1. Isso
Im Verkürzungswahn sozialer Medien und als Ausdruck der eigenen Überzeugung allgemeiner Gültigkeitsvorstellung ist die Kurzform von "Ist so." natürlich die lachse Form von Worttotalitarismus. Isso. Alles andere is net so. Falsch. Fake News. Keine Diskussion. Punkt. Umgangssprachlicher Sprachfaschismus in Reinform. Glauben Sie nicht? Isabbaso.
2. Es ist faszinierend...
Aktuell findet man den Terminus gerne bei einschlägigen Profilen woker Bauart. Auch so eine Wortverdrehung, die die eigenen Hassgefühle nach draußen in der Präsentation abschwächt. Klar, man will Satzfetzen wie "Ich hasse es..." oder "Da könnte ich an den Decke gehen, wenn..." nicht aussprechen, um sich angreifbar zu machen. Also wählt man solche Ausweichausdrücke mit Bedacht - allerdings ist das häufig so, dass man mit dieser Taktik aufmerksame Leser nicht davon ablenken kann, wie sehr negative Gefühle über Sachlagen und Themen vorherrschen. Der einzige Unterschied zum Distanzierungswahn zu "Rechten" oder "Nazis" ist die Wortwahl.
3. Irgendwas mit...
Profile auf Twitter lesen ist teilweise sehr erhellend. Nicht selten gerät man an meinungsstarke Kotzbrocken, die Grenzwertiges ausspucken. Ein Blick in die Profilbeschreibungen verrät so einiges - nicht nur die auffällige Affinität zum "current thing" durch Emojis. Um sich nicht völlig bloßzustellen, aber auch der eigenen Geltungssucht Genüge zu tun, wählt man den sprachlichen Mittelweg. Aktuell sind mir oft Profile mit der Selbstbeschreibung "Irgendwas mit Medien" untergekommen. Sonst gerne mal eine andere Branche oder Selbstzuordnung, "irgendwas mit irgendwas". Die sind letztlich nur der Bodensatz mit einem unausgesprochenen Anspruch auf höhere Ebenen, und gleichzeitig ist es eine Verniedlichung des eigenen Status. Sympathieheischerei, wenn man so will.
4. Blauer Haken
Im Grunde interessiert mich der Symbolismus daran überhaupt nicht. Vorher war es nur ein Verifizierungssymbol, jetzt heult vor allem links herum, dass sie den Haken verloren haben. Die Musk´sche Umkehrung von links nach rechts (oder wie auch immer sich das gestaltet), nehme ich nur wohlwollend auf, weil die Deutungsmacht von links einfach mal weg ist. Gratismut ist jetzt eben nur nicht mehr gratis. Sich also beschweren, den Haken zu verlieren, weil man nicht zahlen will, ist schon verdammt lustig. Also Gratis-Opferrolle mit Reichweitenverlust, den man selbst zu verantworten hat.
5. Mimimi
Der Ursprung scheint nicht wirklich bekannt, ich hatte immer vermutet, es hätte etwas mit der Muppet-Show am Hut. Beaker lässt grüßen. Im Kontext würde es abstrakterweise irgendwie passen, da der arme Kerl ja ständig Experimente seines Professors ertragen muss und berechtigterweise lamentiert. Seine uniforme Sprache ist allerdings für sich stehend wahrscheinlich nur zufällig Vorreiter und keine konkret erdachte Idee dafür. Im Netz genügt es aber, diesen Ausdruck als Unwillen zur Auseinandersetzung mit Andersmeinenden vorzusetzen, mit einer Prise Arroganz garniert.
6. Solidarität/solidarisch
Seit drei Jahren ein derart ausgenudelter Wortstamm, der nicht nur einen kommunistisch-kollektivistischen Anstrich hat. Es ist auch ein Werkzeug zur Schwarz/Weiß-Malerei, mit viel moralischem Übertreibungswert. Wird häufig mit "egoistisch" als Konterpart genannt - was letztlich die philosphische Auseinandersetzung darüber startet, ob Individualismus oder das Streben nach ideologischer Gemeinschaft schlimmer für alle ist. Eigentlich egal - wie immer ist für mich weder das ein noch das andere die Pauschallösung für alle in allen Bereichen. Sonst ist es tatsächlich im höchstem Maße egoistisch oder im Gegenteil systemisch gefährlich.
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Pascal (Samstag, 22 April 2023 17:05)
Es wäre doch nichts an Solidarität auszusetzen, wenn denn die Menschen noch eine vage Ahnung davon hätten, was richtige Solidarität bedeutet.
Das eigentlich Verwerfliche an der Verwendung dieses Wortes in letzter Zeit ist die Tatsache, dass genau diejenigen es wieder in den gesellschaftlichen Diskurs einbrachten, die es zuvor während 40 Jahren Neoliberalismus in der Versenkung verschwinden liessen.
Einzig weil Solidarität schlicht ein Hindernis für den Übergang zum, zuvor zumindest ein wenig sozial eingehegten Akkumulationsprozess innerhalb unserer Gesellschaft war.
Spätestens nach der Wende 1989 fielen alle Schranken, die Goldgräber übefielen jeden Ort, der auch nur den kleinstmöglichen Profit versprach, während die Gralshüter des Kapitals in Form des IWFs oder der Weltbank die Sklaverei in den Ländern des Realsozialismus durch die einer Schuldenfalle, aus der es keinen anderen Ausweg mehr gab, als den Rest des sozialen Zusammenhalts, der Solidarität zu schleifen.
Wenig später übernahmen dann auch wir im Westen dieses Vorgehen, weil wir nicht mehr wettbewerbsfähig waren, und all die sozialen Verheissungen nicht mehr leisten konnten.
Hier durften wir dann feststellen, dass nur Sozialdemokraten dem Sozialstaat und damit dem Solidarsystem den Rest geben konnte, während es in dem 60er und 70er mehrheitlich Konservative waren, die sich zumindest ein wenig bemühten den sozialen Ausgleich aufrecht zu erhalten; allerdings auch das nur unter dem Eindruck der Systemkonfrontation, man wollte ja schon damals auf der moralisch richtigen Seite der Geschichte stehen.
In einer Welt, in der alles einen Preis hat, gibt und braucht es nun einmal keine Solidarität mehr, und alles was nicht mehr benötigt wird, geht irgendwann den Weg in die Versenkung. Unser derzeit herrschendes Wirtschaftssystem ist vorallem auch deswegen so erfolgreich, weil es imstande ist, alte Werte durch neue, allerdings inhaltslose zu ersetzen. Diese Werte kennen wir ja alle:
'Jeder ist seines Glückes Schmied'
'Man kann im Leben alles erreichen, wenn man sich nur genug anstrengt'
Und wer diese Verheissungen nicht umsetzen kann, hat sich eben nicht genug bemüht und damit ohnehin einen Anspruch auf Solidarität der anderen verwirkt.
Alles nur folgerichtig...
mario (Mittwoch, 26 April 2023 10:14)
Solid-bestaendig
Aritaet- Stelligkeit
..dieReichenbleibnReich,die armen arm.
Solidarität nein danke.