Ich habe geweint, vor Freude. Die Abstimmung zur Impfpflicht und ihr Scheitern hatte durchaus etwas von Kitschkino mit überbordender Melodramatik. Ein wenig wie Star Wars, Episode 4 bis 6, in denen das Drehbuch vorgab, die Rebellen kaum einmal durchatmen zu lassen. Sie vom Impferium jagen zu lassen, bis in die entlegensten Winkel der Galaxie. Die Machtspirale bohrte sich immer mehr ins Fundament unseres Staates, und wir, die Kritiker-Skywalkers, -Solos und -Leias mussten ordentlich Federn lassen. Star Wars ist kein buntes Wohlfühlkino, auch wenn die Schlachten einen gewissen Unterhaltungswert haben und das Adrenalin hochkochen lässt.
Nach zwei Jahren wurde ich aber erschöpft von dem Dauerfeuer, die Schlachten focht ich nur noch mit halber Kraft. Das war wohl auch einer der Gründe, warum ich mir die Abstimmung nicht exklusiv antun wollte und ich mich eher auf´s Schrauben, Bohren und Sägen konzentrierte. Draußen begann es zu regnen, eine passende Kulisse für die Melodramatik, als die Abstimmung vonstatten ging. Man dachte, es würde trotzdem durchgehen, und selbst wenn es mich mit fünfundvierzig nicht betroffen hätte, hätte man mit weiterführenden Beschlüssen rechnen müssen. Solche Teilerfolge treiben die Moralisten hastig zu den nächsten, unabhängig vom vorausgegangen Scheitern über die allgemeine Impfpflicht.
Meine Tränen, die ich dann abends vor der PC-Kiste fließen ließ, waren Ausdruck vom Lösen aus der Drucksituation, in der ich mich erst weniger, dann mehr befunden hatte. In solchen Momenten wird dir klar, dass du dich seit zwei Jahren in einer Schockstarre befunden haben musstest. Geschockt zu sein, wie weit jemand geht, um eigene Ziele durchzupeitschen. Im nationalen Ausmaß ist das weit intensiver als nur der Konflikt innerhalb kleiner Gruppen oder im Dialog. Aber hier hatte das ein Ausmaß angenommen, dass man sich davon kaum lösen konnte.
Die Urlaube waren mitunter das Einzige, das mich aus dieser Spirale befreite. Man kommt weg aus der psychischen Verantwortung, die man sich selbst ins Programm schrieb, und ein Gerechtigkeitsfanatiker wie ich kann das nicht so leicht taub stellen. Mein Mindset drängt mich immer wieder dazu, mich in solche Scharmützel zu stürzen. Und dabei wollte ich niemandem das Leid zuführen, das wir jetzt schon so lange ertragen müssen, während man konsterniert feststellen muss, dass nicht wenige beginnen, diesen Schockzustand als etwas Normales zu betrachten.
Nur war leider nur der Zug schon abgefahren, als mir bewusst wurde, dass die Maßnahmenfans gar nicht aus ihren Ketten befreit werden wollten. Wann das eintrat, weiß ich nicht mehr so genau, vielleicht schon 2020, als die Lockdown lights und danach volle Pulle eintraten? Vielleicht etwas später, mit den Impfstoffen, die viele als das Schlüsselloch empfanden, die Tür zur Freiheit zu öffnen und doch nur in einen weiteren Raum im Labyrinth traten? Wir irrlichtern immer noch durch die Gänge und suchen den Ausgang. Und je mehr wir durch die Gänge irren, um so weniger habe ich den Eindruck, dass sie irgendwann den Ausgang aus dem Irrgarten finden wollen.
Allen voran das Karlchen. Seine Kopf-Tisch-Reaktion zur verlorenen Abstimmung war bezeichnend, seine Reaktionen danach nicht weniger. Er gibt nicht auf. Er droht schon mit dem Herbst, Maßnahmen, Lockdown, volles Programm. Und wir wissen noch gar nicht, was kommt – außer dass die Zahlen steigen werden. Die Inzidenzen, die wieder so viel Macht über uns haben werden, dass ihre simple Nummer die Schockzustände reaktiviert. Und dann werden sie uns wieder einsperren, die Ungeimpften fertigmachen, vielleicht noch etwas mehr als bisher. Denn Karlchen will nicht verlieren. Es darf nicht sein. Wenn ihm jetzt keiner die Hände abhackt, wird er sich so sehr in Rage beschließen, bis er hassergeben mit seinem Lichtschwert herumfuchtelt und selbst etliche Hände abhackt.
Jetzt ist so ein Moment, in dem ich ihm alles zutraue. Ob er uns jetzt ein halbes Jahr lang in Ruhe lässt – keine Ahnung, muss man abwarten und weiter beobachten. Doch jetzt scheint der Punkt erreicht, an dem seine Selbstherrlichkeit in Rachegelüste umschwenken. Seine Tweets und die Aussage auf der Bundespressekonferenz lassen den Schluss zu. Und wenn wir uns jetzt dem Freudentaumel ergeben würden, es als Endsieg über die Ungerechtigkeit feiern würden, wäre es ein Irrglaube zu denken, dass wir jetzt aus dem Labyrinth herausfänden. Wir sehen nur die Tür, zu denen uns Karlchen und Co. hinleiten, und immer mehr beschleicht mich das Gefühl, dass er weiß, was dahinter ist – nur ein weiterer Gang, der zu weiteren Wegen und eine Sackgasse führt.
Und ich glaube sein dreckiges Lachen zu hören, wie er Traubensaft-getränkt wieder Studien liest und seine Long Covid-Geschichten versucht, als Argument für die Aufrechterhaltung der Krisenlage heranzuziehen. Das Impferium kehrt zurück, und die Kinofans wissen, was das heißt – die Rebellen werden noch härter gejagt, in Karbonit eingefroren, von den Spritzen-Sturmtruppen in aussichtslose Gefechte verwickelt. Und Darth Karlchen steht mit versteinerter Miene im Kommandoschiff, starrt in die Sterne, als wollte er sagen: „Ich kriege euch alle.“
Die Saga ist also - so sehe ich das - nicht zu Ende.
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