Früher (war alles besser – blabla) gab es ein ungeschriebenes Gesetz – alles, was die Erwachsenen so tun, was anstößig und gefährlich für junge Seelen sein kann, seien es Horrorfilme, Pornos, Rauchen, Saufen, Rumhuren, Autofahren, Wählen, gefährliche Substanzen oder politische Einflussnahme, sollte auch vorerst von Kindern ferngehalten werden. Damit die keinen Schindluder damit treiben, oder einfach in etwas geraten, was ihnen Schlimmes zumuten würde. Im Grunde war sich jeder einig, dass wir den Kindern zuerst einmal Schule und Lernen, Spielen und Entwicklung vorbehalten würden. Nun stritten wir noch vor 40 Jahren darüber, wie viel Patriarchat in der Familie denn noch sein müsste, und zu Zeiten von Tschernobyl wollten wir unsere Verantwortung für uns und unsere Kinder wahrnehmen. Atomkraft – nein danke. Jugendschutzgesetze. Solche Dinge.
Heute scheint das alles nicht mehr zu kümmern. Scheint lästig, bäh, das kann weg. Da wird ganz unverhohlen Kindern (gerne online) das (Taschen)Geld aus den Rippen gezogen, obwohl sie vom Gesetz her unmündig sind. Man denkt schon darüber nach, das Wahlalter herabzusetzen, obwohl da nicht viel Expertise zu erwarten ist (oder gerade weil?). Und man übergeht schon die blöden, sturen Impfgegner-Eltern, um Kids an die Nadel zu bringen. Und das gar vor dem kürzlichen Einknicken der Stiko. Da bekommt man sogar Mitleid mit jedem anständigen Berliner – was sich da Müller, Geisel und Kalayci herausnehmen, kann man nur noch als das Endstadium der Verkommenheit bezeichnen. Und das muss ich gerade sagen, der von einem Windolf Baldrian-Himmler regiert wird. Nur werden bei uns keine Demonstranten niedergeknüppelt. Immerhin.
Wenn schon Senator*innen sich um Gesetze nicht mehr scheren, warum nicht wir genauso? Schicken wir doch unsere Pimpfe in die Spielbank. Hier, haste ein paar Jetons, hau se auf´n Kopp. Kids Days im Swingerclub oder nächstbesten Saunaclub– jede(r) muss mal anfangen, und nach dem Flatrate-Bumsen müssen neue Konzepte her. „Hellraiser“ darf nun auch im Kindergarten geschaut werden. Da reißen wir dann junge Seelen in Stücke. Statt Mäuse sollten nun die Kleinen für medizinische Studien mit neuen Medikamenten herhalten dürfen. Die armen Nager. Für die Gesundheit aller. Für die Genplörre wird auch jede bisherige Zurückhaltung gegenüber unserem Nachwuchs in den Wind geschossen, und ich warte nur noch auf den Zeitpunkt, ab wann das Blutopfer als Ausweg aus der selbst kreierten Pandemiesituation reaktiviert wird. Die Wahnvorstellungen werden immer grotesker, die Kreationen mit den immer selben Wortbausteinen immer unglaubwürdiger, dass es – oh, Wunder! - gar führende Talkmasterinnen auf den Plan bringt, bei unserem Oberpaniker die Brechstange anzusetzen.
Gott, was bin ich froh, nächste Woche in Urlaub fahren zu können. Dolce Vita. Zwar ist dort die Kinderimpfung schon länger im Gange, aber im Tourimodus kann man das wenigstens ausblenden. Sonne. Meer. Wandern. Schnorcheln. Kultur. Fotos. Ruhe. Man hat genug zu tun. Weg vom alltäglichen Germano-Pragmatismus, selbst wenn es aktuell aufwändiger wird als letztes Jahr. Formular und Negativtest sind jetzt Bedingung. Egal. Weg hier. Und wenn ich später bei der Heimreise positiv getestet werde, dann bleib ich halt zuhause. Auch egal, weil ich gerade gekündigt habe und ab Oktober woanders meine Zelte aufschlage. Soll meine jetzige Geldgeberklitsche die Quarantäne halt noch mittragen, würde sowieso in die letzten zwei Septemberwochen fallen. Mein Plan geht gerade wunderbar auf.
Apropos Plan: wer hat null davon? Na? Na?? Unsere Bundesraute und ihr Pfuschergefolge haben gerade schön die Hosen heruntergelassen. Nur um mein Pfund in die Runde zu werfen: mir geht es bei der Afghanistan-Pleite gar nicht mal so sehr um das, was gerade die Gazetten dominiert. Das ist selbsterklärend. Die Taliban haben sicherlich nicht durch die pure Anwesenheit der NATO von Geisterhand eine demokratische Läuterung durchlaufen. Wenn man die Fliegengitter von Türen und Fenstern entfernt, wird man eben kurz darauf gestochen. Wer hätte das gedacht?
Nein, ich feiere gerade die große Entblößung der völligen Inkompetenz der Regierung, die uns jetzt schon anderthalb Jahre einen auf konsequent, kompetent und kongruent macht. Pustekuchen. Die Taliban holen gerade ihre Schwengel aus der Hose, und jeder NATO-Fatzke darf gerade hinten blankziehen und Seife aufheben. Wird man sich jetzt schnell auf sein Corona-Management zurückziehen? Dürfen wir dann wiederum blankziehen, damit unsere Herrschenden ein bisschen getröstet wären? Wenn dem so wäre – wer dann noch alles abnickt, was die da oben treiben, hat den Knall der Atombombe nicht gehört. Oder steht total auf Penetration von hinten oder totale Devotion. Die langen Gesichter, in die man gerade in Berlin blickt, taugen jedenfalls für jeden Pferdeflachwitz. Wer da noch Mitleid hat, der frisst auch kleine Afghanen.
Wenn es nur darum ginge, was da an Dilettantismus zutage gefördert wird, dürfte man mir auch gerne über den Mund fahren. „Was erlaube??“ Aber: wer einen guten Grund zum Meckern sucht, muss sich nur aus dem deutschen Fundus in der Abteilung Merkel bedienen. Im Angebot (und das ist nur die News-Ausbeute der letzten Wochen/Monate):
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Flutkatastrophe – check.
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Marode Brücken – check.
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Pandemiemanagement – check.
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Afghanistan – check.
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Lauterbach – check.
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Sportkrepierer – check.
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Leitmedien – check.
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Sparexzesse im Gesundheitssystem – check.
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Welches Schweinderl hätte ich denn gern? Den Landrat, der lieber unbeteiligt über das Wetter plaudert als aufzuhorchen, wenn im Ahrtal Starkregen droht? Andreas Scheuer, der eigentlich alles, was er anfasst, zu einer Geldfressmaschine macht und gleichzeitig nicht mal eine Grundversorgung der Straßeninfrastruktur gewährleisten kann? Jens Spahn, der sich eine pandemische Krise zusammenspart und sogar noch nachhilft? Heiko Maas, die lebende Anzugpuppe, die schön doof aus der zu weiten Wäsche gucken kann, wenn es in Afghanistan eskaliert? Karl Lauterbach...?
Auf diesem Basar der Versager wird man ganz sicher fündig. Bei mir ist es oft ein fasziniertes Betrachten der Reichhaltigkeit des Angebots, oft ziehe ich jedoch ab, ohne etwas zu kaufen. Da ist es am besten, man nimmt eine Auszeit, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Nicht nur ab in die Sonne, sondern auch ein bisschen Urlaub von sich selbst nehmen. Ein paar sich eingeschlichene Gewohnheiten abstreifen, sich auf das Wesentliche konzentrieren, ein paar schöne Eindrücke tanken. Das kam die letzten Monate einfach zu kurz. Und ja: ich habe es mir verdient. Die letzten 12 Monate waren kein Zuckerschlecken für mich, nicht nur wegen des unsäglichen russischen Maßnahmenroulette. Vielleicht klappt es ja jetzt mit dem beruflichen Tapetenwechsel, obwohl ich mir da keine Luftschlösser baue. Ein, zwei gute Gespräche machen noch lange keinen Dauersommer.
Der ist 2021 sowieso böse ins Wasser gefallen - auch ohne Flut war der nichts für meine sonnenhungrige Seele. Da kommt wieder der Italiener in mir raus. Nein, ich bin ein waschechter Germane, aber man hält mich gerne mal für einen Südländer. Von dem Standpunkt aus betrachtet kann ich lächelnd damit kokettieren, dass ich für zweieinhalb Wochen „nach Hause“ fahre.
Bemerkung zum Schluss: Ich bin noch unschlüssig, ob ich die nächsten zwei, drei Wochen einen normalen Wochenrückblick schreiben kann oder will. Was jedenfalls folgen wird, ist ein Reisebericht. Ich halte euch da auf dem Laufenden. Arrividerci!
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Cetzer (Montag, 23 August 2021 11:39)
"Für die Genplörre wird auch jede bisherige Zurückhaltung gegenüber unserem Nachwuchs in den Wind geschossen"
Vielleicht wurde bei einer schwarzen Messe im Bundeskanzleramt der Geist bzw. Dämon von Herodes beschworen?
Eine der wenigen Hoffnungsschimmer, die mich noch halbwegs am Humpeln halten, ist eine kurze Busreise zum Gardasee oder so...
Sascha (Montag, 23 August 2021 17:31)
Für den Gardasee per Bus bist du ja mehr unterwegs als dort gewesen... Dann gibt´s wohl lieber schwarze Messen im Homeoffice. Dämonen sind auch nicht so wählerisch.