Mir ist bewusst, dass man mit der biblischen Aussage „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ seinen Schindluder treiben kann. Also kann man gerne kritisieren, wenn ich mich jetzt Steinmeiers Spruch bediene und ihn postwendend an eine Stelle zurücksende, mit der ich abrechnen will.
Wäre diese Faktencheckerei denn nur mal so ehrlich, wie man es erwarten dürfte. Überhaupt muss man sich mal Gedanken darüber machen, warum so etwas nötig ist – weil uns wirklich dunkle Mächte von außerhalb an die Demokratiewäsche wollen? Oder sind sie nur die erste Garde der Informationsarmee mit Schlagseite einseitiger Politik und nur die etwas wachsweichere Bezeichnung für Zensurbehörde?
Würden solche Rubriken ihren Informationsauftrag auch nur annähernd ordentlich erfüllen, würden sie klingen wie eine Personalunion aus Lauterbach und Wodarg oder etwa Strack-Zimmermann und Wagenknecht. Und zwar gleich bedeutend und alles denselben Raum einnehmend. Dem ist aber nicht so. Immer ist der Faktencheck Gewehr bei Fuß, wenn Videos über bestimmte Personen wie Annalena Baerbock viel zu häufig Aufreger entzünden und man ihr hastig zur Ehrenrettung beispringen muss. Bei Baerbock mussten sie ja schon öfter ran. Es schwingt schon alleine dadurch eine ideologische Verbundenheit mit, die dem Format Faktencheck die Glaubwürdigkeit entzieht, und da hat noch nicht mal die angebliche Propaganda der Gegenseite überhaupt den Mund aufgemacht. So werden Aussagen bis ins Kleinste zerpflückt und „analysiert“ - was im Grunde nur bedeutet, die Schärfe von Baerbocks Aussagen eilig abzufeilen. Das aber nur als mehr oder weniger harmloses Beispiel für augenscheinliche Affinitäten.
Nach drei Jahren Corona kann man, wenn man sich auch nur ansatzweise etwas genauer damit befasst hat, schnell in Zweifel geraten, welchen Wert der Faktencheck überhaupt inne hat. Ständig bemüht man sich, eine Vorauswahl bei Studien und Berichten zu treffen, die man im Hause ARD, ZDF oder dem Volksverpetzer hören und lesen wollte, und da sind Erkenntnisse, die den eigenen Lack zerkratzen können, tunlichst zu vermeiden. Statt dies in rationalem Ton zu tun, lesen sich solche Faktenchecks wie ein trotziges Kind, das mit dem Fuß aufstampft und im Jammerton „Nein, so ist es nicht!“ schreit. Bei den Öffentlich-rechtlichen schreit man natürlich nicht, aber man kann auch mit seriösem Anstrich lamentieren und trotzig klingen.
Das ist höchstens für diejenigen ausreichend, die sich alleine vom Label „Faktencheck“ beeindrucken lassen. Die geballte Kompetenz des Journalismus holte schon zu Zeiten Trumps sehr weit aus, um der rechten Blase das Wissen zu lehren. Natürlich sind Flacherdler und sogenannte Enthüller von Kinderblutsaugern im Eliten-Keller nicht ernstzunehmen, aber inwiefern ist das dazu geeignet, der Demokratie zu schaden? Sollte aus Spinnereien eine Wahnvorstellung und weiterführend eine Welle der Gewalt folgen – dafür sind Faktenchecker eigentlich gut. Sie schwächen die Relevanz von Bullshit durchaus ab, bevor es zu viele werden, die ihre Gedankengänge auf Abwege führen, eine Paranoia entwickeln und dies das Fass zum Überlaufen bringt. Und ja: Wir müssen in solch labilen Zeiten über solche Auswüchse reden und sie einigermaßen ernst nehmen.
Dies sind jedoch Extremansichten, die die Science Fiction streifen und nicht zwangsläufig aus dem Ruder laufen müssen. Dem wird nur leider seitens der Faktenchecker und selbsternannten Demokratieverteidiger nicht die nüchterne Wahrheit eines Sachbuchs entgegengesetzt, sondern das klassische Drama auf GZSZ-Niveau. Es menschelt und dogmatisiert dabei zwischen den Zeilen bis zum Erbrechen, im Schafspelz einstig anspruchsvoller Nachrichtenagenturen, die sich jetzt auch noch zusätzliche Rubriken wie die Faktenchecker leisten. Sie checken dabei nicht mehr innerhalb des demokratischen Rahmens und umreißen die bisherigen Grenzlinien dabei bedenklich enger. Nicht wenige Bürger, die dabei zuvor innerhalb dieses Grundrisses ihren Platz gefunden hatten, wurden durch die neuen „roten Linien“ plötzlich zu Antidemokraten ernannt.
Dass diese offensichtlichen, metaphysischen Veränderungen des Demokratie- und Diskursrahmens nur zu weiteren Verwerfungen führen, wollen sie dabei nicht erkennen. Je größer ihr Eifer wird, je mehr sie sich als Türsteher der neu gerahmten Demokratie positionieren und je öfter sie allzu deutlich die Regierungspolitik in der Leibwächterposition verteidigen, desto demokratieschädlicher wird das Ganze.
Die Absicht und der Selbstanspruch des Faktenchecks ist also völlig ins Gegenteil verkehrt. So werden Fake News mit Fake News bekämpft. Halbwahrheit durch Halbwahrheit ersetzt. Wir bräuchten den Faktencheck nicht, würde man schon auf der Startseite all der Agenturen, Verlage, Sender und Portale nicht die Haltung, Gesinnung oder schlicht die Affinität spüren, wenn man ihre Zeilen liest. Das ist keine Armee, die die Demokratie verteidigt – es ist eine verlorene Unschuld in der Bedeutung des Etiketts, wo nicht differenziert wird. Es ist nur eine neue Ebene, die Wahrheit noch stärker zu vernebeln.
Warum muss man dann ausgerechnet eine medizinische Krise, diese Corona-Krise, so besonders hervorheben? Weil sie nicht mehr mit Empfehlungen, mit rationaler Abwägung, mit offenem Diskurs betrieben wurde. Sie wurde mit einer Angst-Strategie belegt, und diese Angst-Strategie wurde auch noch medial gerechtfertigt. Man hat ihr nur schönere Worte überstrichen. Solidarität, Gemeinschaftssinn in einer desillusionierten Gesellschaft, Zeichnung von Gut und Böse und hat das tatsächlich mit Scheinseriosität überzogen. Und weil sich fast alle Dogmen der Realität ergeben mussten. Weil es nicht brachte, was es beabsichtigte – ein Zusammenrücken oder ein ausgeprägtes Maß an echter Achtsamkeit. Es hat nur die Spaltung vergrößert. Es hat keine Menschenleben gerettet wegen einem immer schwächer werdenden Virus, sondern die geistige Gesundheit durch harte Maßnahmen verschlechtert und mit indirekten Folgen eine Übersterblichkeit herbeigeführt.
Und mit solch einer institutionellen Rubrik im Rücken wirkt es nochmal hässlicher, das feststellen zu müssen. Nun kommen noch weitere Krisen hinzu. Und mit der Bürde der Corona-Strategie ist bei mir alles an Restvertrauen erloschen. Man muss sich seine Nischen suchen, wo man sich wohlfühlt. Und das ist nicht die Ebene des medialen Konsens, der auch noch ständig auf mich einwirken will, mich dazu erziehen will, ein Demokrat nach ihrer Lesart zu sein. Das ist keine Freiheit im demokratischen Sinne mehr, das ist Freiheit unter der Bedingung, individuelle Überzeugungen an deren Linie abzutreten.
Also hat der Faktencheck seine Unschuld verloren, weil zu viele mit der Regierungslinie mitspazieren. Ja, es ist eine trotzige Spiegelung der Verhältnisse und Schlagworte, die wir Ende 2022 so massiv ertragen mussten, was ich hier betreibe. Aber mache ich das nicht an ein paar wenigen aus, die nur durch die bloße Anwesenheit die Kritikebene vergiften würden. Es sind hingegen so viele, die alle in derselben Lautstärke etwas fordern, das nur auf Wunschdenken beruht und in der Methode gefährlich ist. Wer spaziert bei ihnen mit? Kriegslobbyismus, grüne Agenden, Gruppierungen zweifelhaften Charakters, woke Boykotteure oder Sexualextremisten. Und der Faktencheck deckt dies auch noch. Nicht, weil er so naiv wäre, sondern weil er es so will. Unschuldig? Nicht im Sinne der Anklage.
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Holger (Freitag, 24 Februar 2023 10:55)
"Der Faktencheck" - bedeutet übersetzt: Die Hauptinformationsverbreiter haben die Wahrheit so sehr verdreht oder verschwiegen oder gar einfach nur dreist gelogen, daß sich eine Gruppe von Leuten nach alternativen Informationsquellen umgeschaut hat (oder teilweise einfach nur seriösen Journalisten gefolgt sind, nachdem diese von ihrem Arbeitgeber rausgeekelt wurden) . Angebote dafür gab es schon, und mit Zunahme der Repressionen für "Andersmeinende", wuchsen auch die Kanäle, die (zu Recht oder auch zu Unrecht) glaubwürdiger erschienen. Solange diese Alternativmedien nur unbedeutende Verbreitung gefunden haben, konnten sie getrost ignoriert werden. Nachdem sie aber Einfluss und Auswirkung auf einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung erlangt haben (zahlreiche ausdauernde Montagsmahnwachen, die beiden Großdemos in Berlin 2020 und die Spaziergänge haben das gezeigt), konnte man "das Problem" nicht mehr ignorieren.
Zurückkehren zu Wahrheit und Ausgeglichenheit konnte man nicht. Man würde seine "wirkliche" Kundschaft verlieren -> die Werbekunden (Regierung, Pharma und sonstiges ekliges Geschmeiss). Ausserdem soll ein riesiger Teil der Journutten selbst idologisch stark geprägt sein. Also blieb nur die Möglichkeit übrig, die Glaubwürdigkeit der Alternativmedien zu untergraben.
Für sowas hat man ein paar zweitklassische, arschleckerische Worttüftler mit Geld ausgestattet, die die Artikel und Beiträge der Alternativen (niemals die der Altehrwürdigen) durchsuchen und zerpflücken. Wobei auch die "Faktenchecker" teilweise wieder die Fakten verdrehen oder verschwurbeln.
Wer in den letzten Jahren gemerkt hat, daß die Hauptinformationsverbreiter ihrer Aufgabe nicht mehr nachkommen oder sogar zu Lügnern und Manipulatoren verkommen sind, wird ihnen nie wieder vertrauen. Für die "Faktenchecker" interessieren sich diese Zweifler nicht.
Nur für die Noch-Gläubigen sind die "Faktenchecker" installiert worden. Um zu verhindern, daß noch mehr Leute vom Glauben abfallen.
Für mich persönlich waren die "Faktenchecker" niemals unschuldig. Sie sind auch keine Zensoren. Sie sind Zersetzer. Das ist ihre Aufgabe.
Publicviewer (Sonntag, 26 Februar 2023 18:50)
Die ganze Bagage der Faktenchecker und Konsorten, waren doch schon immer der Hegemon der herrschenden Klasse, der eigens dafür eingesetzt wurde den moralischen Ausputzer zu spielen, wenn es um die Deutungshoheit ging.
Und das eben nicht erst seit der Coronakrise!
Franky Müller (Dienstag, 28 Februar 2023 19:18)
Du hast die Situation retrospektiv sauber und perfekt auf den Punkt gebracht, Holger