Scheinbar ist meine Down-Phase wieder vorbei. Nachdem ich am letzten Sonntag wahrhaftig in mich zusammengebrochen war, war auch der Punkt erreicht, an dem ich meine Down-Phase nicht mehr leiden mochte. So weit muss es erst mal wieder gekommen sein, um wieder besser zu werden. Mir sind diese Psychowellenbewegungen nicht mehr unbekannt, aber sind sie verdammt kräftezehrend. Wenn es zu viel wird, akzeptiere ich den Zustand auch nicht mehr, weil ich mir sonst immer einrede: ein bisschen down zu sein ist schon okay.
Im Verlauf der Woche bekam ich auch wieder meine gute Laune zurück. Irgendwer hatte sie mal kurz gehalten, während ich ein Bad im Dunkelbecken nahm. „Verlier es bloß nicht.“, mahnte ich diesen Irgendwer an. „Ich brauche sie noch.“ Solange ich sie nicht verschenke, ist alles gut.
Noch letztes Mal dröhnte ich mir voller Schwermut selbst den Kopf voll, hier zu verschwinden. Im Grunde ist der Gedanke nicht verschwunden, aber wie es der Zufall (oder die Beharrlichkeit meiner besseren Hälfte) so will, wagen wir uns ganz langsam wieder an die Urlaubsplanung. Erster Plan: Sonne. Ich hätte auch nichts dagegen, wieder nach Schottland zu reisen oder das erste Mal Island zu sehen, aber wir waren uns einig, dass wir dieses Jahr noch mal ans Mittelmeer wollten, um die Germano-Strapazen angemessen abschütteln zu können. Vielleicht das erste Mal Griechenland? Hm, kurz ADAC gecheckt – nee, lieber nicht. 2G in Innenräumen, immer noch, eigentlich volles Programm wie zuhause. Ist nicht Sinn der Sache, den Arschlochgesetzen der Heimat entfliehen zu wollen und in einem anderem zu landen, egal wie schön es bei Zeus und Co. ist. Zweiter Gedanke: Fronkreisch. Und dazu mein innerer Wunsch, wieder in einer Gegend zu sein, in der ich mich beim ersten Mal schon sehr wohl gefühlt hatte: Hyères. Wir drücken schon mal die Daumen, dass die nach der Wahl nicht wieder auf dumme Gedanken kommen.
Während ich das meiner Freundin so lose offenbare und danach noch nicht so wirklich nach Aufenthalten geschaut hatte, tat sie das sogleich und auf ihre übliche Art konsequent. Ein paar Tage nach meiner Äußerung ruft sie mir rüber: „Boah, schau dir das mal an.“. Und ich schaute. Die Ferienwohnung selbst ist eine kleine 1-Zimmer-Appartment-Klitsche, nett, nichts Besonderes, aber angemessen ausgestattet. Draußen hingegen... siehe Artikelbild. Jetzt muss es nur noch eine Zusage geben und das vor Ort so malerisch werden wie auf den Bildern, dann wäre ich King Glücklich.
Die letzte Woche im Maskenzwang habe ich auch eher locker mitgenommen. Auch das Gequängel in den asozialen Medien, wo man sich wieder nicht zu dumm und dreist ist, Schuldige vor allem an der FDP bzw. Buschmann festzumachen, und jetzt trendet nach #SterbenmitStreeck nun #Buschmannstote. Als hätte dieser FFP2-Shit was gebracht, die mal-mehr-mal-weniger-Lockdowns, die Impfungen. Deutschland ist jetzt gerade im Stokowski-Modus – mittendrin und immer noch voll im Saft, wenn man die Realitäten per Gedankenschild noch krampfhaft abzuwehren versucht.
Und ich bin da irgendwie seltsam unsicher. Weil man nicht weiß: wie verhalten sich die Leute jetzt nach Aufgabe der Maskenpflicht jetzt? Fallen sie wirklich bei den meisten? Gibt es im Supermarkt Tumulte untereinander, weil die Maskenfans nicht kapieren wollen, dass man den Freiluftfans jetzt erst mal nichts mehr anhaben kann? Jedenfalls flennen sie sich gerade ihren letzten Strohhalm des Hausrechts herbei. So ist das wohl, wenn man die ganze Zeit gepampert wird und plötzlich die strenge Hand der Erziehenden nicht mehr greifbar ist. Und man weiß nie, wie viele Twitter-Tränendrücker im realen Leben wirklich herumstänkern werden. Wahrscheinlich kaum jemand, aber man rechnet immer mit Ausreißern.
Cut.
Weiter stöbern. Die restliche Zeit unserer Urlaubszeit Ende August bis September will noch verplant werden. Ein bisschen Paris als Kontrastprogramm zur Mittelmeerküste? Erst dachte ich etwas vorsorglich genervt (boah, Großstadtgetümmel) daran, nein zu sagen, aber so, wie wir sonst Urlaub machen und auch letztens Jahr auf die Art ein paar Tage Rom mitnahmen, wäre das im zweiten Gedankengang eine gute Sache. Jetzt noch zwei weitere Tage sinnvoll füllen, und da haben wir den französischen Alpenort Annecy in Augenschein genommen.
Nun sind wir vom Metropolengewimmel über Côte-d´Azur zu Alpenpanorama mit allem versorgt für den Sommer. Fehlen noch Pfingsten, wo wir noch keinen Plan haben, wo wir hin möchten, und ein Wochenende Dresden bzw. Umland, wo die Firma meiner Freundin ein Sommerfest veranstalten will. Dresden wäre auch mal interessant, kannte ich bisher nur vom Wochenend-Band-Getingel, und da sieht man meist nur rotzige Veranstaltungsorte und die Straßen, die dort hinführen. Aber sich mal den Zwinger, die Frauenkirche, die Semperoper und anderes ansehen, dazu kam es nicht. Also wäre da im Juli eine gute Gelegenheit, das nachzuholen.
Und wieder rüber in die Politikbubble. Man will ja einigermaßen informiert sein, aber da im Moment der ganze Ukraine-Dreck die Runde macht und ein paar neue Hetzgestalten am Horizont auftauchten, versuche ich, das eher alles nur noch beiläufig zur Kenntnis zu nehmen. Nach Corona habe ich keine Lust, mich in das nächste Hamsterrad zu bemühen, das unter dem Motto steht, auch noch den Kümmerer für Kriegsgeschädigte zu spielen. Grün-aktivistische Weltenretter sind dagegen wieder voll dabei, als hätten sie ihr Empör- und Helfersyndromspulver noch nicht verschossen. Jetzt haben sie ihr nächstes Projekt mit den Ukrainern am Laufen und nehmen gar das noch zum Anlass, ihre alte Leier neu anzustimmen. Energiesparen, Verzichten, Verbote, Fingerschwinger, die Moral-MG feuert wieder aus allen Rohren. Man ist fast geneigt zu sagen, dass das alles erst vorbei ist, wenn sie sich selbst im Bunker die Kugel verpassen.
Und während ich die Freiheit wittere, die sie mir so lange verwehrt hatten, reden sie in Deutschland wieder jedem ins Gewissen. Jetzt sind auch wieder die Springer-Medien auf den Zug aufgesprungen und reaktivieren ihre alten Kriegströten, was wiederum ein übler Widerspruch zu ihren empathischen Anwandlungen zu Corona-Zeiten ist. Dazu heult die Bild wie in besten Zeiten über Spritpreise und kümmert sich rührend um den Geldbeutel anderer und verkennt, dass sie selbst ganz vorne dabei sind, Putin zu Entscheidungen zu treiben, die uns selbst härter treffen als ihn. Querschläger gegen die Stahlbande, der im eigenen Oberschenkel landet.
Wir haben da eine Riege Menschen in den oberen Etage sitzen, die die Erlaubnis haben, alles zu verkünden, was sie wollen. Und das sind meist die Windeier, Personen mit Geltungssucht, die, wenn sie nicht Politiker oder Journalisten geworden wären, neben den Ehrlich Brothers oder Eckart von Hirschhausen den Hampelmann gemacht hätten, nur um auf der Bühne zu stehen. Und die Woken sind da ganz vorne mit dabei, nehmen sich dabei sehr ernst und verkaufen ihre Allmachtsfantasien als moralisch gute Ideen. Jetzt sind wir selbst in dem Dilemma, dass die Preise uns weiter ächzen lassen, natürlich sollen wir dann wieder ganz arg verzichten, und wenn wir das nicht tun wollen, droht man mit Gesetzen und Pflichten.
Da denkt man automatisch ans Verschwinden. Ob ich jetzt nur den halben Betrag aufs Sparkonto rüberziehen kann, ist in unserer beider Situation momentan noch stemmbar, aber ich habe irgendwie keine Lust, den Verzicht aufgezwungen zu bekommen und dies und das nicht tun zu können, nur um deren Gewissen zu befriedigen. Das würde bedeuten, dass wir dann gar nicht mehr oder kaum noch wegfahren könnten, um der teutonischen Freudlosigkeit zu entkommen. Da kommst du auf den verschwörerischen Gedanken, dass sie dir die Geldmittel entziehen, damit du hier nicht mehr weg kannst.
Ich scrolle mich immer mal wieder durch Twitter, und wenn da nichts am aktuellen Zeitgeschehen trendet, dann nur irgendwelche Dumm-TV-Shows, denen ich schon lange vorher abgeschworen hatte. Ich frage mich dabei, ob bei denen nur noch Tatort, Tagesschau und Twitter als Lebensinhalt auf dem Plan steht, während wir hier fast schon für jedes Wochenende vorausschauen, wohin wir flüchten könnten. Nicht, dass ich alle zum Reisen bekehren will – von mir aus sollen sie sich zuhause berieseln lassen. Dann haben wir mehr Ruhe vor ihnen.
Wir hatten eigentlich vorgehabt, dieses Wochenende wieder hinter die Grenze zu verschwinden. Frankreich ist ja lediglich siebzig bis achtzig Kilometer von uns weg, da kann man schon mal einen Tagesausflug ins Elsass oder die Nordvogesen unternehmen und sich schnuckelige Orte ansehen. Leider war das Wetter April-typisch: pünktlich zum Monatsanfang fusselte es zwei Tage lang weiß bei uns, und neben der Kälte hast du auch die Fahrleistung so etlicher Angsthasen im Hinterkopf. So etwas würde nur in Stress ausarten, außerdem bin ich wegen meiner Schilddrüsengeschichte zur Frostbeule geworden.
Wenn die jetzt mit Maßnahmen und Sanktionen so weiter machen, müssten wir das auch noch einschränken, und das sehen wir nicht mehr ein. Da höre ich schon die ersten Klugscheißereien: Deutschland ist doch auch schön! Ja, mag sein, aber wenn man schon geografisch eingeschränkt wird – also man nicht mehr so gerne hinsieht, weil Fabrikdächer das Naturpanorama eintrüben -, das Geld immer knapper wird und die Leute immer griesgrämiger, muss man aufpassen, dass man sich von dieser Stimmung nicht völlig vereinnahmen lässt. Irgendwann ist der Punkt erreicht, da reicht es mal mit diesem Verantwortungsquatsch, der nichts bringt außer Selbstkasteiung und auch nur den Ast bedenklich knacken lässt, auf dem man selbst sitzt.
Jetzt haben wir diesen unsäglichen Maßnahmenwinter hinter uns, die allgemeine Impfpflicht ist wohl vom Tisch und Corona scheint tatsächlich seinen letzten Schrecken auszuhauchen. Das hält zwar das Karlchen nicht auf, noch weiter auf dem Klavier herumzupampen, aber abgesehen von verbliebenen Pflichten und Gesetzen ist jetzt alles auf dem Prüfstand. Auch die Ungewissheit, ob die Leute ihre Schnauzlappen endlich ablegen werden oder sie sich jetzt tatsächlich daran derart gewöhnt haben. Karlchen hofft darauf, das sieht man. Und wir wollen dort hin, wo wir ihm und seinen Jüngern unter die Nase reiben können, dass die Freiheit woanders wirklich Freiheit ist. Mal wieder ein bisschen Neid aufkommen lassen, während man sich selbst einkerkert und dann rumheult, dass man seine Freiheit nicht bekommt. Ich grunze vergnügt, wenn ich sowas lese und höre – sind die so doof...
Natürlich ist das leicht daher gesagt, denn auch im Ausland muss man sich auf alles Mögliche einstellen. Es wird ein Herantasten werden, ob nicht doch der große Knall kommt und wir unsere – sagen wir mal – großspurigen Reisepläne vielleicht ändern oder gar ganz aufgeben müssten. Seit den letzten Jahren lässt sich festhalten, dass nichts so berechenbar ist wie die Unberechenbarkeit, vorgetragen von labilen Menschen, die über uns entscheiden und dabei eine Eigenschuld mit sich herumtragen, die sie nun allen anderen aufschultern wollen. Man traut dem Braten einfach nicht mehr, egal wo.
Nachdem ich mich selbst in dieser Phase befand, weiß ich, von was ich da rede. Ich bin nur nicht so vermessen, mein Umfeld auf mein Niveau zu ziehen und dies als Maßgeblichkeit zu verlangen. Ganz vermeiden kann man das nie, aber es liegt ja auch an ihnen, sich da selbst nicht hineinziehen zu lassen. Wenn ich leide oder mich für etwas aufopfere, dann müssen das bestimmt nicht alle anderen auch tun. Klar: Unterstützung ist immer gut, aber die Leute dazu zu dreschen? Das wäre keine Leistung, ist unredlich und befriedigt meine Seele noch weniger.
Ich werde dann mal weiter schauen, wir müssen noch Unterkünfte buchen. Zumindest bin ich darin schon mal weg von hier, virtuell, quasi im Reiseprospekt vertieft, und ich bin so voller Energie, dass alleine schon die Vorfreude das erste ist, das ich für dieses Jahr schon mal voll auskosten will. Wir befinden uns auf anderer Ebene schon in der Nachbereitung der Viruskrise, haben aber schon den nächsten Braten in der Röhre, den man uns auftischen will. Nein, dieses Mal will ich mich da nicht hineinziehen lassen. Meine Kampfkraft ist jetzt auf Niedriglevel, das soll mal jemand anderes machen, der noch genügend Tinte im Füller hat.
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