Keine Ahnung, ob es an meiner Wahrnehmung oder am „Pride Month“ liegt, aber Twitter quoll mal kurzzeitig mit Wokeness-Themen über. Und bei einschlägig bekannten Profilen, bei denen ich mir immer noch nicht sicher bin, ob die Satire sind oder nicht, wird teils wieder das Feld abgeklappert, das sonst immer mal wieder für leichte Schwemmen trend-gepushter Empörung sorgten.
Bei manchen Accounts jedoch sind gewisse Aussagen derart undurchsichtig formuliert, wenn sie satirisch sein sollen, dass ich selbst meine Fähigkeit zum Erkennen solcher derben Späße anzweifeln muss. X-t man das aus, muss es wohl ernst gemeint sein. Und dann stelle ich mir unweigerlich Vergleiche zusammen – etwa, ob unser „geliebter“ Adolf heute nicht mehr mit Seitenscheitel und markantem Bärtchen, sondern in bester Conchita Wurst-Manier auftreten würde. Langes, volles Haar, getrimmter Vollbart, eng anliegendes Kleid samt Beule im Schritt. Regenbogenflagge und passendes Armband dazu, Standartenträger im Gleichschritt zum Christopher Street Day. Und danach steigt die große Party – ungezügelt, frei.
Das Folgende soll jetzt auch nicht ausschließlich als ernst gemeinte Hypothese verstanden werden. Es gibt zu viele wichtige Themen, über die man sich völlig ernst unterhalten müsste. Zuweilen fand ich schon die Aufregung um die Wurst-Figur so derbe aufgeblasen, was ich letztlich nur amüsiert grunzend zur Kenntnis nahm – einerseits, weil ich dem ESC schon lange nichts mehr abgewinnen kann und andererseits derart schrille Gestalten zu witzig finde, wenn man etwas für ironischen Unterton übrig hat. Solch ähnliche Anwandlungen hatten übrigens schon Monty Python in den Siebzigern, als sie in trivialer Weise Transmenschen in Ministerien setzten und politische Statements mit quiekender Stimme abgaben. Zusätzlich erinnert man sich häufig an die „Life of Brian“-Szene um die Rechte von Loretta, und schüttelt sich, weil die Komikertruppe genau diese Trivialität vorausahnte. Bewusst oder unbewusst, tut gar nichts zur Sache. Es war lustig, und es steckt viel Wahres darin, betrachtet man dies aus heutiger Perspektive.
Denken Sie mal kurz daran, in welcher Epoche sich die Truppe formierte und welche Tabus sie seinerzeit brachen. Heute erscheint es grotesk, dass die Benutzung von Worten wie „naughty“ solch ein Bruch gewesen sein sollte; heute ist man schon so weit, dass ein Prof. Aufgeklärt auf Instagram vom „Hobeln“ spricht und sich die Flinta... Verzeihung, Flinte poliert. Nein, nicht dass es dies in den öffentlichen Sprachgebrauch geschafft hätte, aber lesen sich solche Brachial-Dr.Sommer-Tipps mittlerweile wie das redaktionelle Studium von Youporn-Portalen und die rhetorische Übernahme des darin tausendfach gezeigten, zumeist unästhetisch gefilmten Geschlechtsaktes. Auf ihre Weise banalisieren das Intimste des Menschen zum „Hobeln“ und „Drüberrutschen“, und nachdem wir die sexuelle Übergriffigkeit der Nachkriegsväter ihren rechtlosen Ehefrauen gegenüber aufgelöst hatten, bewegen sie sich unter anderen Vorzeichen wieder in die Proletarisierung des Beischlafs entgegen. Die Ästhetik von Sex ist damit völlig verschwunden, nur weil die Bravo als Aufklärungshilfe mittlerweile zu bieder erscheint.
In dieser Phase der infantilen Neuentdeckung sexuellen Spieltriebes spielt man hier und da Videos ein, in der die Diversität der einstigen Dark Room-Klientel nun auf offener Straße ausgelebt wird. Erregung öffentlichen Ärgernisses wird wohl nur noch dem alten, weißen Mann zugeschrieben. Schrille Drag Queen-Gestalten tanzen und winden sich heute auf öffentlichen Bühnen und spreizen in Kopfhöhe zu Kindern ihre Beine. Manspreading mal anders. Andere basteln sich meterlange Schwänze an ihr violettfarbenes Kostüm und wedeln damit vor den Kids herum. „Frühsexualisierung“ wurde zum neuen Aufregerthema, das sogar Springer-Chef Döpfner dazu bewegte, sich zu distanzieren, wenn auch nur aus dem Kalkül des Wachstums seines Verlages im Land der unbegrenzten Wokeness-Agenda.
Nun – wenn das nun Usus würde, müssen wir uns eben daran gewöhnen, dass körperlich Männliche in Frauenkleidern ihren Lümmel auf dem Bürgersteig auspacken und an ihm rumhobeln. Ist natürlich etwas anderes als Weiße-Socken-und-Sandalen-Träger, die nur mit Mänteln ihren Schniepel verdecken und vor Frauen blankziehen. Das sollte doch bitte berücksichtigt werden, denn können Rassismus und Sexismus selbstredend nur von Männern und/oder Weißen begangen werden.
Man kann den Gedanken ruhig weiterspinnen.
Was würde sonst noch im Heiligen Deutschen Reich Woker Nation so los sein? Alles, was bisher mit Geschlechtertrennung zu tun hatte, würde hinfällig. Nicht nur Unisex-Toiletten oder -Umkleideräume wären Geschichte, sondern auch Dokumente mit den üblichen Angaben über das Geschlecht. Statt zwei Kästchen „männlich/weiblich“ muss ab dann ein Zusatzblatt hinzugefügt werden. Viel Spaß beim Suchen Ihres eigenen Geschlechts, und wenn es noch nicht hinzugefügt wurde, können Sie auch gleich ohne Termin bei der/dem/dey/didelei Antidiskriminierungsbeauftragten vorsprechen. Stellen Sie sich nur auf Wartezeiten ein, der Bedarf ist riesig (hobeln Sie sich dabei ruhig einen).
Wenn Sie sich dagegen als binär outen, gelten Sie als Verdachtsfall. Wenn Sie älter sind, sowieso. Sie werden dann in ein Arbeitsprogramm gesteckt, weil der Großteil der Bevölkerung ihr freiwilliges, soziales Jahrhundert nicht in Anspruch nimmt und sich lieber einer der Parolen wie „Procastinators unite!“ verpflichtet fühlt. Leistung und Effizienz gelten nun als verpönt. Und auch sonst alles, was einer ungestörten Selbstverwirklichung im Wege stehen könnte. Verbindliche Zeiten zu vereinbaren bringen nichts mehr, weil das Bürgertum nun selbst entscheidet, wann sie irgendwo für irgendwas auftauchen wollen. Das darf nicht angezweifelt werden, und wenn die Ämter auch nur Anflüge von Beschwerden vorbringen, wird sofort eine öffentliche Versammlung einberufen, in der der/die/das/dens Betroffene:in:ens sich öffentlich entschuldigen muss. Drag Queens dürfen sich dann zum Abschluss noch an ihnen vergehen. Sie wissen schon: Vergewaltigung betreiben nur alte, weiße Männer. Also nur zu – ab in den Hintereingang mit Ihrem Hobel! Und wenn eine TERF nervt: die auch noch gleich mit beglücken.
Natürlich gehört es dann zum guten Ton, während solcher Veranstaltungen Sex zu haben und sich mit Drogen vollzuballern. Öffentlich, versteht sich. Was soll diese Prüderie? Kinder sind herzlich willkommen, sie sollen sich ja auch selbst verwirklichen können. Ein guter Anlass sind die neuen Sommerfeste im „Pride Month“, die zusätzlich zum CSD gefeiert werden – nennt sich unter anderem CBF, das „Colonial Book Fire“. Jede kolonialistische Drecksliteratur wird hier verfeuert, natürlich nur, um ein riesiges Grillrost zu heizen, auf dem leckere Veganspeisen gegrillt bzw. gekocht werden. Zutaten gibt es nur aus kontrolliert deutschem Anbau, Agrarprodukte dürfen dann nicht mehr von außerhalb geliefert werden, dem Klima zuliebe. Wenn Wege gefunden werden, nachhaltig zu transportieren, sind Ausnahmen erlaubt, so erleben Kutschen – zumindest auf dem Papier - eine Renaissance. Allerdings ohne Pferde oder Esel, da man die lieben Tiere nicht misshandeln will. Wenn Sie Weiße dazu abstellen können, den Karren aus dem Dreck zu ziehen oder auf Galeeren zu rudern, dann darf man sich auch mal einer exotischen Speise erfreuen. Und die Weißen haben dann auch mal die Erfahrung gemacht, wie es war, als sie sich Sklaven und Nutztiere hielten, um sie von A nach B zu bringen.
Alles Schädliche wird natürlich auch verboten. Dank des einstigen Propheten Karl des Großen haben wir die Gefahren von Salz erkannt und es gesetzlich als gefährlich eingestuft. Wir huldigen dem am Karlsfreitag, der den Karfreitag ersetzt (scheiß Religionen!), übernehmen zumindest das obligatorische Fischessen und servieren nun „Laxxfich senza Salz“ und Wein. Auch alle anderen Gewürze und Lebensmittel, die auch nur den Anflug von kultureller Aneignung haben könnten, werden verboten.
Und, und, und...
Es gibt noch so vieles mehr zu berichten im Wunderland der Gerechtigkeit. Freuen wir uns darauf, dass wir endlich erkannt haben, dass der Raubtierkapitalismus, der das Klima zerstört, Menschen entzweit, Druck erzeugt, endlich effektiv bekämpft wird. Wir kehren zurück zum Lokalismus, wir helfen den Schwachen, indem wir die Starken sanktionieren, wir lösen die Leistungsgesellschaft auf, um endlich die ungestörte Selbstentfaltung voranzubringen, wir lösen jede alte Konvention auf, um neue, gerechtere zu schaffen. Wir regeln die Sprache, und wir kennen keinen Hass. Wir werden in einer Zeit und einem Land leben, in dem alle gleich sind.
Das hat natürlich alles nichts mit Orwell oder irgendwelchen Regimen zu tun. Wenn das immer noch im Bewusstsein von Menschen vorhanden sein sollte, müssen wir noch mehr Bücher-BBQs veranstalten und das Internet von diesem Schmutz befreien. Gleich mal notieren: Orwell, historische Abschnitte zu China, Nationalsozialismus und anderen totalitären Staaten zur Löschung geben.
Wer solche Vergleiche trotzdem anstellt, wird wie oben beschrieben zur Entschuldigung gebeten. Die große Wurst hat das so beschlossen, damit wir unsere Würste standesgemäß verwenden können.
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