In diesem kaum noch zu überblickenden Wulst aus politischen Verwerfungen gäbe es in vielen Belangen Bedarf nach Kontrolle und Offenlegung. Doch statt so einigen vorbelasteten und die Verfassung hart bei den Eiern fassenden Politfunktionäre auf die Finger zu klopfen, schwebt ein Olaf Scholz geübt durch jedes sich ihm bietende Hindernis. Ein Innenministerium weiter bastelt man am sozialistischen Neuanfang, den sogar Erich Honecker bewundernd beklatscht hätte. Vieles davon wird nicht mal einfach so als großes Paket auf den Tisch geknallt. Es sind die kleinen Schritte, die man in kleinen, verschwörerisch-kichernden Flurgesprächen beschließt und auf Gesetzespapier verewigt. Und wenn diese Ideen ein bisschen zu sehr an gesetzliche Grenzen stößt, ändert man einfach das Gesetz.
In einer funktionierenden Demokratie, die wir einst waren, hätte man all diese dubiosen Geschäfte und totalitären Hirngespinste noch an der Türschwelle einkassiert. Mit Untersuchungsausschüssen, Ermittlungen – ja, gar das Parlament reichte mitunter schon aus, jedem seinen persönlichen Schindluder aus den Köpfen zu schlagen. Da lief das noch einigermaßen rund mit den Kontrollinstanzen, die Schaden vom Bürger abwehren sollten. Und heute? Bald sind wir soweit, dass wir uns wohl regelmäßig auf der Straße einer Gesinnungsprüfung unterziehen müssen. Weil da wohl niemand mehr ist, der in der Hierarchie nach oben meckert, egal wie wichtig sich diese Eliten machen und wie anstandslos sich ihre Ideen lesen mögen.
„Sie sind ein Staatsfeind!“, könnte es dann bald lauten, und man ahnt, dass der Vorwurf vielleicht nur dem Kleidungsstil oder einem schiefen Mundwinkel geschuldet sein könnte. Mit der Beweislastumkehr kann man sich anschließend zurücklehnen und sich darüber amüsieren, wie die Beschuldigten im Haifischbecken panisch den Weg aus dem Wasser suchen. Und zumeist sind es solche, die man hätte gar nicht beschuldigen dürfen. Man klebt also normalen, moderat ideologisierten Bürger heimlich einen Zettel auf den Rücken, auf dem „Ich bin ein Staatsfeind.“ steht, und schon haben sie den Salat, den sie wahrscheinlich immer wieder vorgesetzt bekommen werden. Aus ist es dann mit der Ruhe, der Unbedarftheit, dem Mindestmaß an Vertrauen, das man normalerweise Leuten aus Anstand und Respekt vorschießt. Man wird lange dafür strampeln müssen, diese Anschuldigung loszuwerden, aber hoffen Sie nicht auf ruhige Zeiten, sollten Sie sich tatsächlich lückenlos der Vorverurteilung entledigen können. Er wird immer wieder hochkochen.
Stattdessen: Missbrauch des Amtes, öffentliche Ausgrenzungsfantasien und die Anmaßung, alles besser wissen zu wollen. Und wenn sich die Machtetagen gegenseitig ihre Spinnereien in Stein meißeln, ist man als das einstige Souverän – das Volk - entmachtet worden. Die Bürger haben nun das zu schlucken, was auf den Tisch kommt. Und nein: ich glaube nicht mehr daran, dass sie für uns das Beste wollen. Sie drücken jede Agenda durch, die ihnen gerade so vorschwebt, und ständig bedeutet das Mehrbelastung. Alles wird teurer, die Straßen sind kein Hort der Begegnung mehr, sondern ein Schlachtfeld des Misstrauens geworden, nach Einbruch der Dunkelheit noch schlimmer. Der Zusammenhalt, den einst die Straße in Form brachte, wird zur Gefahrenzone umchiffriert. Heute ist jeder potenziell schlecht – außer der Staat stellt entsprechende Unbedenklichkeitszertifikate aus.
So wird eine neue, perfide und subtile Kontrollinstanz aufgebaut, die keine teuren Geräte wie Metalldetektoren oder Kontrollpersonal an jedem Bahnsteig mehr braucht. Das Konzept ist so genial wie gefährlich: es macht uns alle zu Freund oder Feind, mit einem Staat, der die Regeln schreibt und sie einfach auf alle Bürger überträgt. Es ist nicht nur die DDR, die uns hier wieder heimsucht – es ist die technokratische Version davon, mit ein bisschen psychologischer Manipulation durch ständiges Wiederkäuen und gleichzeitiges Trending wie der „Transformation“, die sich der Staat so erdacht hat. Das erreicht man nicht durch Appelle allein, schon gar nicht durch Vertrauen. Da muss Druck hinzu, erpresserische Logik, die nicht körperlich foltert, sondern im Geist. Denn: Narben durch Peitschenschläge erreichen keine nachhaltige Erziehung bereits sozialisierter Menschen. Man muss sie in der Tiefe ihrer Seele erschüttern, diese Widerspenstigkeit, diese Zweifel, die Menschen in sich tragen, zerstören. Wenn man sie im Kopf geißelt, krümmen sie sich, werden gebrochen. Schnell, effektiv, unerbittlich. Und ihnen ist egal, dass man dadurch in die Selbstzerstörung getrieben werden kann.
Sie dienen nur dem Zweck, als Masse richtig zu funktionieren. Denn nur die Masse ist das Rückgrat für eine Agenda. Eine kritische Masse bricht es dagegen. Dafür wird nun daran gearbeitet, dass man die Kritik bricht. Durch Etikettierung, Verächtlichmachung, Vergiftung auf der großen Bühne. Nancy Faeser hat also nicht alleine das Prinzip der Beweislastumkehr eingeführt – es ist schon da. Es läuft. Es bräuchte nur noch einen offiziellen Namen, um es identifizieren zu können. Doch auch das ist Teil der Agenda: es nicht zu benennen oder mit einem Stichwort zu belegen ist für sie der Grund, es verleugnen zu können. Sie definieren dazu noch, welches Handeln ist und nicht ist; etwa bei dem Begriff „Cancel Culture“, der bis heute geleugnet wird, obwohl deren Handeln genau diesem Prinzip zugrunde liegt.
Und sie kontrollieren uns in jeder möglichen Situation. Seit 9/11 ist eine Paranoia entstanden, die die Selbstzerstörung der eigenen Freiheit eingeläutet hat. Wir leben seit nun mehr als 20 Jahren in einem paranoiden Dauerzustand, der Grenzen hochzog. Keine aus Mauern, die autoritäte Systeme unverblümt hochziehen. Unsere, die westlich-freiheitlichen, sind die Mauern, die man nicht sehen darf, um sich von solchen Systemen wenigstens noch auf Papier unterscheiden zu können. Dabei kümmert sich der Westen ja schon um den Islamismus, den er seit dem Terroranschlag als globales Interventionsprogramm gegen das „Böse“ aufgezogen hat. Es ist in unseren Alltag eingesickert, öffentliche Gebäude und Events mit Kontrollen vollzustopfen; wir lassen uns verständnisvoll filzen, gehen unbedarft durch Metalldetektoren oder unterschreiben achtlos Erklärungen zur Erfassung unserer Daten. All das und noch viel mehr sind subtile Beschneidungen unserer Freiheit, und wir leben einfach damit, als wäre es das Normalste auf der Welt.
Doch hat die Demokratie sich damit selbst den Garantien der Freiheit immer weiter entledigt. Nun ist es nicht mehr der Islamismus, der als exklusive Bedrohung angesehen wird – seit einigen Jahren fühlt er sich dazu noch im Inneren bedroht. Rechte oder Verschwörungstheorien haben sich dem dazu gesellt. Überall wittert man Feinde, die dem Hoheitsanspruch als bestes System der Welt an die Wäsche will. Und merkt nicht einmal, dass er sich selbst immer weiter in einem neu gebauten Despotismus mit technischen und kriegspsychologischen Mitteln hinein manövriert. Er kämpft auch weiter gegen die vielen, ideologischen Feinde, nun auch in seinen eigenen Reihen. Baut weitere Kontrollhürden auf, während Verfassung und Gesetze dem zuwider stehen. Also vergreift man sich letztlich auch daran, um die eigene Kontrollsucht gerichtsfest zu machen. Dazu braucht es natürlich auch das Personal, das durchwinkt.
Dass diese Sucht nun auch ins Private übergreift, sehen wir seit geraumer Zeit allzu deutlich. Nun sind medizinische Belange oder der Lebensstil des Individuums die nächsten Teilaspekte, die es zu transformieren gilt. Oder sie sind nur Blaupausen, mit denen man spielen kann, um die Steuerungsmöglichkeiten abzustecken. Man muss sie nur in einen Krisenmodus zu versetzen, um beinahe jedes Handeln zu rechtfertigen. In normalen Zeiten ohne Krise würden solche Methoden umgehend eingestampft. Auch, weil der Zuspruch dadurch sehr gering wäre – mit einer Krise lässt sich dagegen so einiges machen.
Und das geht weitläufig sehr zu Lasten des Vertrauens. Durch Vertrauen wird man staatliche Vorhaben meist nie breitflächig durchbringen können. Der Staat weiß das, und deswegen vertraut er auch seinerseits nicht. Er appelliert schon lange nicht mehr, sondern führt klammheimlich Gesetze ein oder verändert sie. Der Staat hat wohl die Geduld mit seinen Bürgern verloren, weil die sich nicht „vernünftig“ verhalten. Weil er das isst, was ihm schmeckt, und nicht das, was er nach Ernährungsplan braucht. Weil er Minderheiten nicht über sich selbst erhöht und sich vielleicht noch über sie lustig macht. Weil er sich fortbewegt, wie es für ihn am Günstigen ist (und das ist oft nicht der öffentliche Nahverkehr). Weil er sich schlicht nach seinem eigenen Wertekompass verhält und dabei nur seine eigenen Grenzen im Kopf zieht sowie nur ein Mindestmaß an staatlichen, gesetzlichen Grenzen definiert.
Vertrauen ist nichts mehr. Kontrollen sind alles. Aber auch nur, wenn die nicht auf einen selbst zurückfallen. Kontrollieren ja, kontrolliert werden nein. Vertrauen fordern sie dazu durch Druck und Gesetze ein. Als wäre Vertrauen ein Verhalten, das man verordnen könnte. Wie ein moralisch gutes Leben. Oder Solidarität. Die Einordnung von Freund und Feind. Doch wer solche Mittel einsetzen muss, vertraut nichts und niemandem. Und wundert sich, dass er immer unbeliebter wird, Vertrauensverlust erleidet und sich sogar Forderungen nach Kontrollen ausgesetzt sieht.
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epikur (ZG Blog) (Donnerstag, 12 Januar 2023 17:44)
Das Vertrauen, dass hier mutwillig zerstört wurde, wird lange kaputt bleiben. In die Bundesregierung. Staatliche Behörden. Medien. Polizei. Wissenschaft. Medizin. Rechtsstaat. Sie spielen damit allen Extremisten komplett in die Hände, waschen ihre Eigenen jedoch weiterhin in Unschuld.
Polemicer (Freitag, 13 Januar 2023 05:01)
@epikur
Das ist der springende Punkt, nur wann wir die schweigende Mitte mal wach? So lange wir mit unseren Gehältern nicht am Hungertuch nagen, wir die wohl nicht meckern. Die reizen es so lange aus, bis ihre eigenen Wähler etwas genauer auf´s Konto schauen müssen.
Holger (Freitag, 13 Januar 2023 16:49)
Vertrauen ist etwas, was man erwerben/erworben haben muß, wenn man jemandem etwas verkaufen möchte.
Wenn der ganze Laden aber erst mal unwiederbringlich zusammen gebrochen ist werden die Menschen nicht demjenigen folgen, dem sie vertrauen, sondern demjenigen folgen müssen, der ihnen irgendeine Lösung für ihr Elend anbietet.
Das verhungernde Tier hat keine Wahl, welche Abfälle es frisst.
Ich halte das was in Europa geschieht nicht für Zufall.
Eher wird vor dem Abgrund nochmal tüchtig Gas gegeben und so viel Geld wie möglich umverteilt.
Nach dem Zusammenbruch kommen dann die Aasgeier.
Naomi Klein: Die Schock-Strategie
Kann ich nur jedem empfehlen.