Es ist August. 1983. Also noch ein Jahr vor Neusprech. Der Sommer wird als einer der wärmsten bis heute in die Statistik eingehen, und ich Pimpf im Grundschulalter muss da wie so viele im Land schon ordentlich geschwitzt haben. So genau weiß ich das nicht mehr. Kindergehirne sind löchrig, meines erst recht, aber da ich mich noch genau daran erinnere, wie ich den Alltag in meiner Schule oder im Hort verbrachte und mit wem, kann der Extremsommer anno dazumal jetzt nicht so einschneidend gewesen sein, dass er heute eine Erinnerung wert wäre. Zwar dämmert mir noch das Jammern über die 30 plus X Grad, aber das kann auch zu fast jedem heißen Tag gehören – weil in Deutschland sogar am persönlichen Wohlfühlwetter etwas auszusetzen ist. Wir meckern ja an allem rum, selbst wenn es Tage gibt, die unseren absoluten Wunschvorstellungen entsprechen.
In den 90ern war ich schon im Gymnasium angekommen. Kaum schulfrei und zuhause, wurde der Rucksack gepackt. Von unserem Wohngebiet aus war es Luftlinie gar nicht mal so weit bis zum Freibad, aber führte der direkteste Weg durch dichtes Waldgebiet abseits der Spazierpfade. Das bedeutete, sich durch Farn, Fallholz und steil abfallende Hänge zu kämpfen. An sehr heißen Tagen hieß das Schwitzen in einer Art Brutkammer-Atmosphäre, und an die Tage kann ich mich sogar noch schemenhaft erinnern. Stehende Luft hing auch schon mal in den Lungen, aber wenn man jung und beweglich ist, jammert man nicht. Ganz im Gegenteil – diese Treks liebte ich bei Wind und Wetter, geschützt von dichten Baumkronen hatte man sogar im Regen Spaß, Einsiedler im Wald zu spielen. Man hatte sich ja zusätzlich eine Hütte gebaut und machte einen auf Rambo mit Schweizer Taschenmesser.
Das auszugsweise aus meiner Kindheit. Natürlich bin ich heute ziemlich domestiziert, das Alter nagt allmählich an den Knochen. Der Berufsalltag verhindert zusätzlich, weiter regelmäßig Rambo zu spielen. Regen wirkt heute nicht mehr erfrischend wie Freiluftduschen, verstärkt eher die Tristesse, die einem wegen anstrengender Arbeit und Betriebsatmosphäre in den Gliedern klebt und die Schmierung verhindert wie auf der A100 den Verkehr durch am Sekundenkleber hängende Letztgenerative. Diese Tristesse, die zusätzlich auf einem lastet, weil Smombies und Gamergesichter offenbar ihre Treks nur noch virtuell begehen und bei jedem etwas wärmeren Tag die Apokalypse heraufbeschwören, weil das echte Wetter etwas anders spürbar ist als eine Pixelsonne im klimatisierten Bürozimmer. Dieser Sommer ist auch besonders zweigeteilt – und da muss man sein Gehirn nun wirklich nicht anstrengen, um die letzten Monate revue passieren zu lassen. Schietwetter-Frühling, bis in den Frühsommer hinein. Das Wetter switchte um, exponentiell von 15 auf 30 Grad. Knalle Sonne.
Eine Woche hielt sich das Höllenfeuer schon, und ich machte mir Sorgen. Wann würde die nächste Untergangsprophezeihung endlich einsetzen? In den Medien war es noch verdächtig still gewesen, zwischendrin redete man gar ein mal (und nicht öfter) im Radio über den Grundwasserstand in der Region. Gut gefüllt, hieß es da. Aber: noch keine Dauerbeschallung von wegen Risse in großen Flächen der Muttererde und Flammenhöllen durch Selbstentzündung. Ich hätte es nicht denken sollen. Nur wenige Tage später ging es nämlich auch schon los. Als hätten sie meine Sorgen erschnuppert und wollten mir einen Gefallen tun, diese zu besänftigen. Und gleich direkt so grundsätzlich und eifrig. Historisch. Zünden die Lunte, und die Bombe platzt gleich. Halten sich die Ohren zu. Weil´s bald knallt. Erderwärmung ist pillepalle, heute muss es kochen. Morgen ist der Planet Erde wahrscheinlich nur noch ein einzelner, brodelnder Vulkan – so wie einst, als der Kosmos Gestein zu einem runden Ball zusammenknetete und es Erde taufte.
Okay, ich gebe zu, noch backen sie kleinere Brötchen. Am besten billig bei Penny. Dazu eine künstlich verteuerte Wienerwurst aus dem Eigenmarkensortiment. Wie finden wir das? Zum Glück greift die Tagesschau das auf, um Menschen zu befragen. Stimmungsbild. Man kann nur mutmaßen, wie der Tag des Kamerateams im Penny um die Ecke verlaufen war. Echte Kunden – wollten die reden? Und wenn, fanden die das gut, was Penny da eine Woche trieb? Ich behaupte jetzt einfach mal: nein. Wer will schon sechs plus x Euro für ein paar Würstchen bezahlen, egal ob da Klimakosten mitverarbeitet wurden? Zehn Produkte an der Zahl, natürlich die meisten Tierisches. Tierisch unlustig, wie man hier manipuliert. Dazu Penny. Ist gleich REWE-Gruppe, Discounterableger – was ja schon mit der Verteuerungsaktion Hybris hoch drei ist. Discounter-Preisdrücker verteuert Produkte, um am Gewissen zu nagen. Dazu die Stammmarke REWE, wo vor den Parkplätzen heute zwischen jeder REWE-Flagge jeweils der Regenbogen gehisst wird. Draußen Haltung zeigen, drinnen Preiskampf. Leere Regale, weil man sich mit manchen Zulieferern verworfen hat. Hybris hoch x.
Egal aus welchen Gründen auch immer – den Kunden kann das nicht schmecken. Doppelter Preis, da pfeift auch schon mal der Geldbeutel aus dem letzten Loch. Und das WDR-Kamerateam kriegt nach Stunden des Verharrens wohl mutmaßlich niemanden vor die Linse, der das gut findet und das auch noch öffentlich aussprechen will. Ach, halt, doch, eine. Eine vom Typus Nachwuchs aus dem Bildungsbürgertum. Gestriegelt, adrett, weder aufgebretzelt noch völlig armutsverwest. Genau dazwischen, kalkuliert modebewusster als der Durchschnitt, leicht oberhalb von Standard. Gesichtszüge wie aus dem Carla Hinrichs-Lookalike-Katalog, aber so viel Sex-Appeal wie Besenstiel, Prototyp katholische Pfarrerstochter; die könnte glatt bei jedem Großkonzern einen gutsituierten Bürojob bekleiden, ohne lediglich als Eyecatcher für sabbernde Neureichgesichter herhalten zu müssen, oder bei der Kölner Journalistenschule anheuern.
Äh...Moment... die HAT bei der Kölner Journalistenschule angeheuert! Arbeitet rein zufällig beim WDR, ging mal einkaufen und wurde auch nur rein zufällig vom Kamerateam angesprochen. Dazu noch Kommunikationsprobleme, falsch verstanden, zu laute Geräuschkulisse, alles rein zufällig und dumm gelaufen, Verkettung unglücklicher Umstände, die aus dem Nichts ein bedauerliches Ereignis herbeigezaubert haben. So muss es gewesen sein. Oder anders gesagt: die müssen uns Pöbel tatsächlich für bescheuert halten, das überhaupt zu versuchen. Hätte ja fast funktioniert, wären da nicht Argo Nerd und Co. Und nicht die Tatsache, dass die das immer wieder so versuchen. Wenn der Pöbel nicht spurt, fängt man an zu fingieren. Zerrt Hannah von hinter der Kamera vor die Kamera, weil Hannah wohl voll auf Klima ist. Und man Hannah und Carla wahrscheinlich mal wechselseitig ins Redaktionsbüro und auf die Straße setzen könnte – optisch würde das kaum einen Unterschied machen. Ideologisch wahrscheinlich auch nicht.
Der Kreis schließt sich. Irgendwas mit Klima, Identitätspolitik und so. Die sollten mal das Gesellschaftsklima retten, statt sich an etwas Unerreichbarem abzuarbeiten und die Stimmung zu vergiften. Sollten. Müssten. Aber seit einigen Jahren das Gegenteil. Und framen die Pegida-Grüppchen von einst heute mit jedem zweiten, der was zu mäkeln hat. Müssen Interviews faken, um dem auf die Sprünge zu helfen und geraten damit unter die Räder. Verteidigen sich dann mit völlig absurden Ausreden, die noch weit bescheuerter sind als noch zu Corona-Zeiten. Wir bräuchten einen Hitzeschutzplan gegen allzu aufgehitzte Gemüter, und die sitzen nicht nur rechts, sondern überall auf der Arschlochbank. Links, Mitte, rechts.
Wir bräuchten wohl auch ein Detoxprogramm. TV-Sperre und Smombie-Reha. Verlängerter Pflichtaufenthalt in einer Waldseehütte, Rambo-Rollenspiel ohne Geballer, und schon gar nicht als virtuelle Version. Sozialstunden für Carla bei der Bundeswehr, 20 km-Märsche im Dickicht, vorrangig im Hochsommer, mit Zeitvorgabe. Sonst noch mehr Sozialstunden. Klimakleben in einer ausgesuchten Psychoklinik, wo all diejenigen behandelt werden, die sie selbst verrückt gemacht haben. Was wir damals freiwillig taten und sie sich in ihren geleckten Vorstadt-Gartenlauben nicht mehr vorstellen können, geht ihnen völlig ab. Ab in den Dreck, ins Unangenehme. Oder warum hört und sieht man im Moment nichts bis wenig von weiteren Klebeaktionen? Bei dem Sauwetter hier flüchten sie wohl lieber nach Mexiko und Bali. Statt selbst ganzheitlich Verzicht vorzuleben, trennen sie lieber Öffentlichkeitsaktivismus und Privates.
Ich würde das nicht mal aus Boshaftigkeit tun, um „andere Saiten“ aufzuziehen. Nicht wegen eines Kontrollticks, sondern einfach, um sie aus ihrer Blasendenke zu kriegen. Ihnen aufzeigen, dass ihr Gratismut keine Überzeugung ist, sondern viel zu bequem; sie dazu auffordern, bei Platzregen auf die Straße zu kleben, sie dem Ursprünglichsten des Lebens und der Natur aussetzen. Ich bin sicher, das würde sie mal auf andere Gedanken bringen, statt sich von der Stilberaterin, höchstpersönliche Rechtsanwältin und besten Freundin namens Mama alles in den Hintern blasen zu lassen. Ich würde, aber ich will nicht. Es würde auch nichts bringen, weil die schon von frühauf so geformt wurden, dass man sie nur sehr aufwändig umkrempeln könnte. Das wird noch so lange weitergehen, bis die Realitätsbombe endgültig platzt, und dann stehen alle wie begossene Pudel da und fragen sich nach dem Warum. Erst dann würden sie in die Phase der Selbstreflexion übergehen.
Dem Moment geschuldet trösten kältere Temperaturen darüber hinweg, dass es nicht so extrem sein kann wie man es gerne im Alarmistenlager hätte. Dabei schaffen es nicht mal die unzähligen Wetter-Apps, die Vorhersagen richtig zu verkünden. In letzter Zeit dringen relativ oft Beschwerden in mein Ohr, dass sich Leute über den zweifelhaften Wahrheitsgehalt ihrer Apps aufregen. Ja, nicht mal innerhalb von 12-Stunden-Zyklen geben die akkurat das wieder, was dann an Wetter eintritt, sagen sie. Offenbar ist ihnen nicht bewusst, dass diese Arbeit nun auch digital ausgesondert worden ist. Auf „Supercomputer“, die das alles selbstständig machen und dabei viel zu viel Bullshit aussspucken. Ein menschlicher Gegencheck wird dabei wohl kaum gemacht. Lieber macht man sich vom Diplom-Meteorologen zum Klimapropheten und trägt noch zusätzlich als „die Wissenschaft“ zum Panizismus bei. Also ist wohl auch hier „digital detox“ angebracht, in Zeiten wie 1983, wo man das noch mit Handarbeit, Hirn und Herz einigermaßen im Griff hatte und das nach Kräften wahrheitsgetreu wiedergab.
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Politikus (Dienstag, 08 August 2023 13:08)
Wissenschaft ist immer begrenztes Wissen.
Und die Wetterpropheten blieben lieber im alten Narrativ, mehr Wasser in der Atmosphäre und es wird wärmer. Dass Wolken die Rückstrahlung des Sonnenlichts ins All bewirken, wissen die zwar, aber das Narrativ ist wichtiger als die Physik.
In manchen Dingen, also wenn es um Physik geht, kann Peter Haisenko mit seiner Interpretation durchaus recht haben.
Einfach bei anderwelt.com nachsehen bezüglich diesen Unterwasservulkamausbruch des Tonga Hongs oder so ähnlich vor über einem Jahr.
Hat das nun den Hitzetod verhindert?
Es hat eher den Hirntod der politischen Klasse bestätigt.
Ich bin vermutlich etwas älter als Du und war mal ein richtiger Stonesfan mit langen Haaren.
Ja, wir konnten tatsächlich ohne Internet und trotz Kaltem Krieg ein spannende und fröhliche Kindheit und Jugend durchleben, obwohl wir viel weniger besaßen als heute.
Ich habe heute einfach einem alten Song-Text meiner Jugendjahre umgemodelt, einfach weil mir danach war.
Ich glaube, Du machst noch Musik.
Du darfst den Text adaptieren.
Ode an Robert Habeck und Annalena Baerbock.
I can‘t get no satisfaction
Well, he can’t be a man, cause he doesn’t can make the same things as me.
The fat Lollus on the radio, tells me, how queer and stupid I have to be.
I can’t get no satisfaction.
And what can do Honky Tonk woman for me?
I can’t get no, no satisfaction.
Who was going around the world, to hold the people in pain?
Guess his name?
The Greenback is ones of this bad game.
I can’t get no, no satisfaction!
Juri Nello (Montag, 14 August 2023 01:46)
Tatsächlich finde ich die Geschichte nicht sonderlich übel. Der Protest hätte bloß 40 Jahre früher kommen müssen, dann hätte man die Weichen in vielerlei Hinsicht anders stellen können.
Damals wollte man das nur partiell. Dummerweise haben auch noch deutsche Ingenieure das Ozonloch gefixt, weshalb eine seltsame Naivität bezüglich Technik Einzug hielt.
Das alles löst das Problem nicht. Es ist sicher schön, dass die Klimakrise uns nicht wirklich anbrennt, was wir (u. a.) unser Klimazone zu verdanken haben. In anderen Ländern ist das anders. Das ist halt auch ein Grund, hier einzuwandern, was ja auch passiert.