Es war mal wieder Hetzwoche angesagt. Schlimmer denn je zuvor – und ich dachte, man könnte keine Superlative mehr anwenden, um neue Gipfel des Entsetzens zu erreichen. Nein, man wird sogar auf höchstem Niveau immer noch eines Besseren belehrt. Was kann man noch anderes tun, als diese Haltungsextremisten machen und sie grinsend in den Abgrund fallen zu lassen?
Sie provozieren, sie glauben, die Lösung gepachtet zu haben – dann lasst sie machen. Sie meinen, immer Recht zu behalten – lasst sie das denken. Mir scheißegal. Sollen sie machen, und auch für ihren Schwachsinn geradestehen, wenn es schiefläuft. Egal, was letztlich passiert. Bürgerkrieg. Atomkrieg. Völliges Chaos. Übersterblichkeit. Wirtschaftliches Desaster. Verbote. Pflichten. Grüner Faschismus. Sie wollen es. Sie sollen es haben. Sollen alles zugrunde richten. Und das wird mehr oder weniger passieren. Mark my words. Manchen wird es wohl erst auffallen, wenn sie vor den Trümmern stehen, die Steine verfluchen, die sie erbaut haben, und letztlich wird auch die Frage nach der Schuld wieder irgendwo in dämmrigem Schweigen versickern, weil man zu blöd oder zu feige ist, die Wahrheit endlich mal anzuerkennen.
Dabei will ich mich mit niemandem, keiner Sache gemein machen. Ich denke nur an all die Literatur, die Filme und Spiele, die Krieg prinzipiell richtig einordnen – denn: „Krieg bleibt immer gleich.“. Und niemand der Kriegsparteien ist der moralische Gewinner. Alle haben getötet. Alle haben die schlimmsten Dinge getan, alle haben die Folgen zu ertragen. Und wer Waffengewalt irgendwie nur rechtfertigt, ist Täter gegenüber einem Menschenleben. Und auch, wenn wir uns nicht jeden Krieg bewusst machen, ihn nicht überdramatisieren, sollten wir immer nur den Frieden wollen. Wer es auch nur wagt, sich auf eine Seite schlagen zu wollen, nur weil er einen Gewinner darin sehen will, hat schon verloren, vertritt eine inhumane, weil selektive Doktrin.
Deswegen verurteile ich jede aktive oder indirekte Beteiligung daran. Die einzige Agenda, die ich vertrete, ist die Beendigung des Krieges. Der Unterschied dabei zu ihnen ist, dass jeder Handel, jede Produktion, jede Benutzung von Waffen schon rein prinzipiell das Töten impliziert. Könnte man das verstehen? Ja, könnte man, wenn man sich nicht von Parolen einlullen lassen würde, die so moralinsauer sind, dass man sich Haut und Hirn daran verätzt. Macht ja auch Sinn, die Ukraine jetzt mit Waffen auszustatten. Die verstecken die alle bestimmt nur unter dem Kissen, und die Russen werden dann vor Angst in diesem Wissen das Weite suchen. Wenn es nur so harmlos wäre...
Nein, die Moral muss ja auch wehrhaft sein. Ich weiß ja nicht, wie das jetzt zustande gekommen ist, aber wir hatten uns ja mächtig mal darüber empört gehabt, wie stark die Waffenlobby in den USA so ist. Haben die NRA dafür verteufelt, dass sie nach dem drölfzigsten Amoklauf ihre Präsenz verstärkt, und auch Donald Trump hatte da mal einen rausgehauen, als er die Lösung für die Eindämmung von solchen Amokläufen die Lehrer bewaffnen wollte.
Wo ist dieses Denken plötzlich hin? Scheinbar ist es so billig wie einfach, seine Meinung völlig umzudrehen, wenn man die Figur Putin und den Opferstatus der Ukraine in die Waagschale wirft. Völlig egal, was vorher war. Was so die Geschichte zigfach dokumentiert, im Groben wie im Detail. Wie man die „gute Sache“ mit Gewalt herbeiführte – die Christen etwa. Oder wie sich der Westen einen Krieg selbst legitimierte, mit nachweislichen Lügen und dann im Kriegsgeschehen Kriegsverbrechen ähnlicher Auswirkungen begangen hatten. Und jetzt wird sogar behauptet, dass nur die Russen vergewaltigen oder Kriegsverbrechen begehen würden. Irgendwie ist man derart verblendet von der eigenen Moral, dass man so etwas nur der „bösen“ Kriegspartei zuschreibt. Die andere ist natürlich die reine, anständige Partei, die sich nur verteidigen will. Is klar... wie selten dämlich kann man denn noch werden?
Nun, wir werden (mal wieder) nur die Zeit ihren Dienst tun lassen müssen, und dann können wir (mal wieder) all die Berichte den Moralisten ins Gesicht drücken, die das Gegenteil beweisen. Zum Beispiel solchen Moderatoren, die nicht moderat sind (ich wusste schon, warum man dessen Benennung zum Plasberg-Nachfolger mit dem „vom Regen in die Traufe“-Spruch verbinden musste) und genau diesen Unsinn wie beschrieben zeichnen. Dass nur der Russe schuld sein soll, dass nur er tötet, dass nur er geächtete Dinge tut. Wer so denkt, sollte lieber wieder nach Hause fahren und sich Gedanken darüber machen, dass der Moralistenhaushalt Neubauer/Klamroth etwas mehr Druck ablassen sollte. Was machen die beiden zuhause eigentlich? Sich nicht körperlich inneren Frieden herbeiführen, sondern nur am Küchentisch die Welt bejammern, sich hässlich reden, um sich dann ihren Adrenalinkick bei aktivistischen Aktionen und in der Talkshow abzuholen? Da gibt es wohl kein Ablassventil, sondern nur die Absicht, den Schnellkochtopf mit Dampf zu füllen.
Und immer schwingt bei mir die Frage mit, wie die Moralisten denn ihren Frieden erreichen wollen? Sie bekommen es ja zuhause nicht mal hin, friedlich zu diskutieren. Sie brauchen sich als Gruppe, um auf Einzelne einzudreschen. Solidarität nennt man das heute. Doppelmoral am Limit – obwohl - ich will das Wort „Limit“ lieber nicht mehr in den Mund nehmen, weil... siehe oben.
Gut, dass nur zu meinen eigenen Befindlichkeiten, und wie erwartet shitstormt es in den asozialen Medien derart, dass einem schwindlig wird. Eines beruhigt mich dennoch: die offenkundige Selbstdemontage der vordersten Front der Leitmedienarmee. Ich glaube, die „hartaberfair“-Sendung lief einfach unter dem Motto, sich etwas bereit gelegt zu haben, einen Einspieler etwa und ein paar Argumentationsfetzen, und das Gerede war ein Abklappern der Gegenargumente bis zur Nennung, was dann der Startschuss zur Empörung war. Eine orchestrierte Demontage – nun, die ging eben nach hinten los, und dann muss natürlich noch halb Twitter hinterher jodeln, was man sowieso nicht als bindend betrachten kann.
Derweilen in der realen Welt:
Ich ackere mich standhaft durch einen ganzen Stamm neuer Kunden. Eigentlich liegt mir so etwas, deswegen habe ich immer an meinem Kundendienstjob festgehalten. Es ist oft ein Abenteuer, mal schnöde Fabrikhallen zu bedienen oder in den Büroetagen Mäuschen zu spielen, so wird man schnell zum Beobachter der Keimzellen deutscher Befindlichkeiten abseits der eigenen. Sogar branchenübergreifend, dazu die verschiedenen Bubbles, häufig unterscheidbar zwischen denen, die die basische, bewegte und bewegende Arbeit verrichten und jenen, die im Grunde nichts Physisches generieren und nur sich selbst befruchten.
Bei letzten, den Büroblasen, wird mir sehr oft bewusst, welchen Blasenstatus die eigentlich haben. Sie mögen in ihrer Profession ja durchaus fit sein, aber allzu häufig hapert es an den Soft Skills und gerne mal am Realitätsbezug. Diese Woche etwa geriet ich in eine Büroetage, die sich mit zwei knalligen Pappaufstellern als „Top Arbeitgeber - Kununu“ selbst bestickte. Auch da bin ich schon seit Längerem vorsichtig geworden, weil man davon ausgehen kann, dass die Bewertungen kaum repräsentativ sind. Meist nur mehr oder weniger dem Selbsterhalt dienen, damit man nicht in Bedrängnis kommt und seinen Job verliert, nur weil man kritische Worte gegenüber dem Arbeitgeber ausgesprochen hat. Kommt dann raus, dass jemand scheinfreundlich Zugehörigkeit heuchelt und dann hintenrum im Internet abledert, ist davon auszugehen, dass das böse enden wird.
In der bequemen Lage, dies als Gast nur oberflächlich betrachten zu müssen, aber auch ein wenig Interna mitzubekommen, gerate ich bei dem Kunden über vier Ecken (weil sich mal wieder niemand informiert bzw. verantwortlich fühlte) an eine Abteilungsleiterin. Die war nicht ganz happy, sich mal kümmern zu dürfen, war dazu auch gleich schnippisch geworden, als ich ihr eröffnete, dass ich das erste Mal im Gebäude war. Ihre Reaktion war dann eine Mischung aus beleidigter Leberwurst, weil nicht – wie angeblich angekündigt – einer vorbei kam, der sich schon auskennt, und die selbstverordnete Zusatzaufgabe, mich jetzt an die Hand nehmen zu müssen. Gut, ein paar Fragen zu Standorten hatte ich schon, aber das klärt man normalerweise in wenigen Minuten, vielleicht ist auch mal ein Schlüssel nötig. Sie jedoch machte ein riesiges Fass auf und bietet sich übertrieben als Projektionsfläche einer Hilfekraft an. Sie machte auf mich den Eindruck, als wolle sie das gar nicht, sich jetzt noch einen Klotz ans Bein zu hängen, dabei hatte ich das gar nicht nötig und brauchte meist nur Unterstützung für die ersten Anlaufpunkte. Aber sie mühte sich dann übertrieben dazu ab, mich sozusagen an der Leine durch das gesamte Gebäude ziehen zu wollen/müssen – Helfersyndrom, ick hör dir trapsen.
Dazu telefonierte sie hinter meinem Rücken mit meinem Büro. Davon erfuhr ich aber erst am nächsten Morgen. Beschwerte sich, dass nicht die Servicekraft kam, die sich auskennt. Na ja, derjenige ist schon länger aus der Firma ausgeschieden, der kommt halt nicht mehr. Da war sie wieder – die Doppelmoral. Schmückt sich mit Pappaufstellern als „Top Arbeitgeber“ und macht dann sowas. Ich fühle mich sogar als Nichtangestellter düpiert und würde dem Laden einfach noch ein vernichtendes Urteil auf Kununu hinterher werfen. Letztlich verlief sich ihre Empörung ein wenig, als sie bemerkte, dass ich in den Fluren Verwertbares, Sichtbares tat. Also war ich dann doch nicht das leere Gefäß des Unwissenden, dem man wie einem Kind alles beibringen muss. Nein, ich konnte das alles ganz von alleine!
Mich stört in solchen Situationen (und das passierte in letzter Zeit schon gelegentlich mal), dass so manche Leute ein Problem damit haben, wenn jemand neu im Haus ist. Da wird schnell eine geistige Blockade aufgebaut, die nicht „Herzlich Willkommen“ spricht, sondern sogleich Missmut pflanzt, Abwehrhaltung. Erst hinterher, wenn du deine Arbeit erledigt hast und sie nicht wegen jeder Kleinigkeit behelligt wurden, sind sie zufrieden. Ihnen ist am liebsten, dass sie dir nur einen Schlüssel in die Hand drücken müssen, weil es nicht anders geht, und dich dann werkeln lassen. Abends dann noch eine Unterschrift, dann ist die Welt in Ordnung. Dann tauen sie auch plötzlich etwas auf. Nur haben sie jedoch auch ihre Blockade an der Backe, Ersteindruck. Ich merke mir das gerne. Wenn du mal wirklich etwas brauchst, gehst du mit dem Hintergedanken an die Situation, und dann bleibt dir meist nur, dein (nicht) vorhandenes Verhandlungsgeschick und den argumentativen Joker aus dem Kartenstapel zu ziehen. Ich mag dieses konfliktbehangene Reden nicht, aber es bleibt mir dann auch nichts anderes übrig.
So ähnlich scheint es auch in den Medien zu laufen. Die gehen eben nur den Schritt weiter und lassen sich nicht durch Taten und Handeln beeindrucken, die sehen sich als allwissend, formulieren Frage und Antwort in einem Atemzug, vermuten schon alles im Vorfeld und konstruieren sich erst hinterher die Beweise, die sich meist als realitätsferne Rohrkrepierer entpuppen. Die lassen alle anderen eben nicht machen, um sie vom Gegenteil zu überzeugen. Sie würden mir demnach, wenn man den Vergleich mal heranziehen sollte, sogar noch meine Arbeit erklären wollen oder welchen Arbeitgeber ich überhaupt meiden sollte, weil der ihre Werte nicht teilt. Sie waren ja auch so nett, die Initiatoren der Friedensdemo darauf hinzuweisen, wer denn so mit ihnen mitlief. Aber eisern schweigen, mit wem sie sich denn da im blau-gelben Osten solidarisieren. Das ist jedoch wieder was ganz anderes – Heuchelei ohne Limit. Hat Kununu auch Bewertungen unter Null?
Bleibt noch ein kurzes Wort über die wiederholte Berlin-Wahl zu verlieren, die ein wenig wie die Aktualisierung des bürgerlichen Stimmungsbildes wiedergibt. Das Ergebnis ist mir jetzt weniger ein Anliegen, sondern die Sondierungsphase danach. Und da komme ich wieder zu den Grünen, die in dieser Phase ihr wahres Gesicht zeigen. Völlig nackt steht der olivgrüne Kaiser nun da und zetert wie Rumpelstilzchen über das, was ihm nun widerfährt. Wie sich die Schlammschlacht letztlich in Stillstand oder politisch Verwertbares wandeln wird, ist mir egal – Hauptsache, die scheidende Giffey hat ihre Selbstbezogenheit jetzt auch mal gegenüber der Wokeness gezeigt. Und dann Reaktionen hervorgerufen, die im Empörfaktor ungefiltert sichtbar für alle wird und man sich letztlich doch mal irritiert fühlt. Wie kann man sich auch nur gegen Grüne und Linke entscheiden??
Nun, es nährt ein wenig die Hoffnung, dass das allzu linke Schreckgespenst auch bundesweit eingedämmt wird. Dass den Leuten endlich gewahr wird, dass wir uns da gerade die demokratische Freiheit wegwählen, wenn wir uns von Dogmen und Wunschwelten einlullen lassen und der Individualismus, wie er zumindest im Mindestmaß garantiert werden sollte, nun ernsthaft in Gefahr ist. Auch da war ich in meinen idealistischen, jungen Jahren ein wenig beseelt gewesen, aber da stand noch nicht zur Debatte, dass man ernsthaft an unseren demokratischen Grundprinzipien herumsägte und die einer Kollektivsolidarität opfern soll.
Ich habe den Eindruck, dass darin ein Limit endlich erreicht ist. Denn jetzt geht es ans Eingemachte, der nicht nur die ganz Armen bedroht, sondern auch die schon vorher leicht gebeutelte Mittelschicht, die nicht nur auf Zweitwagen und Pfingsturlaub verzichten muss.
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Publicviewer (Montag, 06 März 2023 17:09)
Fallout 1&2 habe ich geliebt und spiele es noch ab und zu.
Der Link war interessant, aber leider kam danach ja nun auch nicht mehr viel von diesem Autor.