgefummel am eigenen Geldbeutel, die Leute erwachen zu lassen.
Überall drohen Kahlschlag und Wohlstandsverlust. Wen interessiert da die weit entfernt wirkende Klimadebatte, wenn es jetzt schon an sozialer Sicherheit mangelt? In Reemtsma-Kreisen und hochdotierten Positionen ist das natürlich kein Thema. Die Streiks allerdings auch nicht. Zumindest nicht klimatauglich, um es gewohnt turbo-istisch, aktivistisch verbreiten zu müssen. Wir Realisten haben eben auch andere Problemhaufen vor uns – schon aufgetürmte und die, die man uns gerade zusätzlich auftürmt. Der Klassen- und Sozialkampf ist in diesen Jahren wieder im Begriff zurückzukehren, mehr denn je. Und in allen klassischen Branchen quietscht es, knarrt es. Man fühlt sich nicht mehr wohl in der Geräuschkulisse, bei Aussichten der alternativen Wege schon gar nicht. Entweder sagen sie, die jeweilige Branche sterbe halt mal oder soll digital werden. Na ja – Handwerk ist trotzdem etwas Basisches und deswegen nie wegzudenken oder komplett zu digitalisieren. Und selbst wenn wir uns eine Infrastruktur endlich zu Ende gebaut hätten, muss man das Zeug ja auch noch instand halten. Geht nicht ohne. Und genau so sollte man das Handwerk auch wertschätzen. Doch in den digitalen Bubbles kommt halt der Strom aus der Steckdose, ganz wie Zauberei.
Diese Realitätsverschiebung, die in ihren Köpfen stattfindet, klammert auch noch all die eigenen Verfehlungen aus, die sie uns regelmäßig präsentieren. Wenn Luisa andere für´s Klima einschränken will und selbst in ihrem zarten Alter schon mehr rumgekommen ist als ich und andere es sich jemals leisten könnten, wird man stinkig. „Lieber Doppelmoral als keine Moral“, bastelt sie sich die ihre dann zurecht und beschreibt eben genau diesen Berliner Denkprozess allzu gut. Bei ihr spielt dazu noch die familiäre Finanzdecke eine Rolle, die sie aller Voraussicht nach als ihr vom Staat unabhängige soziale Hängematte betrachten darf. Nicht, dass ich neidisch wäre. Nur wenn meine Anstrengungen für den eigenen Wohlstand immer schwieriger bewerkstelligen kann, und dann kommt so eine reiche Schnepfe daher und sagt, ich solle mich mal für das Klima einschränken, ist das an Unverschämtheit kaum noch zu überbieten.
Und dann von der großen Party zu sprechen, kann man als Hohn sondergleichen verstehen, ich allerdings brauche solche Partys nicht. Danke, keine Cookies von der dark-green side. Bleibe ich lieber ein fossiler Zyniker oder ein zynisches Fossil, wenn sie das meinen mag.
Ehrlich gesagt habe ich keine Lust auf Brotpreise auf Weimarer Niveau, und - denkt man das weiter – habe ich auch keine Lust auf totalitäre, neue Führer... oder doch Führendens? Die Freiheit im Kopf ist unser höchstes Gut, und wir bewegen uns aktuell entweder direkt in sozialistische Denkmuster oder, wenn das scheitert, in das andere Extrem einer Post-Weimarer Republik-Ära, in der das demokratische Scheitern zu neuer Regulierungssucht und strengen Personalstrukturen führt. Und sollte das geschehen, sehe ich mich automatisch im Widerstand oder gleich ganz weg davon. Ich bin einfach nicht in der Lage, mich derart zu verbiegen, dass ich auch noch einen Mehrwert daraus ziehen würde. Und schon gar nicht bin ich derart Arsch, dass ich auf Kosten anderer meinen sozialen Status in solchen Systemen aufbessern würde.
Ich wäre nur gerne einigermaßen glücklich und zufrieden und habe eigentlich kein Problem mit aufkommenden Problemen. Die kann man lösen. Wenn man mir aber noch mehr Probleme aufschultert und dann noch verlangt, dass das alternativlos sei, wird’s mir zu bunt. Dann ist auch mit Resilienz Schluss.
Nachtrag
Ein wenig betröppelt habe ich jetzt zur Kenntnis genommen, dass du, Dennis, dich jetzt völlig isolieren willst. Mir sind deine Motive jetzt doch sehr schleierhaft, das mag auch daran liegen, dass man eine Person erst mal richtig kennenlernen muss, um daraus etwas Sinniges für die Entscheidung herauszulesen. Aber: die Entscheidung basiert ja wohl auf deiner Entscheidung. Niemand hat verlangt, dass du dich rar machst. Egal, inwieweit das „Eremiten-Dasein“ schon gediehen sein mag. Wenn du wirklich überzeugt davon bist, das wäre der beste Weg für dich selbst, stelle ich mir die Frage: Tust du das, weil du den Weg der Isolation noch tiefer gehen willst? Oder ist es der viel besagte, letzte Hilfeschrei aufgehalten zu werden, bevor man sich selbst noch tiefer hineinreitet? Ehrlich, ich werde daraus nicht schlau. Aber egal warum – ein bisschen muss ich dir ans Hinterköpfchen klopfen, weil uns dann in der Gesamtheit eine Schreibkraft fehlt, die diesem Wahnsinn weiter Einhalt gebietet. Es wäre dann auch deren Sieg, dich aus dem öffentlichen Raum weggetilgt zu haben, und zwar als Opfer derer Methoden, die genau das beabsichtigt haben.
Wäre schon irgendwie scheiße. Denk gerne mal drüber nach.
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DS-pektiven (Samstag, 01 April 2023 00:50)
"Isolation" kann von zwei Seiten aus geschehen. Ich habe meine nie als "selbstverschuldet" betrachtet; sie ist und war eine Zwangsläufigkeit, wenn man als ehrlicher und unbeugsamer Mensch in einer Welt existieren soll, deren einzige Grundkonstante die menschliche Dummheit (und die mit ihr eng verbundene schier grenzenlose Bösartigkeit) ist.
Ich habe 6 Jahre lang gebloggt, ohne, dass ich über all die Zeit auf eine nennenswerte Resonanz gestoßen wäre; dafür spricht schon die Tatsache, dass ich so gut wie nie irgendwo verlinkt wurde. Seit der Druck auf die "Aufgewachten" nachgelassen hat, hat auch das (schon damals nicht sonderlich große) Interesse an meinem Geschreibsel extrem nachgelassen.
Ich will deinen Beitrag auch nicht für die Darlegung meiner zahlreichen, jedoch im Ergebnis völlig unbedeutenden Gründe missbrauchen, warum ich den Stecker gezogen habe. Es waren irgendwann ein paar Tropfen zu viel, die das Fass eben irgendwann zum Überlaufen bringen. Die "neuen" oder "alternativen Medien" haben auch ihren Anteil daran; vor allem die (von mir seit ihrer Gründung Mitte der Nullerjahre sehr geschätzten) "Nachdenkseiten", die eine Anfrage von mir vollständig ignorierten. Die angebotene Hilfe eines im kritischen Lager nicht unbekannten Autors, eben mal in jenen Nachdenkseiten oder bei Rubikon etwas zu publizieren, entpuppte sich auch als leeres Versprechen.
Dies hängt auch mit der schmerzvollen Erfahrung zusammen, dass ich auch komplett gescheitert bin, die Parallelen zwischen der Diskriminierung von "Ungeimpften" und jener Gruppe, weswegen derer ich einstmals diesen Blog überhaupt gegründet hatte (Radfahrern), ins Bewusststein meiner wenigen Leser zu rufen. Ebensowenig die einstmals damit verbundenen Hoffnungen, mit dieser Lebensaufgabe auch mal einen -unterhalt bestreiten zu können. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat dieses Engagement am Montag endgültig und für alle Zeiten mehr als deutlich beendet. Irgendwann muss man erkennen, dass es nichts bringt; dass man 7 Jahre seines Lebens komplett verschwendet hat.
Dass es mir unabhängig von all der faschistischen Corona-Scheiße im eiskalten neoliberalen Scheißhaus Deutschland ziemlich dreckig geht und ging, wollte auch niemand so wirklich wahrnehmen. Ein blasierter Kommentator warf mir hingegen mehrfach völlig empathiebefreit vor, ich würde zu viel "jammern". Nun brauche ich halt eine Pause. Eine Auszeit. Ob ich jemals wieder publizieren werde? Keine Ahnung. Wozu? Es hat doch eh kaum jemand gelesen. Und aus der Obdachlosigkeit heraus bloggt es sich halt auch relativ schlecht.
Ich habe gerade in den letzten Monaten nicht aus Spaß in meiner Verzweiflung ständig nach einer Revolution gerufen. Nur sehe ich keine Anzeichen hierfür. Nicht einmal in den schwärzesten Stunden des C-Faschismus hatte ich den Eindruck, dass die Menschen endlich aufstehen würden.
Nein. Sie trugen auf Demos brav Maulkorb und ließen sich, um weiter Lohnsklave sein zu "dürfen", täglich nasal penetrieren. Fast ein halbes Jahr lang. Sahen über Jahre tatenlos dabei zu, wie ihre Kinder ebenfalls täglich penetriert, gefesselt und geknebelt wurden. Wie Ihre nächsten Verwandten in die Giftspritze rannten. Dieses System hat gewonnen; denn es hat gesehen, wie wir uns verhalten: Wie die von uns so oft kritisierten Schafe! Wir sind nichts anderes.
Dieses System wird bis in alle Zeiten bestehen; weil niemand aufsteht! Weil alle sich mit ihrer kleinen, behaglichen Zelle abfinden, anstatt sich nach echter Freiheit zu sehnen. Es reicht eine längere Leine. Man macht weiter Deals mit dem Unterdrücker; Deals mit dem Teufel, bei denen man immer nur verlieren kann.
Und renitente Versager wie ich, die in ihrem "Nichtmitmachen" schon seit jeher wesentlich konsequenter waren (und dafür einen hohen Preis bezahlen) als so ziemlich alle, die meinen, sie hätten in Sachen "Corona" nun ein "kritisches" Bewusstseinsstadium erreicht - die werden halt einfach langsam und elend daran zugrundegehen. So ist das halt.
Warum soll ich einen Blog im Netz stehen lassen, der am Ende doch nur eines dokumentiert hat? Mein vollständiges Scheitern.
epikur (ZG Blog) (Samstag, 01 April 2023 20:13)
@DS-pektiven
Seit Jahren wollte ich Dir vermitteln, dass man einen langen Atem und regelmäßige Pausen sowie Energie-Auftanken benötigt. Vielleicht erwartest Du auch einfach viel zu viel von Deinen Mitmenschen?
Ich teile auch nicht Deinen endlosen Pessimismus. Aber da rede ich seit Jahren gegen eine Wand. Die Demos, die vielen neuen alternativen Medienkanäle sowie die "Spaziergänge" haben letztlich die allgemeine Impfpflicht verhindert. Fast 20 Millionen Menschen haben den monatelangen Psychoterror standgehalten und sich nicht impfen lassen! Wenn das kein großartiger Widerstand war, dann weiß ich auch nicht. Deshalb waren sie auch so aggressiv, weil sie es nicht fassen konnten, dass trotz millionenschwerer Kampagnen und Nudging bis zum geht nicht mehr, die Leute gesagt haben: "Fickt euch! Behaltet eure Brühe!"
Von den Mitmenschen zu erwarten sie mögen alle den Che Guevara machen, ihre Jobs hinschmeißen und sich in den bewaffneten Widerstand aka Revolution stürzen - ist gelinde gesagt, völlig realitätsfremd. Es ist auch wenig zielführend ständig die Leute als "Vollidioten" und "Mitläufer" zu beschimpfen und gleichzeitig zu erwarten, sie mögen einem den Blog und das Leben finanzieren. So funktioniert das leider nicht. Ich habe Dir zwei mal ein Fresspaket geschickt, aber dann immer weniger Lust dazu verspürt, weil ich mich als "Mitläufer" beschimpfen lassen musste, nur weil ich nicht meinen Job hinschmeißen wollte. Das ich Frau und Kinder zu ernähren und eine Mietwohnung zu bezahlen habe - geschenkt. Ich frage mich bis heute, wie Du das eigentlich alles bezahlst? So als Vollzeit-Revoluzzer?
Nichts destotrotz werde ich Deinen Blog vermissen. Du hast den Finger immer gut in die Wunde gelegt. Viele Texte haben mich inspiriert. Auch Deine Link-Sammlung war gold wert. Schade. Wirklich schade!
DS-pektiven (Samstag, 01 April 2023 23:00)
@epikur: Der lächerliche Zirkus in Gestalt der "Spaziergänge" hat überhaupt nichts verhindert. Das haben die Republikaner in den USA.
Weißt du, was mich in der letzten Zeit auch so unheimlich deprimiert hat: Wie spießig du geworden bist. Der linke Revoluzzer, der einstmals "den Kapitalismus überwinden" wollte, klammert sich heute verzweifelt und verängstigt an seine Ketten. Auch du hast Angst vor der Freiheit. Rottenfußer hat hierzu zuletzt gute Intervies gegeben. Ein Zitat von ihm aus seinem Gespräch mit M. Preradovic war einer meiner letzten Beiträge. Warum alle so sehr genervt sind von (echten) Rebellen:
"Sie repräsentieren den Mut, den man selbst eigentlich nicht hat. Und durch den Mut der Rebellen wird man mit der eigenen Feigheit konfrontiert. Und deswegen nervt der Rebell. Man möchte ihn am liebsten gar nicht sehen oder man möchte am liebsten, dass es gar keine Rebellen mehr gibt. Sondern nur noch Leute, die mitmachen. Weil dann wäre man vom Selbstvorwurf der Feigheit freigesprochen."
Dir auch alles Gute!
mutilated bimbo (Sonntag, 02 April 2023 00:51)
Klar, der edle Rebell. Der Erleuchtete. Der sich selbst Opfernde. J-sus... is it you?
DS-pektiven, ich bewundere Deine hehren Überzeugungen, Deine Aufrichtigkeit. Aber dieser Totalitarismus, dieser Deutungsanspruch... nee, mein Lieber. Für das (vorgeblich) Gute einzustehen, macht Dich nicht zum besseren Menschen.
Spread the word, spread an idea, spread the truth...? Das gelingt halt nicht immer. Dinge scheitern im Leben, und man muss lernen, damit klarzukommen, muss überleben lernen. Egal, wie (scheinbar) edel, wahrhaftig, objektiv Deine Motive sein mögen: kein Um-sich-schlagen wird Dich weiterbringen, und auch kein Märtyrertum.
Warum alle so sehr genervt sind von (echten) Rebellen...? Manchmal ist es auch einfach nur die Penetranz, das Revoluzzer-Getue, die Selbstverliebtheit in die eigene Großartigkeit. Und davon, ganz ehrlich, bekommen wir bereits mehr als genug geboten - egal, unter welchem Vorzeichen.
Cheers
epikur (ZG Blog) (Sonntag, 02 April 2023 01:08)
Zwischen "Rebellen" und "feigen Mitläufern" gibt es noch eine ganze Menge mehr. Es ist genau diese binäre Wahrnehmung, die Moralisierung des Diskurses in die "Guten" und die "Bösen", die letztendlich immer zu radikalen und totalitären Gedanken und Handlungen führen. Egal in welchem "Lager". Ich verwehre mich gegen derlei Kategorisierungen und Denkweisen.
Wäre ich ein "Spießer" hätte ich es mir garantiert bequemer und sehr viel einfacher gemacht. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie das ist, wenn sämtliche Kollegen, Eltern und Vorgesetzte gegen Dich sind und Du gleichzeitig weiterhin empathisch für die Kinder da sein willst. Davon wurdest Du in Deinem "Eremitendasein" komplett verschont. Da wäre es beispielsweise durchaus "feiger" gewesen, sich diesem täglichen Mobbing zu entziehen und das Handtuch zu werfen. Warum "kündigen" immer gleich "mutig" sein soll, erschließt sich mir auch nicht. Und warum "Arbeitslosigkeit" immer "Freiheit" sein soll, kann ich auch nicht nachvollziehen.
Aber mir ist schon klar, dass ich Dich hier nicht überzeugen kann. Für Dich gibt es nur "mitmachen" (feige) oder "kündigen" (mutig). Dann hätte ich alle Kinder den Coronazis überlassen. Schön egoistisch wäre das gewesen. So konnte ich das System sabotieren, wo es ging und gleichzeitig empathisch für die Kinder da sein. Und trotzdem hätte ich mehr machen können. Und müssen. Das habe ich aber auch schon mal im ZG Blog geschrieben.
http://www.zeitgeistlos.de/zgblog/2022/weihnachtspause/
Polemicer (Sonntag, 02 April 2023 06:32)
@DS
Ich verstehe das nur so, dass du Gleiches mit Gleichem bekämpft und denkst, dass es dazu keine Alternative gäbe. Auge um Auge und so. Das sehe ich keineswegs so, deswegen ist ein abgeschwächtes Sich-damit-arrangieren kein Einknicken, sondern Handeln im System und die Zurschaustellung dessen Schwachstellen. Das ist alles langwieriger und anstrengender, keine Frage, aber es bewirkt meist mehr als der Dampfhammer. Du reagierst bei deren Dampfhämmern doch genauso, deswegen ist es unverständlich, warum du dich jetzt komplett geschlagen gibst, weil es nach hinten losgegangen ist oder nicht so absolut läuft wie du das willst.
Dass man dich jetzt angeblich kaum verlinkt, dass die NDS oder Rubikon dich nicht berücksichtigt haben oder dass man deinen Anliegen kein oder kaum Gehör schenkt - ich bin da jetzt mal brutal ehrlich und muss dir sagen, dass beim Empfänger solcher Texte grundsätzlich der Ton die Musik macht. Was glaubst du, warum ich meinen Duktus immer im Voraus wähle? Dass ich selten mal persönlich über andere abledere, weil es z.B. in der Ich-Form weniger anklagend anderen gegenüber ist. Was glaubst du, warum etwa Hildmann so schnell weggebissen wurde und gleich per Haftbefehl gesucht wird? Das lag sicher nicht an seinen "Verschwörungstheorien", sondern an seiner persönlich anklagenden Rhetorik. Alles andere sind Scheinargumente, um diese Racheakte an ihm auch zu rechtfertigen. Eigentlich müsstest du froh sein, dass deine Aussagen nicht die breite Masse erreichen.
Normalerweise würde es anders verlaufen. Die nennen dich Querdepp oder was auch sonst, und als Kontra gäbe es Schlafschaf. So weit, so ausgeglichen. Aber sie haben einen Vorteil (den längeren Hebel), und den zücken sie ganz schnell, das müsstest du allmählich gelernt haben. Wenn du es ertragen kannst, in der Situation schnell der Märtyrer zu werden, dann hättest du das aufrecht auf dich genommen. Da du dich aber zurückziehen willst, deute ich das als Kurz-vor-knapp-Rückzug, bevor es für dich wirklich hässlich wird. Natürlich liest man auch eindeutig ein gekränktes Ego heraus. Ich habe übrigens auch schon den NDS was angeboten und wurde vertröstet. Was soll ich mich jetzt darüber aufregen? Bringt rein gar nichts.
Vielleicht siehst du dich gerade an deinen eigenen Ansprüchen gescheitert und verlagerst die Schuldfrage auf andere, weil sie sich nicht deinen Methoden oder dem Ton angleichen. Den Ton, den du da getroffen hast, ist halt nicht der vieler, und letztlich ist in deinen Kommentarspalten auch wenig über das Thema gesprochen worden, sondern eher über dich. Das hilft dann auch keinem weiter.
Peter Wohlgemuth (Sonntag, 02 April 2023 21:42)
Hm, als Nicht-Blogger empfinde ich die Diskussion - und auch den ursprünglichen Beitrag als komplett sinnbefreit.
Jede(r) (und nein, ich gendere nicht!) vertritt hier seine Meinung als nahezu unumstösslich.
Damit seid 'Ihr' sehr nahe bei den 'Grünen'.
Die mal als Friedenspartei groß wurden - und ein Anton Hofreiter Dir heute jeden Panzer bis ins Detail erklärt um ihn anschließend vehement zu fordern. Ein Kinderbuchautor für die gesamte Wirtschaft zuständig ist & eine (tut mir leid....) vollkommen intelligenzbefreite Dame das Ansehen der Deutschen im Ausland unwiderrufbar beschädigt durch DUMME Statements.
Dem ganzen steht ein Kanzler vor, der nicht eingreift.
Da dürft Ihr Euch noch so sehr aufregen - Ihr werdet ja nicht mal gelesen von 'denen'.
Ich werde dieses Jahr 59 & das erste Mal in meinem Leben nicht SPD - sondern AFD wählen bei der bevorstehenden Hessen-Wahl. Zahlreiche meiner Freunde/Bekannten/Verwandten auch.
Nicht, weil wir diese Partei unterstützen - aber es ist nahezu die einzige Möglichkeit den anderen Parteien Stimmen zwangsläufig weg zu nehmen.
CDU & Grüne ist ja dasselbe in 'grün' - der Merz biedert sich genauso an, wie es die Merkel bereits getan hat.
Und die SPD hat sämtlichen sozialen Bezug verloren.
Polemicer (Montag, 03 April 2023 05:29)
@Peter Wohlgemuth
"Jede(r) (und nein, ich gendere nicht!) vertritt hier seine Meinung als nahezu unumstösslich.
Damit seid 'Ihr' sehr nahe bei den 'Grünen'."
So gesehen stimmt das. Allerdings sind die Texte/Blogs auch Meinungsäußerungen, also quasi Monologe, und müssen/sollten nicht zwangsläufig journalistische Standards einhalten. Ich würde gerne mal in eine Diskussion auf Augenhöhe mit Grünen einsteigen. Aber nach meinen Erfahrungen bin nicht ich derjenige, der sich unumstößlich gibt, sondern das Gegenüber. Falls das jetzt auch auf Dennis gemünzt sei, gilt das Gleiche. Manchmal ist Diskutieren um der Diskussion willen auch wertschöpfend. Man kann sich ja stundenlang kabbeln und scheinbar keine Annäherung erreichen, aber denke auch, dass man danach auch selbst mal Gedanken über Themen und das Gespräch macht. Sacken lassen. Und häufig kommt es dann dazu, dass man beim nächsten Mal Zugeständnisse macht.
Die SPD wähle ich schon seit Schröder nicht mehr. Es war der ultimative Verrat, der da begangen wurde. In den GroKo-Zeiten hat sie sich dann völlig selbst entkernt und hat sich sogar selbst vom Schulz-Zug überrollen lassen, weil Steinmeier da offenkundig eingewirkt hat. Für mich ist die AfD allerdings keine Option, auch nicht als Protestsammelbecken. Da muss wenigstens ein Anteil an programmatischer Übereinstimmung da sein, dass ich eine Partei wähle, und das sehe ich bei der AfD null.