Als alternder, moderater Arbeiter-Linker hat man es nicht leicht die Tage. Ich dachte, ich bin links, bin aber wohl doch rechts. Vielleicht habe ich die Straßenkarte falsch herum gehalten. Gott, wie blöd ich doch bin! Vielleicht sollte ich doch auf die Besserwisser hören, die wissen anscheinend wirklich besser, wo Norden, links und rechts ist. Danke, meine lieben Kompass-Buddys.
Jedoch wird die Situation immer irrer. Ich zweifle, was man mir hier auftischen will, zweifle aber auch an meiner eigenen Wahrnehmung. Zu dumm, wenn man sich weder eindeutig für das eine noch das andere entschieden hat. LGBTQ ist okay, aber was soll das „Alte-weiße-Männer“-Bashing? Klimaschutz – ja, klar, aber bitte nicht die Wirtschaft vergessen. Black lives matter (But white lives, too!)! Neues Normal? Wie wär´s mit normal-normal? Klingt fast wie Stoff aus einer billigen Daily Soap im TV, wo man fast schachbrettartig Figuren gegeneinander aufstellt und die Inhalte oder Metaebene überhaupt keine Rolle spielen. Hauptsache grün, da reichen Identitäten und Ideale anstatt Taten.
Gerade lästerte ich noch über Luisa Neubauer, weil sie Maaßen zum astreinen Antisemiten stempelte. Kritik! Empörung! Zur Abwechslung mal von rechts, weil das Pandemiejahr eher links-empört dominiert gewesen war. Was da an Empörungen in den letzten Monaten abgeschossen wurden, kann man gar nicht mehr an zehn Fingern abzählen. Impfpflicht ja oder nein, der Verfassungsschutz kommt mal wieder aus seiner stillen Ecke gekrochen, Infektionsschutzgesetz DDR-Style, #allesdichtmachen... ach, es wird einfach nicht langweilig die Tage. Vor allem, wenn man auf diese Daily Soaps steht.
Jetzt wird aber die Liebe zum Migrationshintergrund zum Bumerang. Auch wieder mit Frau Neubauer in der Hauptrolle. Co-Star ist nach einer kreativen Pause Greta Thunberg, die sich ebenfalls auf die Seite Bomben schmeißender Hamas-Verbrecher stellte. Da gingen auch schon die geliebten Migranten auf die Straße und skandierten. Und der aufrechte Nachkriegsdeutsche bekommt Schnappatmung... „Scheiß Juden!“, riefen sie. Oh-oh. Jetzt wird’s echt kompliziert, und Fridays For Future scheint es auch noch gut zu finden!? Ich hör ihn schon, den Applaus von der IS oder vom Adolf höchstpersönlich, der aus dem Grabe heraufruft: „Vöölen Dank, Luöösa, do böst eine aufrrröchte deutsche Maid!“
Ich höre es aber nur in meinem inneren Ohr, kleiner, emotional ergriffener Gedanke. Ich bin nur nicht so der „Auge um Auge...“-Fan und würde es in die öffentlichen Kommentarspalten zwitschern. Ich mag meine Rolle und meine Figur in diesem Schmierentheater. Nicht so eindimensional.
Stattdessen lache ich. Ja, tatsächlich find´ ich es witzig. Wisst Ihr, da bekommt man als Kritiker von Corona-Maßnahmen ständig einen hinter die Löffel. Nicht nur „Aluhut“ oder „Querdenker“ und irgendwas mit Applaus von rechts, nein, man war fast schon ein Nazi. Und gerade fein da hingeempörtiert von jener Klientel, den Grünen, FFF-Aktivisten, Moralisten. Ich kann mich also etwas zurücklehnen und es genießen, egal wem ich recht gebe und wem nicht. Und wieder stehe ich niemanden wirklich nahe oder wirklich fern – weil: Bomben schmeißen ist doof, egal, wer die schmeißt.
Antisemitismus geht gar nicht, aber Palästina drangsalieren auch nicht. Wozu ich nur eindeutig stehe: die Grünen, Klimaschützer, die sollten mal ihre Allgemeinbildung auffrischen. Und ihren moralischen Kompass einnorden. Auf Karten gibt es nämlich nur ein Norden, und da kann man die Karten noch so drehen wie man will – die geografische Lage ändert sich nicht, wenn man Lust darauf hat, es umgekehrt zu betrachten. Diesen infantilen Rebellismus zu leben mag für das eigene Ideal voll krass gut sein, aber wir Realo-Kompassbuddys bleiben lieber da stehen, wo Hamburg als Hamburg lesbar ist und nicht als „grubmaH“ (bitte jetzt Kopfstand machen und noch mal lesen).
Ich deute das jetzt einfach mal als Mini-U-Turn in der politischen Debatte. Den Storytwist in einem Politikthrillerdrama, obwohl ich diese Handlungskapriolen nur bis zu einem bestimmten Punkt erträglich finde. Vielleicht sind diese Serien-Überraschungseier doch nicht so abwegig, wie ich immer dachte, weil wenn ich mir diese Entwicklungen im letzten Jahr so anschaue, wäre das eine coole Idee für einen Mehrteiler.
Die Grünen – die Serie
In den Hauptrollen: Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur, Luisa Neubauer und als very special guest star Greta Thunberg. Regie: Dietrich Brüggemann. Drehorte: Berlin, Jerusalem, Westjordanland, und überall, wo die Realsatire gerade so spielt. Wer weiß – vielleicht taucht irgendwann Attila Hildmann wieder aus der Versenkung auf, mit Megafon auf der Seite des Gaza-Streifens bewaffnet und schwurbelt etwas von zionistischem Terror. Der ward ja kürzlich in der Türkei gesichtet, gar nicht weit weg vom Geschehen, und dem kann man alles zutrauen. Von militanten Veganern kommt einfach nichts Gutes. Auch da ließe sich wieder prima Stichworte sortieren: Veganer-grün-Palästinaliebhaber-Hildmann-Israelhasser-Adolf. Zack! Siehste, ich hab´s gewusst: Hildmann ist im Auftrag der Grünen im Westjordanland!
Halt! Stop! Kopfkino aus.
Zum Glück bin ich Realist. Aber wer weiß, was das Drehbuch da draußen für uns noch alles vorgesehen hat. Ihr wisst ja, was die Grünen gerade als Untertitel geschrieben haben: „Alles ist drin.“. Das kann ja noch was werden...
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