Da bin ich also angelangt – im Paralleluniversum der Ausgestoßenen. Welche Kräfte da gewirkt hatten, dass ich mich dort wiederfinde, kann ich im Einzelnen nicht mehr wiedergeben. Klar ist jedoch, dass ich jetzt vollständig im politischen Niemandsland gelandet bin, bei all den Überrumpelten, Enttäuschten, Zynischen und letztlich den schlimmsten Verschwörungsmystikern, denen der Planet und deren ganzes Leben nur ein Planspiel von Außerirdischen ist. Die gehen sogar so weit zu glauben, ihre Existenz sei das Ergebnis irgendwelcher mystischen oder astronomischen Puppenspieler.
Lässt man diese Übertreibungen mal Übertreibung sein und macht sich keine Gedanken mehr darüber, wie ernst die ihre Ideen und Befürchtungen nehmen könnten, sieht man nun, wie die „kleine“ Ecke der systemkritischen Masse allmählich aus allen Nähten platzt. Und das sind weit mehr geworden als ein paar Ken Jebsens oder rechtsradikale Gruppierungen, die den Westen bisher unentwegt als Bedrohung denn als Freiheitsgarant betrachtet haben. Und das liegt nicht nur daran, dass sich jede einzelne Person selbst dazu entschieden hätte – nein, mittlerweile schiebt man nun aus dem Mainstream ab, wer auch nur annähernd Zweifel hat oder Kritik übt. Die werden also aktiv ausgegrenzt, und so wird die Szene der Ausgestoßenen immer größer. Auch weil der Mainstream immer weniger toleriert.
Bessere Zeiten
Es ist schon länger her, da nahm ich den Kreis des Konsens als noch viel größer wahr. Die damalige Punkszene etwa, die zwar plakativ systemkritisch war, aber von der konservativen Fliesentisch-Großmacht doch noch geduldet und noch nicht derart in der Art und Weise bekämpft wie man das heute erschreckenderweise beobachten muss. Auch schon mit Klischees und Abscheu beschmissen, aber niemand kam in den Regierungsetagen auf die übergriffige Idee, die geballte Staatsmacht auf sie loszulassen. Ausnahmen bestätigen die Regeln, sobald eine Community im Großstadt-Kiez nicht nur das Stadtbild verschandelte, sondern auch noch politische Statements auf die Straße trugen, geschweige denn Ladenfenster zerstörten oder Autos in Brand setzten. Erster-Mai-Demos haben nicht umsonst einen entsprechenden Ruf.
Solche Ausschreitungen waren jedoch nicht die Regel oder gehäuft aufgetreten. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Duldung funktionierte. Man kann über Konservative sagen, was man will, und wir kennen alle die Verwerfungen, die mit ihnen einhergehen, aber haben sie lange nicht so viel Rigorosität an den Tag gelegt wie das heute Linksgerichtete tun. Eine gewisse Bräsigkeit gab es in der Nachkriegszeit schon immer, und nachdem sich die 68er-Revolution vollzog, um das alte Rollenbildspiel aufzumischen, sah sich selbst die Kohl-Administration nicht dazu veranlasst, Herrschaftsverhältnisse mit dem Knüppel abzustecken. Auch wenn wir zu der Zeit böse auf den „Bimbes“ schimpften und sich das rhetorisch nicht allzu sehr von heute unterscheidet. Nur damals meckerte man noch an Stammtischen und nicht auf Twitter, wo es mittlerweile jeder sehen kann.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Wo und wie nun diese Zersetzung anfing, lässt sich nur schwer in wenige Worte fassen. Wir ringen nun schon seit Jahren um die Wahrheit, wer oder was diese Entwicklung beschleunigte, und die Konturen, die wir mühsam herausarbeiteten. ergeben immer noch kein klares Bild. Das liegt zumeist auch an den verschiedenartigen Auslegungen politischen und ideologischen Lagerdenkens, was sich teils widerspricht, aber auch ergänzt, ohne dass es bemerkt würde. Ein Blick auf den Zustand heute macht diese Widersprüchlichkeit sichtbar – Punk ist heute Mainstream, ergänzt durch eine quängelige, akademisch geformte Minderheitenbewegung, die weder das Leistungsprinzip noch andere Aspekte, die vorher funktionierten, als unumstößlich und nötig akzeptieren und dazu eine völlige Umkehr propagieren. Teils wegen globaler oder auf das Globale schiebbare Probleme, die jedes lokale oder nationale Anliegen im Keim ersticken. Unvermeidliches oder als alternativlos Propagiertes killt so den Diskurs – besonders zu beobachten beim Grundsätzlichsten aller Themen, dem Klima.
Saubere Luft, intakte Natur und sauberes Wasser als Voraussetzung für Lebensfähigkeit stehen immer mehr im Fokus und erschlagen jedes Einzelanliegen schon im Ansatz. Natürlich sind Veränderungen da, und dass wir Menschen diese verursachen, ist auch kaum widerlegbar. Für mich ist es nur eine Frage des Grades des Problems und nicht um das Problem an sich. Für mich steht fest, dass wir uns verändern müssen, in unseren Gewohnheiten und Annehmlichkeiten. Aber ich berücksichtige auch, dass wir uns nicht mit einem Fingerschnippen einfach ändern und auch noch unsere wirtschaftlich-zivilisatorisch bedingte Lebensfähigkeit umgehend abstellen sollen. Man kann nicht von allen verlangen, jetzt sofort alles zu ändern – kein System, keinen Lebensalltag, keine Befindlichkeiten, die man privat so hat und faktisch alles stehen- und fallenzulassen.
Die Forderungen nach Systemveränderungen für das Klima oder Diversität und somit der Bekämpfung veralteter Gesellschaftsstrukturen werden nur leider mit denselben Mitteln angegangen. Sie bekämpfen den Monopoleismus mit angehenden Monopolisten. Sie fordern Empathie und Menschlichkeit, unterstützen aber kaltschnäuzige Megakonzerne, für die solche Werte nur Marketingstrategie bedeuten. Sie stellen Kollektivismus über vermeintlichen Egoismus, mahnen aber kommunistische oder autoritäre Regimes wegen Menschenrechtsverletzungen an. Sie verachten den Krieg, treiben ihn aber durch indirekte Beteiligung wie Waffenlieferungen an.
Und hier läuft etwas grundsätzlich schief, wenn so viele Widersprüchlichkeiten keine Veränderungen bringen, sondern nur alter Wein in neuen Schläuchen bedeutet. Die Krux besteht letztlich darin, wenn man diese auch noch offen kritisiert. Dies führt nicht zum Nachdenken, nicht zum In-sich-gehen, was denn an solcher Kritik dran sein könnte. Die Gesellschaft hat sich insofern verändert, dass sie jede eigene Idee als Betonpfeiler in die Landschaft stellt, um sie nicht anfechtbar zu machen. Und in diesem Konsens der gedanklichen Verbohrtheit noch Kritik anbringen zu wollen, geht – wie man nun sieht – gewaltig nach hinten los.
Geil auf Despotismus
Das letzte Element für diese schlimmste aller Verwerfungen ist die Gegenreaktion. Ignoranz (was nicht gleichzusetzen ist mit der Duldung) ist ebenso gefährlich wie die jüngsten, aktiven Eingriffe des Staates. Beides bedingt sich auch – zuerst wird man nicht ernst genommen und weg geschwiegen, dazu ausgegrenzt, was nicht als justiziabel gilt und lediglich als Arschloch-Verhalten durchgeht. Doch als wäre das nicht genug, geht der Staat gegen die ignorierte Meinung als angeblich „staatsfeindlich“ vor, wenn man es nach der Ausgrenzung immer noch wagt, Stellung zu beziehen. Die Rahmung hat sich parallel dazu derart verschoben und eingeengt, dass es dem Einzelnen plötzlich selbst schwerfällt, einzuschätzen, ob man nun als „staatsgefährdend“ eingestuft wird oder nicht. Das liegt zuweilen auch an den öffentlichen Beschwichtigungen. Sie sagen es nicht direkt geradeaus – so hat sich auch die zweifelhafte Aussage „man darf alles sagen, muss aber mit den Konsequenzen leben“ durchgesetzt. Dass mit „Konsequenzen“ die Palette von Ignoranz bis SEK-Einsatz reichen kann, halten sie mit solch schwammigen Aussagen offen und ignorieren den Fakt, dass der Satz in ähnlicher Form auch schon dem Munde des Despoten Idi Amin entfleuchte.
Gesellschaftsstrukturell versteht sich der Mainstream heute als unangreifbar, und vor allem die Medien scheinen hier als starrer Riese die Grenzen des Sagbaren ziehen zu wollen. Dazu folgt jedes Thema einer von ihnen definierten Dynamik. Sie stecken ab, welches Narrativ öffentlicher Konsens sein soll, regeln die Sprache oder reagieren umgehend auf das kritische Momentum. Und schreiben selbst fest, welche Aspekte man kritisieren darf und welche nicht. Dass dies jedoch journalistischen Standards nicht gerecht wird, ist ein nicht unerheblicher Punkt in dieser Form von Debattenunkultur. Häufiger wird von Diskursverengung gesprochen, vor allem aus der Ecke der Betroffenen, die eigentlich nur Teil einer Debatte sein wollten und rigoros ausgestoßen wurden, obwohl sie keine strafrechtlich relevanten Aussagen getätigt haben. Ja, selbst die Echsenverfechter könnte man logisch und rechtlich betrachtet nicht staatsgefährdend nennen – höchstens plemplem.
So formierte sich, wie oben beschrieben, eine mehrschichtige Gruppierung jener Randständiger heraus, die sich mit keinem Lager mehr gemein machen. Sie sind jedoch schnell als solche auszumachen, die, stigmatisiert durch den Mainstream, sich selbst jenem Niemandsland zuordnen, wo Extremismus grundsätzlich kein Thema ist, werden jedoch weiter als dessen Dulder diffamiert. Dass sich thematische Schnittmengen mit Extremisten ergeben, bleibt hierbei kaum aus, und das ist für den Mainstream Grund genug, noch weiter nachzutreten. Hier möge etwa an „Mit Nazis spaziert man nicht“-Parolen erinnert werden. Nur: wo waren die Nazis, wenn sie sich nicht mit Fahnen und Bannern als solche zu erkennen gaben?
Mit solchen Kontaktschuldeventualitäten zu arbeiten ist natürlich perfide Logik, hat meist nur hypothetischen Wert, und doch würden Distanzierungsforderungen sowieso ins Leere laufen. Als Vergleich: würde auch nur ein Naturburschen-Nazi auf einer Fridays For Future-Demo mitlaufen – würde sich die Gruppe denn gleichwertig derart selbst kritisieren bzw. stigmatisieren? Natürlich nicht. Und ebenso gibt es kaum einen Grund, sich von Nazis zu distanzieren, wenn man sich als keiner fühlt und auch nur zufällig dieselbe Meinung vertritt.
Eine fragile Scheinrealität
Uns bleibt also nichts anderes übrig, uns in jene Ecke zu verkriechen und uns eine eigene Existenz einzurichten. Selbst wenn es manche Aspekte in den Mainstream schaffen, wie bei Corona gerade zu begutachten, würde der sich nie die Blöße geben, den „Schwurblern“ recht zu geben. Sascha Lobo etwa, der in seinem Fanatismus „Querdenkern“ höchstens einen Phyrrus-Sieg zubilligte, also mehr oder weniger die Forderung nach einer Fehlerkultur ignorierte, die er selbst mal in einer früheren Kolumne einforderte. Darin besteht auch ein Angstkalkül, demjenigen, der den Mainstream bisher immer unterstützte, nicht vor den Kopf zu stoßen und eine Abwanderung von sich selbst herbeizuführen. Nein, sie labeln gar solche Erkenntnisse als ihre eigenen. Lange haben wir versucht, Themenaspekte in den Mainstream zu schwemmen. Dies wurde stur ignoriert – zum Verstummen hat es jedoch nicht geführt. Auch heute noch wird nichts unversucht gelassen, jene Aspekte weiter zu benennen, weil es wichtig erscheint und als mahnende Beispiele der Debatte zugeführt werden müsste. Deswegen ist die Präsenz bei Twitter so wichtig, weil sich gerade dort Medienschaffende und Politiker tummeln, um sich, ihre privaten Meinungen und ihre Sendungen zu promoten. Und wenn man die unwidersprochen zwitschern lässt, wird auch der Diskurs weiter in dem Verhältnis verbleiben.
Dass sich nun manche dem komplett abwenden, weil sie weder Lust noch Energie übrig haben, es weiter zu tun, kann ich zwar nachvollziehen, aber will doch weiter darauf pochen, nicht aufzugeben. Denn irgendwie schwappt das dann doch in den Mainstream über, wie zäher Kaugummi zwar, aber fast schon zwangsläufig, wenn nach der Naivität die Nachbereitung einsetzt. Dies bedeutet leider auch, dass sich dort neben denen, die jetzt vielleicht doch ins Denken geraten, noch einige gibt, die sich in ihren Positionen bestätigt sehen. Solche Personen sind mit die Wortführenden und stecken so ab, wer sich der Mitte noch annähern geschweige denn Teil davon sein darf. Dabei ist es ein fragiles Konstrukt – je schmäler das Fundament des Diskurses, desto weniger standfest. Mit dieser simplen Physik erklärt sich vieles von selbst.
Dabei bedient sich die seriös-kritische Masse nicht eigens kreierten Alternativfakten, sondern fischen meist nur die Meldungen aus dem Mainstream heraus, die eben nicht bis zum Erbrechen wiedergekäut werden und nur Feigenblattcharakter haben. Die nüchterne Verkündung von Inzidenzen etwa, die in den unzähligen Artikeln und Kurzmeldungen nicht oder nur einseitig kommentiert werden. In dieser Unausgewogenheit brauchen wir geradezu die alternativen Medien, um wenigstens eine zweite Sicht auf die Dinge zu bekommen. Dies mag schon mal propagandistisch sein, aber beim Mainstream sieht das doch nicht anders aus. Und Propaganda ist eben nun mal einseitig. Wenn also der Mainstream beide Seiten nicht für sich beanspruchen will, weil (zuweilen falsche) Moral und Aktivismus dem im Wege stehen, muss er sich auch nicht wundern, wenn Leute, die Zweifel entwickeln und sich darin wiederum verunglimpft sehen, abwandern. Anders ausgedrückt: wir bräuchten die alternativen Medien nicht, wenn die Leitmedien ihrem Job vollumfänglich nachkommen würden.
Medialer Kannibalismus
So haben die zivilisatorischen Naturgesetze dafür gesorgt, dass es so ist wie es ist. Unter schlichten Etiketten betitelt, fällt es auch leicht, solche Randständigen negativ zu fokussieren und unterschwellige Kontaktwarnungen auszusprechen. „Querdenker“, „Schwurbler“ - genial einfach, einfach genial. Aber Gift für demokratische Prinzipien. Nun muss man auch den Mainstream mal etwas genauer beäugen, um zu erkennen: welche „Mitte“ definiert denn gerade, was Konsens sein soll? Es sind bestimmt nicht diejenigen, die von Adenauer bis Kohl Wirtschaftswunder, Wohlstand und Frieden geschafft und erhalten haben. Nach meinem Dafürhalten hat die Ära Schröder einen zuvor überschaubaren Einriss in der Gesellschaft zu einem irreparablen Haufen Schnipsel zerfetzt, der nicht nur die politische Landschaft regelrecht auf links gedreht hat, sondern uns auch Kriegsbeteiligung und Sozialstaatsabbau bescherte. Diesen Spaltungseffekt sollte man sich nochmal ins Gedächtnis rufen, um die Entwicklung besser skizzieren zu können, wie sich der Konsens auseinander dividierte und mit dem Internet eine neue, zusätzliche Dynamik erfuhr.
Und so haben die direkten Effekte von Krieg und später die Folgen davon eine Verwerfung herbeigeführt, die bis zu AfD reicht und, noch weiter gedacht, Nazigeister herbeigezaubert hat. Dieser nicht unwesentliche Anteil am Zerwürfnis ist nicht das Ende der Fahnenstange – das Vertrauen in Staat und Medien hat grob seit der Jahrtausendwende derart gelitten, dass die Wahlbeteiligung wie Abozahlen stark gesunken sind. Was auch bedeutet, dass die alten Medienformate in ihrem Informationsauftrag nicht mehr richtig funktionieren und man sich anderweitig informieren will. Natürlich wird gleichzeitig mit der Verteufelung versucht, die digitalen Medien und das Internet allgemein mitzunutzen bzw. zu korrumpieren, um sich weiter als relevant zu markieren. Und werden zuweilen sehr übergriffig, indem sie uns etwa Faktenchecks vorsetzen, die ebenso einseitig wie der „Feind“ ihre Versionen in den Ring werfen. Wutröte dürfte etwa dem Spiegel im Gesicht stehen, wenn etwa Bhakdi-Bücher oder die anderer „Schwurbler“ sich den „Spiegel Bestseller“-Sticker anheften dürfen.
Prügelt ruhig auf uns ein
Dadurch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Altmedien um ihre Relevanz bangen müssen. Sie mögen zwar noch den Fuß in der Tür von Politik und Wirtschaft stecken haben, aber die ungefilterte Weitergabe derer Verlautbarungen sind viel zu offensichtlich geworden. Das wäre allerdings noch nicht das Schlimmste an dem Allgemeinzerwürfnis – nun wird auch noch von deren Seite ein ganzer Restriktionskatalog eingegossen, der den Diskurs nur noch mehr einengt. Wenn also sehr viel Geld in den Ausbau der Cybersicherheit gesteckt werden soll und der jüngste Verfassungsschutzbericht sinngemäß von neuen, sich radikalisierenden Gruppen spricht oder ihnen „Delegitimierung des Staates“ vorwirft, erinnert das nicht an einen wie von Frau Faeser ständig hochgehaltenen Rechtsruck, der richtigerweise angegangen werden müsste, sondern als Drohung gegenüber jeder Form sachlicher Kritik am Staat und einzelnen Beamten, der sich mit solchen Drohkatalogen seinerseits radikalisiert und verdächtig nah an die besagten „roten Linien“ schreitet.
Und selbst der Drang der Skeptiker, sich abseitig einzurichten, wird dabei in den Fokus genommen und als „staatsgefährend“ etikettiert. Es ist also davon auszugehen, dass die bisherige Eskalationsspirale sich bald noch schneller drehen wird als sie es jetzt schon tut. Das alles hat nichts mehr mit „Duldung“ seitens der Politik gemein, sondern mit fehlender Resilienz von Verantwortlichen, die, getrieben von einer eigenen Agenda, einen ausgesuchten Feind zur Jagd ausrufen und all diejenigen mit einschließt, die auch nur annähernd Verständnis für die Gejagten aufbringen. Doch dadurch vergrößert man die Gruppe der „Schwurbler“, „Verschwörungsmystiker“ und „Staatsfeinde“ nur, bis auch der letzte Funken Zweifel in der Angst vor empfindlichen Strafen verstummen könnte. Und sich so mit jenen Staaten und Systemen gemein macht, die wir westlichen Demokraten ständig anprangern.
So sieht nun die Sachlage für mich persönlich aus. Natürlich ist mir bewusst, dass ich mit diesen Ausführungen kaum jemanden zur Selbstreflexion bewegen werde, aber das liegt auch nicht (mehr) in meiner Absicht. Auch die „selbst schuld“-Anklagen höre ich schon, wenn ich auch nur annähernd versuchen würde, meine Motive darzulegen, aber auch das ist mir mittlerweile egal geworden. Ich könnte auch noch so oft wie möglich versuchen, meine Absichten als demokratisch legitim zu verkünden – sie würden es mir nicht abnehmen geschweige denn den Raum geben, es unwidersprochen einer Debatte zuzuführen. Also bleibt mir nichts anderes mehr übrig, es mir in dieser Ecke gemütlich zu machen, weiter so zu reden wie bisher und nur noch auf den Moment zu warten, bis etwa Einsatzkräfte meine Tür eintreten würden.
Ich kann nur noch die Dinge sich selbst entwickeln lassen, bis wir wieder mal vor einem Scherbenhaufen stehen und uns verständnislos fragen: „Wie konnte es nur so weit kommen?“.
Dann kann ich meinerseits entgegnen: „Selbst schuld.“, und bin froh, in einer Blase gefangen gewesen zu sein, die mich von solcher Schuld befreit. Sei es selbst so entschieden oder von anderen so gewollt. Denn: wenn ich schon kein Teil der Masse sein darf, dann bin ich unter diesen Umständen sogar froh darum.
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epikur (Sonntag, 03 Juli 2022 14:53)
Gut zusammengefasst!
Ich bin mittlerweile mit meinen Kräften ziemlich durch. Zwei Jahre habe ich recherchiert, gelesen und getippselt, was das Zeug hält. Die Corona-Sekte zeigt sich von all dem völlig unbeeindruckt. Wir alle sehen das gerade ganz deutlich mit der Verhängung wiederkommender Grundrechtseinschränkungen im Herbst. Das Ding verselbstständigt sich. Ohne Evidenz. Ohne Begründung. Ohne Scham. Es werden wieder Millionen von Menschen leiden - und die große Masse wird das alles frenetisch bejubeln.
Dieser Herbst/Winter wird für mich (und sicher viele andere) auch entscheiden, ob man sich innerlich (und womöglich auch äußerlich) von Deutschland komplett verabschieden wird. Dieses Irrenhaus ist nicht mehr mein Land.
Sascha (Mittwoch, 06 Juli 2022 09:17)
@epikur
Ich kann deinen Verdruss sehr gut verstehen. Die Phasen habe ich auch schon mehrmals durch. Mit dem Unterschied, dass ich schon etwas länger durch bin mit diesem Land. Corona hat das nur noch mal dick unterstrichen.
Brian (Samstag, 16 Juli 2022 16:07)
Wieder mal ein sehr eloquenter (ich liebe solche Formulierungen wie " Die Gesellschaft hat sich insofern verändert, dass sie jede eigene Idee als Betonpfeiler in die Landschaft stellt, um sie nicht anfechtbar zu machen.") und treffender Text.
Ich denke und empfinde in großen Teilen genauso. Was ebenso auf eure beiden
Kommentare zutrifft.
Bei mir kommt - ohne, daß ich alle über einen Kamm scheren möchte - auch noch
etwas weiteres hinzu : ich ekel mich mittlerweile vor vielen sogenannten Mitmenschen (oder besser gesagt : ihrem Verhalten), v.a. vor ihrer Arroganz (immer wieder schön, wenn medizinische Laien meinen, mich - der sich seit 20
Jahren beruflich und privat intensiv mit medizinischen Themen auseinandergesetzt hat und auch weiterhin tut - belehren zu müssen), ihrer Ignoranz, ihrer Gleichgültigkeit, ihrer Empathielosigkeit, ihrem Gehorsam, ihrer
Obrigkeitshörigkeit und Autoritätsgläubigkeit und noch einigem mehr.
Das treibt einen letzten Endes in die innere Emigration. Und ja, Du hast recht, das
ist nicht erst seit 2,5 Jahren so.