Welche Seite würden Sie als erstes gern lesen? Die gute oder die schlechte?
Ich entscheide mal für Sie und nehme die schlechte, dann ist es schneller vorbei und wir können uns um das positive kümmern. Ich bin ja gerne jemand, der sich das Beste auf dem Teller für den Schluss aufhebt.
Die Tage im Weltgeschehen waren wieder etwas schwerer erträglich für mich. Kaum darf Lauterbach wieder in eine Talkshow, geht der alte Schimpfmist über Impfpflicht von vorne los, und irgend so eine taz-Schwatze ledert in ihres Messias´ Anwesenheit über Ungeimpfte ü60 ab. Nichts gelernt. Null. Nada. Die nächste für die Galerie #ichhabemitgemacht. Hauptsache Herbst und Zahlen hoch und ach so schlimm und Krankenhäuser voll und so. Ich habe nur die Twitter-Schnipsel ertragen, und das reichte auch schon, wieder Dampf in der Birne zu produzieren.
Jetzt wird parallel dazu um Gas, Öl (das rohe), Öl (das für´s Essen), Halbleiter, undwasweißichnochalles lamentiert, und niemand scheint auch nur die leiseste Ahnung zu haben, dass sie sich das selbst zugefügt haben. Es scheint die kollektive Dummheit in Personalunion mit grenzenlosem Moralwahn ausgebrochen zu sein, und alles hat sich ins Gegenteil verkehrt. Ich denke immer wieder an alte, dunkle Zeiten. Nicht, dass jetzt all die Entscheider und deren Fürsprecher jetzt plötzlich Nazis im klassischen Sinne geworden wären, sondern wie man in diesem dummheitlichen Moralwahnsinn jedes Denken abschalten kann und man im Besserwisseritis-Delirium neue Fahnen schwenkt. Keine Hakenkreuze mehr, sondern irgendwas anderes, landesweit Identitätsstiftendes. An ihnen vorbei wird dann nur noch für all jene sichtbar das beschlossen, was uns mit großen Schritten nach 1984 bugsiert, in die schöne neue Welt. Anlasslose Chatkontrollen, Digitalisierung extrem - der Multiorgasmus für jeden machtgeilen Sabberpfützenfüller.
In solchen Phasen sollte man auch lieber die Finger von den sozialen Medien lassen. Die Trends der letzten Tage sind mal wieder ein Auf und Ab für das eigene Gemüt, uralter #Wichswichtel-Kindergarten tauscht mit irgendwelchem anderen Teppich-Niveau-Blödsinn die Plätze. Und so allmählich bekomme ich - nach 4 Monaten wohlgemerkt – eine Ahnung vom Geisteszustand der dort heimisch gewordenen #Nichtwichsel. In solchen Momenten würde ich mir nur einmal wünschen, so jemand stünde direkt vor mir, mit Blau-Gelb-Schnutenschutz, und würde mir den Begriff entgegenspucken – wahrscheinlich würde ich dafür sorgen, dass der Lappen in Lebenssaftrot neue modische Akzente setzen würde. Ich schüttele mich kurz und verwerfe den Gedanken wieder. Ich lasse sie dann doch lieber auf ihrem Psychopathenspielplatz die Ärsche wundrutschen. Alternativ würde ich nur um der Provokation willen Elon Musks Ankündigung befürworten, Donald Trump wieder zu entsperren. Diesen neoliberalen Trollmaster auf die linke Bubble loszulassen wäre wohl bestes Kino, mit dem man sich ja in keinster Weise gemein machen muss.
Also genug der Wut, Twitter wegklicken und sich den schönen Dingen im Leben widmen.
Sie erinnern sich noch an Kuchen spachteln im Gras? Der „Jo-hof“ war am Samstag wieder unsere Anlaufstelle. Nach den hammermäßigen Konditorwaren sollte was Handfestes her, also Tisch reserviert und hin. Viel Deutsches gab es zu bestellen, ich versuchte mich jedoch an einem „Jo-hof“-Burger. Damit kann man für den Anfang prinzipiell nichts falsch machen, sollte das Quetschfleisch wie eben jedes von Burgerbuden schmecken. Aber weit gefehlt – schon das Zubehör klang anders. Wasabimajo (scharf, aber nicht zu penetrant); auf den Punkt gebratener, knuspriger Bacon; rote Zwiebeln, die ich erst für Rotkraut hielt (schmeckt auch so ähnlich); selbstgemachte Burger Buns und natürlich das Paddie. Medium. Und wenn die sagen „medium“, dann ist es medium. Zusammen mit innen-fluffig-außen-knusprig-Kartoffelecken und einem Gläschen Coleslaw natur hörte man von mir während des Verdrückens nur erregte Seufzer und genüssliches Schmatzen. Zum Nachtisch noch zwei Kugeln Eis (selbstbemacht) und Erdbeeren aus eigenem Anbau (zur Zeit noch ein wenig säuerlich).
Pappsatt. Ein Geschmackserlebnis wie selten. Ich schwelge noch, während ich mir noch jeden Mundwinkel abschlecke, kurz in Erinnerungen über Hamburger – der beste, den ich in den letzten Jahren gegessen hatte, war in Frankreich bei einer „Autogrill“-Kettenraststätte (!!). Ja, es war eine Überraschung gewesen, an der Bar zu sitzen und erst mal zu warten, bis die Mitarbeiterin den üppigen Fleischlappen hinten grillte und frische Zutaten auf dem Brötchen drapierte. Der, den ich jetzt am Samstag aß, war zumindest das Beste, was ich an Burgern in Deutschland je gegessen hatte. Nicht billig, aber jeden Cent wert. Als Beweis hätte ich jetzt auch ein Foto veröffentlichen können, aber darf man jetzt nicht mehr (nein, im Ernst: ich bin kein Fan von Essensfotos und anschließendem Facebook-Foodfetisch).
Neues von meiner Maskenfront gibt es auch. Beim Marktkauf, wo ich häufiger bin, war ich ein wenig überrascht, dass ein Großteil der Belegschaft plötzlich ohne dastand. Zuvor trugen ausnahmslos alle welche, am Montag nur noch vereinzelt welche. Und plötzlich war auch der Anteil an Kunden um einiges niedriger, die noch welche trugen. Und ja: ich fand es befreiend. Fühlte mich plötzlich richtig motiviert, einkaufen zu gehen, sogar noch ein paar Extraminuten durch die Regale zu schlendern und fand sogar noch Rapsöl im entsprechenden Fach. Daneben irgendein „Made in Ukraine“-Öl mit exotischem Namen, für fünf Euronen pro Liter. Aber sonst noch alles gesund im Kaptialistenhirn, oder? Gut, vor anderthalb Jahren verkauften sie auch plötzlich italienisches Klopapier. Vielleicht haben wir bald mazedonisches Mehl oder norwegische Nudeln im Regal ausliegen, weil wir zu blöd sind, für uns selbst zu sorgen. Derweilen beschwichtigt das Supermarktradio die Kunden in flötigen Tönen: „Die Versorgung ist jederzeit gewährleistet. Bitte seien Sie solidarisch und kaufen nur haushaltsübliche Mengen ein.“. Dabei ist die Dauerbeschallung sowieso eher die Propagandamaschine mit Marketingkonzept, und diese unprätentiöse Berieselung schleicht sich wahrscheinlich auch in das Kaufverhalten der Kunden. Ich höre da öfter etwas bewusster hin und ziehe meine eigenen Schlüsse daraus. Wer also dachte, die üblichen Radiosender im Auto wären schon übergriffig, sollte mal am Tiefkühlregal die Lauscher auf Empfang stellen.
Rübergeswitcht zu Netflix. Habe es gekündigt und aus der Linkliste entfernt. Seit das Streaming-Portal durch die Decke ging und gleichzeitig dieser aggressive Diversitätsquatsch hochkochte, empfand ich die Mitgliedschaft dort immer mit einem bitteren Nachgeschmack. Die Eigenproduktionen haben mich nie wirklich mitgerissen geschweige denn interessiert, jeder zweite neue Output war entweder auf woke (also reiner Personenkult auf Coming-of-Age-Basis) oder Tabubrüche á la „Squid Game“ getrimmt. Dass bei Netflix nun die Abo-Zahlen einbrechen wie der Aktienkurs und dann noch die Ankündigung kam, sie würden jetzt mit Werbeeinblendungen ankommen, wirkte auf meine endgültige Entscheidung begünstigend. Ich werde dann das eingesparte Geld von 17,99 € anderswo anlegen - da gibt es genügend andere, in die man besser investiert.
Zum Abschluss sitze ich auf der Terrasse. Das Wetter ist wieder proppeschön, und meine geliebten Schwalben sind ins Hofareal zurückgekehrt. Ich mag diese wendigen Vögel - sie strahlen so viel Lebensfreude aus, wie sie frei über mir ihre flotten Runden drehen und dabei angeregt pfeifen. Die Sonne macht mich wieder langsam zum Italiener. Dabei freue ich mich auf Holland in drei Wochen. Das macht Hoffnung auf einen sehr lebenswerten Sommer.
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Struppi (Dienstag, 17 Mai 2022 14:52)
Schwalben oder nicht vielleicht Mauersegler?
Sascha (Donnerstag, 19 Mai 2022 11:21)
@Struppi
Gut möglich, danke dir für den Hinweis an den Laien �