Was hatte ich mich auf diese Woche gefreut. Nachdem wir uns ein paar Freiheiten genommen hatten, nach Frankreich pilgerten und auch endlich mal wieder Freizeitaktivitäten begingen, die wir nicht ständig vorher unter immensen Anstrengungen ergooglen mussten, weil hier und da G-Regeln oder Zugangsvoraussetzungen unklar waren, ist im Moment die Sach- und Freiheitslage derart entspannt, dass es fast schon etwas grotesk zum letzten Winter anmutet. Und ja: in gewisser Weise müssen wir wahrlich der FDP dankbar sein, dass sie sich einigermaßen durchgesetzt hatte und wir nun weitgehend maskenfrei unsere Freizeit gestalten können.
Dazwischen trendete zu Pfingsten natürlich auch die Unternehmungslust der Deutschen, gepusht vom Appetithäppchen für neun Euro – und damit auch die Konzentration von Menschenmassen in die einzig verbliebene Hoheitszone des Maskenmandats. Ich lache schon ein wenig verbittert darüber, dass man uns ausgerechnet zu dem Zeitpunkt die Leine abnahm und uns das Schienenleckerli hinwarf, um dann eine Menschenkonzentration zu forcieren, die ausgerechnet von jenen beworben wird, die einerseits jede Menschenansammlung über drei Leute als Superspreading-Event bejammern und gleichzeitig ihre Ideologie von der Verkehrswende bestätigt gesehen haben. Ja, auch hier wurde wieder deutlich, dass die Grünen schlichtweg überfordert sind mit ihren Ambitionen, wenn sie in die Realität übergehen sollen oder übergreifend für Widersprüche sorgt.
Mit derartigen Flickenteppichen kennen wir uns ja schon gut aus, weil man in der Politik, egal ob grün, schwarz oder rot, nicht über den eigenen Tellerrand hinausschaut, und wir beäugen das komplette Spektakel mittlerweile nur noch wie Gladiatorenkämpfe und werfen die Dukaten in das Wettsäckel. Ich kann es kaum noch anders wahrnehmen, was hier abgeht. Gerade in den letzten Wochen wird klar, dass es nicht nur noch um ein Thema geht, sondern auch alles in sich verzahnt ist und man es gut und gerne an bestimmten Gruppierungen festmachen kann. Schaut man in die Welt hinaus und versucht, Vergleichbares zu recherchieren – also: wer ist denn genauso drauf wie wir? - findet man dies bei all den globalen Platzhirschen wieder, mit denen sich unser Land so ganz besonders verbunden fühlt. Frankreich und den USA etwa. Da sind die Gruppenverhältnisse ähnlich angeordnet, und die amerikanischen Maskennerds sind ähnlich gelagert wie die unsrigen. Klar – wir nehmen denen ja jedes Narrativ und jeden Lifestyle-Mumpitz ab, der in Wellen durch das Land fegt, bis es auch uns überschwemmt. Die Franzosen gefühlt ein Jahr früher, und wenn man da drüben ist und sich etwa Musik im Radio anhört, kennen wir diese Richtungen noch gar nicht. Man kann aber davon ausgehen, dass es kurze Zeit später auch bei uns aufkommt.
Da bin ich fast schon gespannt, ob und inwiefern sich unser Klimaterrornachwuchs sich am Nachbarland ein Beispiel nehmen und unsere hiesigen Kultur- und Kunsterzeugnisse mit Torten beschmeißen würden. Ich schließe heute gar nichts mehr aus, so derbe sie sich selbst zu Aktionen treiben, die schon seit geraumer Zeit zweifelhaften Charakter inne haben. Die Grünen (und zuweilen auch Teile der SPD) sind ja mittlerweile in ihrer politischen Blase zur Verantwortung gezwungen, eben mit ihrer Handschrift versehen, die ich und gar nicht mal so wenige andere schlichtweg nicht mittragen. Man redet da ganz freimütig von Zeitenwende und neuen Gefahren, und dass das eine Spaltung befeuert, sehen nur die Betroffenen so. Ich sehe das persönlich meist nur durch meine eigenen Augen und bin, je nach Themenkomplex, angetan bis abgestoßen. Mir passt die Scholz´sche Zurückhaltung zur Ukraine gut in den Kram, bei Corona und was momentan schon wieder so fabuliert wird, würde ich bei entsprechender Veranlagung glatt Anschlagsgedanken ausbrüten (tue ich natürlich nicht – auch um den Staatsschutz zu besänftigen, sollte er hier mitlesen).
Für mein und meiner Partnerin Wohl bin ich also eher bestrebt, wie schon häufig beschrieben, Auswege zu finden. Und da sind Ausflüge, Urlaubsreisen und jede Ausnutzung von Freiheiten, die möglich sind, der für mich beste Ausweg. Natürlich könnte ich auch alles über mich ergehen lassen und mich wöchentlich im Selbstmitleid suhlen. Will ich aber nicht. Man denkt dabei auch daran, was passiert, wenn man ohne Gegenwehr oder eigenes Handeln auf sich einprügeln lässt. Es kann zwar tatsächlich helfen, das Internet mit Kritik vollzunöhlen, das haben die letzten zweieinhalb Jahre gezeigt. Und sei es nur sehr indirekt, dass man u.a. die FDP auch mal daran erinnert, was „liberal“ überhaupt bedeuten kann und wie man davon Gebrauch macht. Dass sie sich nun mit Regenbogenfähnchen die Koalition warmhalten, kann sogar liberale Grundsätze bestätigen, aber wir kennen den Lindner´schen Opportunismus und Profilierungsanspruch schon gut genug, um das nicht unbedingt für bare Münze zu nehmen. Jedoch fühlt man sich aufgrund der zähen Entwicklung, die sehr schnell eingetretenen Repressionen wieder zurückzunehmen, trotzdem machtlos.
Also schalten wir gerne und so oft wie möglich in den Touri-Modus. Ob das nur der Ausflug in nahe gelegene Naturressorts bedeutet oder der 3-Wochen-Urlaub in der ausländischen Fremde, ist dabei weniger das Problem. Hauptsache weg, Hauptsache auf das Wesentliche um uns herum fokussiert und den Wahnsinn abschalten. Am Pfingstsonntag war es wieder mal soweit, und deswegen meine Vorfreude. Wir packten unsere sieben Sachen und düsten nach Holland. Vier Nächte Hotel für ordentlich Fleppen (666 € - Kosten of the beast), was uns egal war – wir haben´s ja. Außer die echte Freiheit, die kann man sich aktuell nicht erkaufen, nur erhoffen und sich in der Not erschwindeln. In Holland dagegen hatten wir sie, einfach so. Ja, auch dort entdeckten wir noch ein paar Überbleibsel der Politik, die dort teils ebenfalls rigoros gewesen war (Schäferhunde auf Demos lecken sich die Lippen), aber die paar Plexiglasscheiben in vereinzelten Läden oder Desinfektionsspender an wenigen Eingangstüren sind nicht zu vergleichen mit dem Hygienewahn in Deutschland, der immer noch anhält. Maskentragende habe ich parallel auch versucht auszumachen, unterm Strich habe ich die an einer Hand abzählen können – wobei eine Frau gerade aus einem Testzentrum trat und einer offenkundig ausländischer Tourist war. Doch sonst: nichts. Keine Maskenfetischisten, nicht mal die bei uns üblichen Verdächtigen mit Regenbogenanstrich.
Gerade in Utrecht war das gut zu beobachten. Die Stadt ist ein ähnliches Studentenmekka wie Heidelberg, die Unterschiede in der Lebensweise aktuell könnten jedoch nicht unterschiedlicher sein. Nachdem ich letztens hauptsächlich noch berufstechnisch öfter in HD unterwegs war und mir häufig dieser repressiven Meldepolitik ausgesetzt war, gab es in Utrecht diesbezüglich nichts zu berichten. Abgesehen von der auffälligen Affinität zu Regenbogenfahnen, um den aktuellen „Pride Month“ zu feiern, hätte ich eigentlich erwartet, dass auch die Holländer unter den Studis ähnlich maskengeil drauf wären wie bei uns. Aber nein – nichts. Gar keine(r). Alle splitterfasernackt. Im Gesicht zumindest, nicht vom Plenarsaal mal kurz in die Sauna gewechselt und sich damit zur Wichsvorlage degradiert. Was Tessa Ganserer betrifft – um das mal einzuflechten – frage ich mich ständig, ob sie nur das Instrument für die grüne Dreistigkeit darstellen soll. Als sie gegen die Impfpflicht stimmte, war die Entscheidung um körperliche Selbstbestimmung natürlich richtig, von den Grünen als Partei kam dazu kein Wort. Vielleicht nur Schweigen im Walde, auch intern. Und jetzt kann man wieder volles Pfund gegen die 2-Geschlechter-Theoretiker vorgehen und ihnen trotzige Fotos vorsetzen.
Und so begegnet man in Holland nicht selten demselben Symbolismus – Regenbogenfahnen und neuerdings zusätzliche, mehrfarbige Flaggen ähnlicher Ausprägung. Stadthäuser, in einer Ecke einer Hecke im „Openluchtmuseum“ oder gar ein Fußgängerüberweg sind bepflastert mit dieser progressiven Symbolik. Davon fühle ich mich nicht wirklich getriggert, wenn es um das eigentliche Anliegen geht, das man damit verbindet. Es ist die Art und Weise, die man zumindest aus Deutschland so kennt, die einem zusetzt, weil man mittlerweile als „eklig-weiß“ angesehen wird. Ist das in Holland so? Kann ich jetzt nicht beurteilen, eben weil man fremd ist und sich erst mal nicht darum schert. Doch klar wurde, dass niemand die Lappen auch nur in Erwägung zog überzuziehen.
Ergo: Wir haben die paar Tage dort sehr genossen und mussten feststellen, dass wir den heimischen Stress doch mit uns mitgenommen hatten. Der musste erst mal raus aus den Adern und abgeschüttelt werden. Der Wahnsinn hatte auch uns vergiftet, floss durch die Blutbahnen bis in die Organe. Und du merkst es erst, wenn du plötzlich abends, in aller Stille, am Veluwemeer sitzt und den Schwänen zusiehst, wie sie unter Wasser nach Nahrung fischen. Oder im Restaurant sitzt und so locker-fröhliche Gespräche mit dem Wirt führst, keine Hintergedanken haben musst und nicht zufällig in eine blöde Situation gerätst, die mit noch aktiven Corona-Maßnahmen zuhause zu tun hat.
All das musste uns für fünf Tage nicht kümmern. Die Plastikfolien, die im griechischen Restaurant die Tische trennten, hingen wie ein Relikt aus härteren Zeiten von der Decke herunter. Wie im besagten „Openluchtmuseum“, das im Grunde nur die Lebensweise vergangener Zeiten bildlich darstellte – so auch die Scheiben, Folien und Spender, die man, ohne Eintritt zu zahlen, noch begutachten konnte.
Kaum zurück in Deutschland, sind solche Devotionalien kein Relikt mehr, sondern bittere Aktualität. Im Supermarkt wurden die aufwändig zusammengezimmerten Trennvorrichtungen eben nicht entfernt und prägen immer noch das Raumbild, die an Schleusen am Flughafen erinnern. Wir kehrten auch mit Hunger von der Reise direkt bei unserem Stammitaliener ein und nahmen draußen Platz. So weit alles gut, nur dann kam auch jemand vorbei, um seine Pizzen abzuholen – mit FFP2-Maske, die er auch draußen trug, weil er noch ein paar Minuten auf seine Bestellung warten musste. Ich schoss so unauffällig wie möglich noch ein Foto von ihm. Man weiß dann, wenn man gerade aus einer anderen Welt in den Wahnsinn der Heimat zurückkehrt, diesen nicht mehr in Worte zu fassen. Außer sich beim Nachbarland für die paar Tage Freiheit und die Gastfreundlichkeit herzlich zu bedanken.
Kommentar schreiben