Irgend so ein dürrer Milchbubi durfte letzten seinen Senf exklusiv auf der Tagesschau-Faschobook-Seite hinzugeben. Es ging um Kosten für Tests, pro und kontra. Die milchbubige Wokewurst natürlich auf der Pro-Seite. Seine Ansprache war ein öffentlicher Aufruf zur monetären Lynchjustiz, und wenn er in dem Moment vor mir gestanden wäre, während er diesen Wichs von sich gibt, wäre ich versucht gewesen, mich nur der Wahl zu stellen, die da lautet: Schreien oder Kokosnuss?
Was diese Krise angeht, scheint für mich sowieso der Spruch „Dumm geboren, nichts dazu gelernt, saudumm gestorben“ immer mehr an Gültigkeit zu bekommen. Und da soll man noch sein Lachen behalten, wenn Adipositas-Inzidenzmonster Helge Braun seine Aussage aus dem Frühling wieder selbst kassiert, und bei Södolf ist der Kompass nun endgültig zum Perpetuum Mobile mutiert. Da soll man noch die Contenance bewahren bei so vielen Wendehalsmanövern und geistigem Nachbrenner nach zu viel Chiliverzehr.
Freitags sind mir dann schließlich doch die Sicherungen durchgebrannt – Testpflicht für Reiserückkehrer. Und unser Urlaub steht erst noch an. Erst die Ankündigung, darüber „beraten“ zu müssen, da weißt du seit geraumer Zeit schon: wird sowieso beschlossen, nur die Härte bleibt offen. Mein erster Gedanke: Wenn sie dir jetzt diese zweieinhalb Wochen relativer Freiheit auch noch zur Hölle machen wollen, läufst du mal bald gepflegt Amok. Mein zweiter: Yeaaah, du sitzt hier vor dem virtuellen Stammtisch, alleine, und jammerst in dein virtuelles Glas. Geschrien habe ich danach aber wirklich. Und das soll was heißen bei mir. Das Facepalmen wird langsam langweilig...
Aber es gibt immer mal wieder diese Momente, bei denen man sich ein wenig auf die alte Freiheit verlassen kann. Da pfeift man bei dem (relativ) guten Wetter auf die, die sogar bei vollem Brutzel von oben mit dem Kaffeefilter über der Fresse herumlaufen. Am Mittwoch habe ich das besonders genossen, zur Mittagspause unweit der Kundenlocation, und bestellte mir im erstbesten Laden einen Döner. Natürlich bin ich zuerst einmal mit Filztuch im Anschlag eingetreten, doch die Gäste und die Jungs hinter der Theke ausnahmslos ohne. Kurzfristig, getriggert von der Beobachtung, entschied ich mich, dort zu essen. Wetter super, Außenplätze in der Fußgängerzone – ein bisschen Pausenglück und Freiheit leben wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Kaum war ich fertig mit der leckeren Kalbfleischschnitte, trapste der Aushilfshausmeister vorbei, der mir alle Räumlichkeiten am Arbeitsort aufgesperrt hatte. Seinen Kaffeefilter hatte er seit meiner Ankunft morgens kein einziges Mal abgenommen und bestellte sich nun ebenso einen Döner. Draußen, durch das offene Fenster. Und in dem Moment fiel mir auf, dass ich sein Gesicht kein einziges Mal in voller Blüte gesehen hatte. Aber oder gerade deswegen wollte bei mir keine persönliche Bindung zu ihm aufkommen. Er ist zwar hilfsbereit und bietet sich an, helfen zu wollen, wenn ich sie für meine Arbeit bräuchte. Da er aber auch bei meinem Versuch, ein bisschen unbedarft zu reden, mehrmals die Panikfloskel aussprach („Die Zahlen steigen!“, „Die Zahlen steigen!“), war´s das auch schon wieder mit der Lust am Gespräch. „Du, isch mach dann mol weider, sonst werd´ ich net ferdisch.“
Hätte er noch einmal den Satz ausgesprochen, hätte ich ihm den Terence Hill gemacht. Maske bis zum Anschlag von der Visage gezogen, Kokosnuss rein, loslassen. Platsch. In solchen Momenten wird einem klar, dass man sich selbst einen „safe space“ einrichten müsste. Ist normalerweise nicht so mein Ding, ich setze mich „gerne“ dem Mist in der Welt aus. Selbst wenn es Fettnäpfchen und Häme bedeutet. Egal, Hauptsache probiert. Klar, im Nachhinein jammere ich dann immer wieder mal in meiner virtuellen Stammtischrunde in mich hinein. Aber das ist und muss alleine meine Sache sein. Komm ich mit klar, in der Regel, früher oder später. Es gibt viele Situationen, da halte ich mich zurück und zügle meine Emotionen. Die Frage ist nur: wie lange kannst du das für dich selbst verantworten, ohne zu implodieren? Andererseits – ein bisschen rumblöken tut auch mal gut, wenn es nicht zum Dauerzustand wird. Trotzdem wäre es wohl für die geistige Gesundheit am besten, man läuft mit Scheuklappen durch die Welt und sucht sich nur noch Gleichgesinnte.
Oft sind es dann die komprimierten Erniedrigungen meines eigenen Status Quo in der Gesellschaft, die mich an den Rand des Wahnsinns treiben. Meine psychische Exit-Strategie lautet dann, dass ich nicht derjenige bin, der wegen des Virus hier das HB-Männchen macht. Physisch hätte mir der Mikroorganismus wohl ordentlich zusetzen können (nein, ich leugne das ganz und gar nicht), die physischen Voraussetzungen habe ich dazu. Aber das hatte ich schon vorher durch, 2018, 2019, Lungenentzündung oder Bronchitis quartalsweise. Nach mehrmaligem Flachliegen ließ ich mich dann auch gegen alles Gängige impfen (siehste, Milchbubi, ich bin auch kein pauschaler Impfgegner), was damit zusammenhängt – Grippe, Pneumokokken, dazu FSME, ironischerweise alles im Frühling 2020 gespritzt. Seitdem ist Ruhe in der Brust. Funktioniert und hat sich lange Jahre bewährt. Und Corona? Dazu habe ich mir vor ein paar Monaten einen Antikörpernachweis gegönnt, niedriger Wert, also kaum oder gar keinen Kontakt. Dazu die Pflichttests in Pflegeeinrichtungen, jedes Mal negativ. Den Gen-Scheiß können sie sich aber selbst verabreichen, wenn sie unbedingt den Nagetieren im Labor Gesellschaft leisten wollen. Die klassische Protein- oder Totviren-Brühe – darüber könnte man tatsächlich mit mir reden. Herr Stöcker, übernehmen Sie.
Ich bin also völlig blank, was dies betrifft. Keine Virenlast in mir, aber auch kein Impfstoff verfügbar, dem ich vertraue, weil es hier keinen zugelassenen gibt. Es hat in gewisser Weise meine letzten Bedenken und auch Hoffnungen ausgeräumt, was scheren mich steigende Zahlen, wenn sowieso immer mehr Impfdurchbrüche gemeldet werden. Und selbst, wenn die Bedrohung da wäre – man weiß nie, was kommt. Vielleicht nichts, vielleicht die volle Breitseite. Und all die Paniker laufen mit dem Flammenwerfer im Anschlag herum und sehen hinter jeder Ecke eine Virenplage versteckt. Da sie aber die Schäden nicht zahlen wollen, lassen sie den Pyromanen lieber anders raus. Und da kommt Milchbubi wieder auf den Plan. Zupfelt mir ständig am Hemdsärmel, später packt er mich am Kragen, mit irre aufgerissenen Augen und seiner Verrückter-Professor-Zottelmähne schüttelt er mich und meinesgleichen durch: „Lass! Dich! Impfen! Zahl! Deine! Tests! Selbst!“.
Hat jemand eine Kokosnuss übrig?
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Cetzer (Sonntag, 01 August 2021 00:35)
"HB-Männchen"
Ich hatte überlegt mit Hungerstreik zu drohen, aber das wäre vermutlich wenig wirksam. Vielleicht besser Smoke-Again-Protest: Langjährige NichtRaucher fangen aus Protest gegen die Gesundheitsdiktatur wieder zu rauchen an, lebenslange NichtRaucher gönnen sich die erste Roth-Händle und drücken die Kippe vor der PCR-Baracke aus. Dann kann es nicht mehr lange dauern bis das arme HB-Männchen, eingesperrt in Dr. Lauterbachs privatem HochsicherheitsSanatorium, die Zwangsjacke zerreißt und wie einst Superman zum nächsten Zigarettenautomaten fliegt.
In diesem Sinne zünde ich mir jetzt eine virtuelle Pall Mall an: In hoc signo vinces!
Knut (Sonntag, 01 August 2021 11:50)
Wenn im Döner gentechnisch veränderte Organismen stecken, stört dich das dann auch? So lecker rote Tomate oder so...
Sascha (Montag, 02 August 2021 07:17)
@Cetzer
Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Ein Lungenbrötchen für die Volksgesundheit. Hilft immer zur Ruhigstellung.
Sascha (Montag, 02 August 2021 07:20)
@Knut
Erstens mag ich keine Tomaten im Döner, und zweitens jubelt man uns Gengemüse schon seit geraumer Zeit unter, ohne Kennzeichnungspflicht. Wie willst du das rausfiltern, ohne es mühsam nachzurecherchieren?