„Liebe Gemeinde, wir sind hier zusammen gekommen, um ihn zu preisen. Lasset uns ihm huldigen, ihm Bilder erschaffen und sie in die Welt predigen. Lasset uns beten und ihm unsere Demut beweisen. Und Ihr, die Ungläubigen, begebt Euch in unsere Obhut, auf dass wir Dich geleiten auf den richtigen Weg. Denn nur Er ist die Erlösung aus den finstren Zeiten – so lasset Euch von und mit Ihm den Weg der Freiheit gehen.“
Da haben nun die Verfechter der Wissenschaft so lange gegen mystischen Mumpitz angekämpft. Freiheit propagiert, alte Strukturen wie Lobbyismus, Vetternwirtschaft und Unwissenschaftlichkeit aufbrechen wollen, und nun das...
Da lobte ich in der Vergangenheit noch Dunja Hayali für ihren differenzierten Journalismus, der noch annähernd etwas mit den Tugenden des Berufes gemein hatte. Dass sie ungeachtet des Tenors in den Medien mitten unter die Pegidisten ging und sich deren Sorgen anhörte. Und nun das. Auch sie scheint nun ihren Sinn für Vernunft verloren zu haben, denn was sie analog zu ihren Verdiensten um den Rechtsruck durch die deutsche Flüchtlingspolitik erreicht hatte, wollte sie wohl in der Corona-Krise bloß nicht wiederholen. Auch sie verlor sich in anklagender Borniertheit gegenüber Kritikern. Auch sie wurde immer mehr zum Postergirl des Identitätshypes, als ideologische Superspreaderin ist sie der feuchte Traum des Regenbogen-Kultes geworden.
Wenn man zwei Pflaster in einen Bilderrahmen steckt, den auch noch aufhängt, den auch noch fotografiert und den auch noch auf Twitter verbreitet – ja, dann weißt man, dass man die Erlösung gefunden hat. Oder wahlweise einem Kult erlegen ist. Alles eine Sache der Definition. Für sie ist es scheinbar nur das Ende einer Fahrt in der Corona-Geisterbahn. Sie glauben zu wissen, dass die Fahrt mit der doppelten Impfung dem Ende zugeht. ZDF-Dunja will trotzdem noch solidarisch bleiben, sagt sie. Ich würde ihr das sogar abnehmen, wenn sie nicht ein personalisiertes Statement abgegeben hätte. Impfung ist ein medizinischer Vorgang, der erst mal nur sie selbst betrifft. Dass sie sich trotzdem in dieser veröffentlichten Symbolik verliert und das noch mit einem Aufruf an alle verbindet, ist ein Absurdum sondergleichen. Und der beste Beweis, dass sie nur selektiv solidarisch ist.
Noch ein bisschen Geisterbahn-Philosophie: Wenn du dann aus der Gondel steigst, bist du froh, wenn es vorbei ist. Du hast dich sehr erschreckt – erste, zweite, dritte Wellenattraktion, Mutationen, die auf dich einstürzen und einen gefühlten Zentimeter vor dir stoppen. Die Jumpscares haben gewirkt. Du stehst nun vor dem Fahrgeschäft, atmest schwer, versuchst den Puls zu drosseln und könntest hinab auf den vertrauten Asphalt des Messegeländes treten, dich ins Bierzelt oder zum nächsten Autoscooter begeben. Freie Auswahl, die Kirmes ist ein großer Spielplatz. Ruhe finden, Freude erleben - das wär doch was.
Aber nein. Du gehst wieder zur Kasse der Geisterbahn. Zahlst bereitwillig Eintritt und drehst die zweite Runde. Die dritte. Die vierte. Weil es Spaß macht, Angst zu haben. Du entwickelst quasi ein Stockholm-Syndrom. Du gewöhnst dich an den Knast-Alltag, du bekommst mit der Dauer Angst vor der Freiheit. Der Gewöhnungseffekt tritt ein. Das zuvor Fremde wird dein Freund, die große, weite Welt wird dir dagegen fremd. So ähnlich geschieht es wohl gerade mit den Maßnahmen. Und wenn ich bei uns in die Innenstadt einkehre, in der seit kurzer Zeit die Maskenpflicht draußen gekippt wurde, läuft ein nicht geringer Anteil der Menschen immer noch mit dem Lappen im Gesicht herum. Oder glaubt tatsächlich an das offizielle Narrativ von der Alternativlosigkeit von Gefahren und dem dazu konstruierten Ausweg. Ihm wird gepriesen – dem großen Astra, dem allmächtigen Biontech.
Das ist zwar schon ein alter Hut, aber es zeigt jetzt Wirkung. Auf den üblichen Kanälen wird jedoch schon weiter am nächsten Szenario gebastelt. Delta macht weiter Schlagzeilen, dessen Plus-Upgrade sowie Eta werden schon mal gerüchteweise in Stellung gebracht, und auch hier wieder auffällig auf die Gruppen fokussiert, die bisher nachweislich glimpflich davon gekommen waren. Kinder, Veranstaltungen im Freien, Fußball, vierte Welle – ich warte nur noch auf den Moment, wo mir das alles egal wird. In dieser neuen Phase des Irrsinns ging mir auch zeitweise wieder mein Humor etwas abhanden, zumindest das Dauerthema betreffend. Dass wir mittlerweile wie bei einem Uhrwerk immer wiederkehrende Newswellen vorgesetzt bekommen, müsste doch selbst in der Mehrheit für Stirnrunzeln sorgen. Nichts. Nur noch mehr Angst.
Bisher habe ich mich immer gesträubt gehabt, das Wort „Schafe“ in Richtung der Lockdownfraktion auszusprechen, aber mich juckt es immer mehr, es zu tun. Das Bildnis des Pfarrers mit seinen Schäfchen wird immer klarer und schärfer. Die Appelle werden pathetischer. Selbst die Kirchen, deren theologische Grundsätze ich immer sehr spannend fand und finde, lassen sich vor den Karren spannen. Ihnen gegenüber die Ungläubigen, die Ketzer. Das neue Schafott ist nicht mehr der Scheiterhaufen, der Galgen oder sonstige physische Folterwerkzeuge, heute sind es die psychischen, gesellschaftlichen. Diffamierung, soziale Isolation, das Druckmittel der psychologischen Erpressung. Ob das so viel humaner ist, wage ich stark zu bezweifeln.
Ich hatte irgendwo gelesen, dass man eine Seele sehr schnell zerstören kann, die Heilung jedoch sehr lange Zeit in Anspruch nimmt. Die vernarbte Seele sei schlechter erträglich für Betroffene als die Narben auf der Haut. Und wenn die Mehrheit die Seelen derer, die nicht ihrer Meinung sind, zerstört, muss sie auch erst einmal den Willen haben, sie zu heilen. Die Selbstheilung auf psychologischer Ebene ist unweit schwerer und kein Selbstläufer wie Antikörper und Zellen, die blutende Wunden schließen. Wenn die Mehrheit nicht gewillt ist, den Heilungsprozess zu forcieren, will ich mir gar nicht ausmalen, welchem kollektivem Irrsinn wir entgegen schlittern...
Kommentar schreiben
Cetzer (Sonntag, 04 Juli 2021 11:01)
"Dunja Hayali"
Musste ich kurz duckduckgo-en. Tja, das sind die schlimmen Folgen von Konsens-Medien-Abstinenz.
"gesträubt"..."das Wort „Schafe“ in Richtung der Lockdownfraktion auszusprechen"
Bedenken hatte ich auch, zumal der eine oder andere eigentlich intelligenter als ich sein dürfte. Gleichschritt-Denker wäre wenigstens kein tierischer Anwurf.
"Selbst die Kirchen" - Ad maiorem Coronae gloriam!
Die katholische Kirche konnte nur so bemerkenswert lange existieren, weil sie immer rechtzeitig diversifizierte; Sie hat sicher schon etliche Samenkörner unter den Corona-Maßnahmen-Gegnern ausgestreut. In Süditalien z.B. ist ihr Löwenanteil aufs innigste mit der Mafia verwoben, aber ca. 10% des Klerus predigen (und kämpfen) gegen Cosa Nostra, Camorra und Sacra Corona (sic!) Unita.
"kollektivem Irrsinn"
Et hätt noch immer jot jejange - Oder eben nicht, wie jeder Grabstein eines Kölner Friedhofs beweist.