Ich trat jüngst wieder in eine depressive Phase ein. Das ist für mich erst mal okay, es ist nichts mir Unbekanntes, auch wenn meine bessere Hälfte spürbar Abstand nimmt und wir uns situationsbedingt auch mal annerven. Wir leben beide momentan in diesem Vakuum des Nichtwissens, von Erwartungen, Hoffnungen und Enttäuschungen, wenn man ständig liest, dass alle um uns herum die Freiheit wieder bekommen und bei uns die Politik jedes Hügelchen nach oben im Diagramm wie die nahende Katastrophe wahrnimmt. Zumindest ist es gefühlt so, und immerhin herrscht bei uns beiden Einigkeit, dass das mit Gesundheitsschutz wenig zu tun hat und man sich seit dem Austausch auf der Regierungsbank misshandelt fühlt.
Es ist dann zusätzlich schwierig, diese Beziehungsspannungen ertragen zu können, wenn man Zuneigung möchte, und wir leben beide im Moment sozusagen im Suchmodus, den Ausweg in der Ausweglosigkeit zu suchen. Sie hier, ich dort, und selbst meine Katzen bemerken, dass sie mich in solchen Phasen lieber nicht nerven sollten. Ja, ich ziehe mich dann auch gedanklich sehr zurück und bin launisch. Auf Twitter herumzulungern macht es dann auch nicht besser, und dort stellen sich bei mir die ersten Verschleißerscheinungen ein, so dass ich mich auch vom Zwitscherscharmützel und meinen Stammseiten etwas zurückziehe. Das einzige, was mich bewegt, ist der Drang, Zeilen wie diese zu schreiben, quasi wie ein Tagebuch, in dem ich meinen Seelenballast abladen kann.
Häufig bin ich angefixt von der Gruppenzugehörigkeit in der Blase der Schreiberlinge, gleichzeitig aber auch etwas abgeneigt ob des sich immer weiter ausbreitenden Zynismus, dem Blogger verfallen mögen – das nehme ich alles sehr ernst und adaptiere mehr oder weniger auch das Stimmungsbild. Wellenförmig fühlt man sich im Aufbruch, so wie ich es in den letzten Texten schon beschrieben habe, um dann von Politik und deren Erfüllungsgehilfen im Rücken auf den Boden der Beschlusstatsachen zurückgeholt zu werden. Beschlusstatsachen heißt in dem Fall aber nicht empirische Wahrheit, sondern das selektive Menschenretternarrativ, das alle in die Pflicht nehmen will. Nun macht sich wieder die Depression breit, weil jeder positive Effekt verpufft ist. Die Bewegung stockt. Man wird ungeduldig.
Mir ist das alles so egal geworden, weil ich nicht mehr bereit bin, den Scheiß mitzumachen. Im Moment bin ich allerdings wieder im Zwiespalt gefangen – dass mich einerseits jede(r) in Ruhe lassen soll und ich andererseits Zugehörigkeit bräuchte, die in vielerlei Hinsicht schwierig zu erreichen ist. Es bleibt also wieder an mir hängen, wie ich mich anderen gegenüber aufstelle, die meisten reagieren erst wieder, wenn man sich interessiert und gut gelaunt zeigt. Die Nachdenklichen haben, so muss ich immer wieder feststellen, in dieser Gesellschaft schlechte Karten.
Das einzige, was mir dann weiterhilft, ist sich von diesen Erwartungen freizuschütteln. Mich auf das zu konzentrieren, was mir selbst wichtig ist, meine Hobbys, meine Anliegen, ohne gespannt auf die erhoffte Resonanz zu warten. Wenn die nicht kommt, fühlt man sich schnell enttäuscht, verteilt Vorwürfe, und sei es nur gedanklich, weil man weiß, dass einem dann ein strammer Gegenwind droht. Weil man weiß, dass man rhetorisch nicht so aufgestellt ist, dass es das Gegenüber nicht als persönlichen Angriff wahrnimmt. Ich bin in solchen Dingen nicht geschult, wenn man das so ausdrücken will – und ich nehme mich dann eher aus Rücksicht darauf zurück. Scheinbar der einzige Ausweg, der mir momentan bleibt, auch weil sich niemand die Zeit nimmt, mich dafür ein wenig zu sensibilisieren.
Da heißt es oft, man solle zum Psychologen gehen oder ein Seminar besuchen. Lernen, wie man spricht, um zu inkludieren und inkludiert zu werden. Aber selbst dagegen habe ich Vorbehalte, weil man nach meiner Lesart nur lernt, in Worthülsen á la Steinmeier zu sprechen. Ich würde lieber polarisieren und von anderen erwarten, dass sie das ergebnisoffen aufgreifen und so eine fruchtbare Diskussion entstünde. Sehr häufig jedoch passiert das Gegenteil: jede Person führt eine innere Checkliste, die in meinem Fall eher so ausgefüllt wird, dass mehr rote X-e als grüne Häkchen auf dem Papier stehen. Durchgefallen. Und jedes Mal tut das sehr weh.
Ja, das ist einfach. Es ist bequem, so zu agieren. Aber diese Bequemlichkeit ist in meinen Augen auch gefährlich. Auch weil ich bisher mit dem starken Gegenwind lernen musste umzugehen und sagen kann, dass es sich verdammt noch mal lohnt, es zumindest zu versuchen. Scheitern ist keine Schwäche, sondern ein Lernprozess. Wenn das von der Gegenseite aber so aufgegriffen wird, dass du mehr oder weniger nur eine Chance im Gesinnungs- und Verhaltenstest hast und man dir keine mehr gewährt, bist du unten durch – im Betrieb, in einer Beziehung, im Zweckuniversum von Gruppen, was auch immer Zusammenhalt bedingt. Natürlich ist das ein Ultima Ratio an Ausgrenzung und sozialer Isolation, aber man kann auch lernen, damit zu leben, ohne durchzudrehen.
Dann läuft auch immer ein Film ab, wenn man von schlimmen Meldungen liest. Wenn Maskenträger Maskenverweigerer verprügeln, wenn Maskenverweigerer Tankstellenangestellte erschießen, wenn Krankenhäuser Ungeimpften die Behandlung verwehren, Leute Amok laufen. Wenn Menschen aufgrund ihrer Überzeugungen, die zu eben jener Ausgrenzung oder solchen Erniedrigungen führt, Gewalttaten begehen. Dann sind die Taten für sich gesprochen natürlich zu verabscheuen. Doch erwische ich mich häufig dabei, darüber nachzudenken, ob ich selbst einmal in diese Lage geraten könnte. Wann der Punkt erreicht wäre, dass bei mir die Sicherungen durchbrennen, ich keinen Ausweg mehr sehe und zum letzten Mittel greifen würde. Entweder gegen mich selbst oder gegen andere gerichtet. Ja, es ist ein hässlicher Gedanke, aber man kann ihn nicht abschütteln. Und ich entwickle sogar ein Verständnis für die Täter, weil sie nicht nur aus reiner Boshaftigkeit agieren. Es sind ja nicht selten diejenigen, von denen man dann sagt, sie wären doch so freundlich gewesen.
Also nehme ich schnell wieder Abstand davon. Wie bei vielem ist Distanz das beste Mittel zum Erhalt der eigenen Gesundheit, wobei hier die psychische der physischen vorausgeht. Es ist also keine fehlende Empathie gegenüber den genannten Taten, sondern ein Selbstschutz mir selbst gegenüber. Sich nicht in die Thematik reinziehen zu lassen heißt auch die eigene Gesundheit zu schützen.
So komme ich unweigerlich zur Debatte um die Impfpflicht. Sie nimmt mir tatsächlich die Möglichkeit, meine Gesundheit selbst zu steuern oder zu erhalten. Man fühlt sich damit ausgeliefert, und man kümmert sich zuerst nicht darum, dass es nun millionenfach verimpft wurde und Stand heute nur „wenigen“ geschadet hat. Ich habe selbst alle möglichen Meldungen dazu abgeklappert und entschieden, dass diese „Wenigen“ viel zu viele sind. Und wenn man dazu gezwungen wird und sich wieder vor Augen führt, was andere berichtet haben – die heftigen Kopfschmerzen, das „es-hat-mich-voll-umgehauen“ -, will man das gar nicht erleben müssen. Ich vergleiche es dann mit den Impfungen, die ich mir freiwillig habe setzen lassen – Grippe, Pneumokokken, FSME. Außer einem schweren Arm für wenige Tage spürte ich da nichts. Kein Vergleich zu den neuen Stoffen.
Und jetzt droht mir, dass ich für die „Volksgesundheit“ dazu verpflichtet werden soll. Es soll mich also eventuell umhauen, ich soll solidarisch Kopfschmerzen haben, selbst wenn es wieder wegginge. Und dann weiß man nicht, was noch folgt. Falle ich dann um wie die Sportler oder wie im TV schon zu beobachten? Das passt nicht so wirklich zur Preisung der Genmittel als Wunderstoff, der beworben wird wie es „Esoteriker“ mit ihren Globuli tun. Man ist dann geneigt, diesen fast schon religiösen Eifer per se abzuwehren. Vielleicht mag es der eigenen geistigen Gesundheit nicht gut tun, wenn man sich von allem distanziert oder es mindestens kritisch beäugt, aber es hilft, sich nicht allzu abhängig davon machen zu lassen. Und wenn ich schon höre, dass die geplanten Lockerungen mit einer FFP2-Maskenpflicht belegt werden, frage ich mich, welcher Zacken ihnen aus der Krone fallen muss, mal etwas zu geben, ohne etwas zurück zu verlangen.
Was hilft denn überhaupt zu akzeptieren, ohne es an Bedingungen zu koppeln? Ich gehe kurz raus auf unsere Terrasse, um eine zu rauchen. Stülpe mir meine warme Jacke über, weil es frostig ist. Ein starker Wind pfeift durch die Häuserfassaden. Da höre ich das freundliche Singen von Vögeln. Die ersten Spatzen des Jahres zwitschern des Morgens auf den Dächern, eine Vogelart, die ich nicht kenne, singt und trillert abwechselnd in die Höfe hinein. Da wusste ich, was ich brauche. Nur die Gewissheit, dass die Welt, der Planet, die Natur, funktioniert wie immer. Und dass sie mir diese Hoffnung gibt, nach dem harten Winter wieder ihren gewohnten Gang zu gehen, dass die Vögel aus ihrem Winterschlaf erwachen und sich schon auf den nahenden Frühling einstellen. Etwas ergriffen kehre ich nach drinnen zurück, da springt Monty auf den Schreibtisch, will Streicheleinheiten. Und als meine bessere Hälfte erwacht, nehmen wir uns lange in die Arme.
Dann lächle ich mit feuchten Augen und weiß, dass alles wieder gut werden kann. Weil es mir etwas gibt, was ich nicht zurückzahlen muss.
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marko (Mittwoch, 09 Februar 2022 16:20)
sehr gut. du sprichst für viele. halte durch. die natur, so hast du erkannt, nötigt nicht. alles hat einmal ein ende, dieser wahnsinn auch. kluge köpfe werden nach diesem wahnsinn erkennen, was wirklich wichtig im leben ist, der rest wird weiterhin dem konsum die erste stelle bieten… sie habens halt nicht anders gelernt. die sogenannten tugenden sind ausgestorben, vielleicht hoffentlich nur verdrängt. die zeit heit alle wunden, so heisst es…
epikur (Mittwoch, 09 Februar 2022 22:51)
Vor allem wird jeder, der durchgehalten hat, nach diesem Wahnsinn, gestärkt sein. All dem Psychoterror, der Gängelei und dem Druck - standgehalten zu haben, Zwei Jahre lang, das können die Allerwenigsten! Viele sind ja schon eingeknickt, wegen ein bisschen Verzicht von Urlaub oder Restaurant. Die werden sich irgendwann (wenn nicht jetzt schon) schämen, dass sie sich vorschnell haben spritzen lassen. Die merken so langsam alle, wie sie verarscht wurden.
Sascha (Donnerstag, 10 Februar 2022 05:35)
@marko
"die zeit heit alle wunden" - ja, aber Narben werden bleiben. Wer nicht vorbelastet ist, weiß das auch nicht. Und deswegen werden in diesem weitreichenden Wahnsinn auch viele Wunden bleiben.
Sascha (Donnerstag, 10 Februar 2022 05:39)
@epikur
Richtig. Wenn man mittendrin ist, fühlt es sich vielleicht nicht so an, aber wenn das vorbei sein sollte, wird man stolz darauf zurückblicken. Ich erinnere mich noch an letztes Jahr, wo einige einfach nicht in Urlaub gefahren sind bzw. das vom Impfstatus abhängig gemacht haben. Uns war das egal, wir haben die Möglichkeiten genutzt und eine schöne Zeit erlebt, auch weil die Italiener gefühlt damit viel entspannter umgegangen sind. Die Extremos mit FFP2-Masken waren nicht selten Deutsche.
Gregor (Montag, 14 Februar 2022 04:57)
Hallo Sascha
Danke für diesen Beitrag.
Publicviewer (Freitag, 18 Februar 2022 04:27)
Nichts wird gut, wenn wir das nicht beenden.
Das ist ein Trugschluss, der Folgen haben wird!