Um nicht noch eine Lagerschlacht zu provozieren, wie sie aktuell zuhauf in den Medien und sozialen Internetkanälen gefochten wird, möchte ich versuchen, die ganze Angelegenheit allgemein zu halten. Es liegt mir fern, mich in Details zu verlieren, die in Foren und sozialen Medien endlos durchgekaut werden, bis unterm Strich kein Ergebnis zu erwarten ist. Also ist diese Art von Themenbehandlung meiner Meinung nach sinnlos.
Es geht mir im Groben darum, aufzuzeigen, wie sich im Krieg der Worte und der Deutungshoheit Fronten verhärten – wie etwa die Leitmedien einen Großangriff auf die „Alternativen“ starteten und gleichzeitig der Gegenseite die Anhängerschaft vergrößern (Jebsens Abozahlen auf Youtube stiegen seitdem um mindestens ein Viertel an). Der Opferkult muss keine Agenda haben, sondern nur einen Aggressor sowie einen Auslöser, der sich aktuell Corona nennt. Im Moment ist der selbsternannte „freie Journalist“ und „Aktivist“ Ken Jebsen Ziel einer Offensive, mit der kritische Stimmen und „Verschwörungstheoretiker“ breitflächig umgemäht werden sollen.
All die Jahre war es ruhig um Portale wie dem Jebsens gewesen, doch kaum wurde Corona zu einer globalen Bedrohung, wurde massiv gegen die Aktivisten, Querfrontler und Meinungstrotzköpfe vorgegangen. Jebsen, so scheint es, ist nur der populärste Sündenbock in einer Liste von Querdenkern und Deep State-Fanatikern – der Eindruck lässt sich nicht unterdrücken, dass die „Mainstreammedien“ mit ihrem Richtungsspektrum eine freie Schneise in die Medienlandschaft ziehen wollten. Die Krise gerät dadurch zum Nebenschauplatz in einem gigantischen Spektakel um die Macht der Meinung.
Jebsen indes zieht seine eigenen Schlüsse daraus – zwangsläufig, könnte man meinen. Er bildet sich selbst als Stimme der Nein-Sager ab, der Skeptiker und Grundgesetzfreunde und verliert zuweilen den Bezug zur Realität, wenn er etwa über den „tiefen Staat“ mutmaßt und bei Bill Gates rote, leuchtende Augen erkannt haben will. Seine sonstigen Formate kann man prinzipiell in Konzept und Länge als bildungsstiftend betrachten – seine Art, Interviewpartner mit seinem Meinungsbild in atemberaubender Redegeschwindigkeit hinein zu manövrieren, wird jedoch dem Pressekodex genau so wenig gerecht wie auch die unterschwellig wertende Berichtsrhetorik der Tagesschau. Vom Heute-Journal brauchen wir gar nicht reden, da sorgt der Super“kleber“ für die nötige NATO-Haftung, und der Claus gibt sich alle Mühe, der Atlantikbrücke ein gutes Sprachrohr zu sein.
Es stehen sich eigentlich nur zwei Fronten gegenüber, die ihre Schwerter schwingen, sobald eine Seite die Propagandawaffe eingesetzt hat. In einem Gebiet von politischer Tragweite sind die Konsequenzen verheerend, der Ton wird schärfer. Das eigentliche Problem um die „Verschwörungstheorien“ kann man in vermittelnder Rolle kaum noch in eine Wertschöpfungskette umlenken. Und niemand kann aus der neutralen Ecke heraus betrachtet für sich reklamieren, der Besonnene, Wissende zu sein, selbst wenn der „Mainstream“ mit Faktenchecks versucht, die Vorstöße der „Alternativen“ auf Fehler abzugrasen. Es gleicht zudem einem Beißreflex im Mäntelchen der Seriosität und gleichzeitig einer Platzhirschmentalität, die mit der Sache nichts mehr zu tun hat.
Vergleicht das doch mal mit einer Situation im Alltag, wenn ihr bei einer Debatte ins Hintertreffen geraten seid. Ihr steht in einer Gruppe von sechs Leuten und diskutiert über Politik. Auf das Nötigste heruntergebrochen, sind fünf in der Runde linksliberal und ihr wäret – mal angenommen – eher rechts (oder umgekehrt, wenn es euch damit besser geht). Habt ihr erstens überhaupt Lust, den Mut oder auch die Argumente parat, gegen diese fünf anzureden? Wie würde sich die Debatte entwickeln, wenn wirklich eine in Gang käme? Ihr könntet erahnen, was jetzt folgt: die Fünf würde euch eine Kanonade an Argumenten ihres Meinungsspektrums entgegenschleudern. Fünf zu eins, das bedeutet auch immer fünf mal so viele Argumente pro Wortmeldung jedes Einzelnen. Ihr wärt zahlenmäßig immer unterlegen, was nicht wenige nun als allgemeingültige „Wahrheit“ definieren würden.
Ihr, also der Einzelne, werdet nun in dieser Konstellation vor ein Dilemma gestellt. Wollt ihr nun das Gespräch weiterführen? Und hier kommt die Kunst der Diskussionsrhetorik zum Tragen. Wie haben eure Gesprächsgegner auf euch eingewirkt? Zugewandt, wohlwollend und offen für eure Argumente? Oder doch eher offensiv, rechthaberisch und ohne den Willen, selbstkritisch eigene Meinungsdetails zu überdenken?
Es ist nur ein Beispiel dafür, warum ein Konflikt nicht mehr in der Sache selbst geführt wird, sondern nur mit dem Ziel, am Ende als Sieger dazustehen. Die Wahl der Waffen fällt auf den Mund und das, was das Hirn ihn formen und sprechen lässt. Durch den subjektiven Charakter, geleitet von Emotionen, entsteht eine Gesamtsituation, die man bei aller Mühe nach Sachlichkeit nur noch schlecht kontrollieren kann.
Zahlenmäßig deutlich höher durch den „Mainstream“ vertreten, verließ eben dieser sich auf seine Hoheit in seinem Berufsstand, auf das Wertefundament des Journalismus, die Karrierepläne, das Kalkül der weitreichenden Vernetzung bis in die höchsten Ämter der Politik. Die „Alternativen“ hingegen vereinen die Geschassten und Unangepassten aus dieser Zunft, getrieben von einem Idealismus, der den Leitmedien fehlt oder den er gar nicht mehr durchleben will. Das Netz leistet bei dieser Form des Wachkomas jedoch Reanimationshilfe, und so können sie, losgelöst vom Gruppenzwang von Sendeanstalten und Verlagen, ihren Ideen freien Lauf lassen.
Grundsätzlich unterstütze ich diese Freiheiten sehr. Allerdings drehen die Räder sich bald so schnell, bis das ABS nicht mehr greift, ab wann man manche „Alternativen“ in ihren gedanklichen Auswüchsen irgendwann nicht mehr ernst nehmen kann. Ein paar alte, entlarvende Dokumente oder ein innersystemischer Disput reichen eben nicht aus, die Existenz von angeblichen autoritären Strukturen oder Geheimorganisationen freizulegen. Was bleibt, ist ein Scharmützel. Jede Seite mit ihrer eigenen Version davon, und Ziel des Spiels ist, die Mehrheit auf seine Seite zu ziehen. Tagesschau vs. Jebsen – dieselben Figuren in einem Schachspiel, gegeneinander ausgespielt.
Und jetzt kommt der Punkt, an dem ich diese Krise nur noch mit Galgenhumor betrachten kann: Ich wittere schon die gigantische, ultimative deutsch-exklusive Superverschwörung! Jebsen ist nämlich immer noch beim RBB als Moderator tätig. Jetzt mal ehrlich – so viel Aufmerksamkeit, wie der Mann zu brauchen scheint, will kein normaler Mensch. Jetzt passt das natürlich nicht zum Duktus von Tagesschau, heute und Co., da muss man die Bude sauber halten. Aber das Internet.... Ooooh, da kann man sich austoben! Das schadet dann dem Sender nicht, und mit einem eigenen Format kann man doch einfach sagen, was man will. Beweise habe ich keine, aber wenn ich in Google Jebsen und Tagesschau eingebe, findet die Suchmaschine sogar Artikel dazu! Kein Zweifel – die arbeiten zusammen...
Also ist wieder eine geheime Verbindung offengelegt worden. Zurück zum Ernst: wenn ihr es genau wissen wollt, lasst ein wenig Gras über die Sache wachsen. Irgendwann wird wieder eine Satiresendung Dinge ansprechen, bei denen wir mit offenen Kinnladen in die Mattscheibe starren werden. Danach wird dann ein korrumpierter Chefredakteur oder mit Namen genannter behaupten, das wäre eine Verschwörung...
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